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Folkeboot-Treffen, 25. Mai 2019 in Arnis
Folkeboote - sind das nicht diese segelnden Superheldinnen, die ihre
erstaunlichen Superkräfte fernab der Welt des Comics, sondern
im wirklichen Leben aufs Wasser bringen? Zumindest nutze ich sonst jede
Gelegenheit, es so darzustellen. Doch diesmal soll vorwiegend von
Menschen die Rede sein: Von Folkebootseglern, und von dem, was sie
verbindet und was sie gemeinsam auf die Beine stellen. Zum Beispiel das
FOLKEBOOT-TREFFEN 2019.
* Die Fotos sind von Björn und Robert (Folkeboot
Lotte) - vielen Dank dafür!! *
Holzbooteignern sagt man ja nach, mit ihren Schiffen Eines gemeinsam zu
haben: Sie sind nicht ganz dicht. Würde ich voll
unterschreiben und ergänzen: "Genau, deshalb habe ich ja
gleich fünf davon!" Um als Folkebootsegler glücklich
zu werden, muss man wohl in mancher Hinsicht konsequent dem Zeitgeist
widersprechen, jeder auf seine individuelle Weise, ohne dass uns das zu
verschrobenen, altmodischen Einzelgängern macht. In diesem
verrückten Haufen fiel die Idee, die Mike und ich bei einem
Bierchen vor Anker in den Sinn kam, auf fruchtbaren Boden: Die Idee
eines lockeren Treffens von Leuten, die nichts weiter verbindet, als
ein F im Großsegel. Eines Treffens, bei dem alle willkommen
sind, ohne Mitgliedschaft oder verbindliche Anmeldung.
Viermal haben wir Grillfest, Live-Musik und Spaßregatta
organisiert. Haben uns gefreut über wachsende Teilnehmerzahl
und glückliche Gesichter. Auch darüber, dass unsere
Veranstaltung einen festen Platz in mancher Saisonplanung einnahm.
Echte Freundschaften und viel Erfahrungsaustausch haben sich daraus
ergeben.
Wir merkten aber auch: Auf die Dauer war es mühsam, Auf- und
Abbau in die Abläufe des Chartergeschäfts zu
integrieren. Jedes Jahr blieb ein guter Teil der Kosten an uns
hängen, weil wir uns bewusst gegen Sponsoren und Eintrittsgeld
entschieden hatten und tunlichst reichlich Essen und Getränke
bereithielten und somit auch bezahlten. Nachdem es ausgesprochen war,
ließ es nicht mehr leugnen: Eine gewisse Müdigkeit
hatte eingesetzt.
Es folgte eine Mail an die regelmäßigen Teilnehmer,
in der wir unseren Wunsch kundtaten, die Verantwortung fürs
Folkeboot-Treffen auf mehr Schultern zu verteilen. Eine hinter unserem
Rücken begonnene Vernetzung per WhatsApp. Ein
urgemütliches Wintertreffen in Kiel. Und dort eine
Gesprächsrunde, in der deutlich wurde: Alle Anwesenden wollen,
dass das Treffen weiter regelmäßig stattfindet. Und
alle sind bereit, sich nach ihren Kräften und
Kapazitäten einzubringen. Der nächste Termin stand ja
schon fest: 25. Mai 2019.
Das Ergebnis ist beeindruckend: Auf dem Wintertreffen zahlten alle
für ihren Kaffee eine Runde Summe zwischen 10 und 100 Euro,
wir erhielten einen Zuschuss der Klassenvereinigung, jemand kassierte
vor Ort noch 10 Euro von jeder anwesenden Crew - und schon blieb ein
kleiner Überschuss als Grundstock fürs kommende Jahr.
In Arnis liefen Freitagmittag die ersten Boote ein, eine gesunde Anzahl
helfender Hände versammelte sich auf dem Spielplatz, um
Grillplatz und Sandkasten in eine Festlocation mit Bühne zu
verwandeln. Ein wundervolles Shanty-/Irish Folk-Duo war gebucht. Mir
blieb nichts weiter zu tun, als das nötige Baumaterial
anzukarren, die Helfer einzuweisen und das bestellte Bier abzuholen.
Mike und Katja reisten als neugierige Teilnehmer an, nachdem sie ihre
Chartercrews vorausgeschickt hatten. Statt einer illegalen
Spaßregatta hatten wir eine offiziell angemeldete
Geschwaderfahrt, die Gebühr übernahm der Segelverein
Arnis. Ohne allzu viel Mühe für einen Einzelnen waren
wir am Freitagabend bereit, das eigentliche Fest schonmal probeweise
vorzufeiern. Und ich sonnte mich im guten Gefühl, ein
Teilnehmer unter hoffentlich vielen zu sein.
Nachdem
diese Hürde überaus erfolgreich genommen war,
gab es eine erneute Schwierigkeit. Der Wind am Freitag,
Samstagvormittag und Sonntag war recht ruppig angekündigt.
Für die Kieler bedeutete er gegenan bei der Anreise,
für die Flensburger Fördler auf der
Rücktour. Zum Briefing für die Geschwaderfahrt
versammelten sich zahlreiche Crews, von denen manche per Auto angereist
waren, doch wir hatten relativ wenig Boote. Ganz von selbst ergab sich
eine spontane Crewbörse, mit dem Ergebnis, dass alle, die
segeln wollten, irgendwo unterkamen. Meistens saßen sie zu
viert an Bord und freuten sich über die neuen Impulse: Wir
haben den Traveller so und die Fallen da und belegen die Schoten hier
und so weiter...
An dieser Stelle gab es mein persönliches
Glücksmoment: Drei Viertel der Crew von Folkeboot Lovis kam
ebenfalls mit dem Auto, und es war gar keine Frage, wie sie sich
aufteilten: Vater Thorsten segelte auf Fair Play, Henri auf Pommery,
die inzwischen dreizehnjährige Paula deponierte recht
zielstrebig ihr Ölzeug auf ihrer Namensschwester. Letztes Jahr
in Svendborg hatte Paula schon -bei tierischem Gepuste - als
unerschütterlich mutige, abgeklärte Vorschoterin,
Taktikerin und gute Seele mein Herz zum Schmelzen gebracht. Jetzt war
sie deutlich redseliger, wir fuhren keine Wende ohne Absprache, und ich
bekam schnell den Eindruck: Würden wir
regelmäßig zusammen Regatta segeln, wären
wir nach kurzer Zeit ein perfektes Team.
Das Ablegen verlief genauso, wie Paula prognostizierte: Alle hockten
auf ihren Booten, die Zeit wurde knapp. Wir legten ab, und sofort
folgte uns der Rest des Geschwaders. Den Start mussten wir
improvisieren: Wir kamen erheblich zu früh an der Startlinie
an. Segelten einen engen Kringel um Startschiff Lord Jim.
Fädelten uns in eine günstige Lücke ein
(auch wenn sich von Luksus leiser Protest regte: Da war
reeeeeeiiiichlich Platz!). Und sausten punktgenau los. Die Startkreuz
war die beste, die Paula, Paula und ich je hinbekommen hatten. Danach
widmeten wir uns dem Klönschnack und verloren einige
Plätze, zudem wendeten wir nicht immer allzu geschickt,
sondern fanden uns gelegentlich in irgendjemandes Windschatten wieder
und kamen nicht so vom Fleck, wie wir gekonnt und gewollt
hätten. Aber das machte gar nichts, hatte man uns doch mit auf
den Weg gegeben, wir sollten Spaß haben und ein
schönes Bild abgeben.
Raumschots ging Paula Ruder, ich hakte den Ausbaumer in die Fock und
bereute es gleich, weil der Wind ständig drehte und
gelegentlich vorlicher als querab einfiel - wir waren nun mal auf der
Schlei. Dafür behielten wir den Rest der Familie im Blick, mit
gelegentlichem Winken. Am Ende ersegelten wir uns einen achten oder
neunten Platz, den wir, zu faul, die Fock nochmal auszubaumen, gerade
so eben vor den aufkommenden Mumi und Luksus ins Ziel brachten.
Zurück im Hafen hätte ich Paula knuddeln
mögen, wir beschränkten uns aber auf gemeinsames
Segelpacken und anschließendes Kuchenessen auf Pommery. Die
Reporterin des Schlei-Boten kam an Bord, dankbar für die
Möglichkeit, eine wackere Familiencrew zu interviewen, anstatt
in etwa den gleichen Text schreiben zu müssen wie letztes und
vorletztes Jahr.
Die Musik empfanden die übrigen Hafenlieger wie
üblich als zu kurz und zu leise, war aber ansonsten ideal
für ein halb zuhörendes, halb ins Gespräch
vertieftes Publikum. Dass jeder sich sein Essen mitbrachte und das
Mitgebrachte auf dem Buffettisch durchgetauscht wurde, sorgte
für Vielfalt, satte Mägen und wenig Verderb. Gegen
Mitternacht verließ ich die letzten Fünf gen Koje,
der Platz war leidlich sauber, und nach einem gemeinsamen
Frühstück im Clubraum der WSG Arnis räumten
wir zusammen kurz auf, dann war das Folkeboot-Treffen 2019
Vergangenheit und die Vorfreude auf 2020 geweckt.
Zuletzt will ich doch wieder die Zauberkräfte der Boote
herausstellen. Einer bekam davon zunächst wenig mit,
Björn von der Jane, der sein halbes Jahr Winterarbeit so
getimt hatte, dass sein Boot punktgenau fürs Folkeboot-Treffen
segelklar wurde. Der aber um einen halben Tag die Deadline verpasste:
Der Mast stand nicht rechtzeitig, für ihn fiel die
Geschwaderfahrt aus, und er beschloss, seinen ohnehin unverkennbaren
Frust darüber ausgiebig zu zelebrieren (und schnell noch ein
paar Beschläge anzuschrauben). Es war ihm aber wichtig, dass
sein Helfer und Mitsegler Roland aufs Wasser kam.
Hier kam meine gute Salty ins Spiel. Sie war erst Sonntagmorgen wieder
gebucht und freute sich auf einen Ausflug. Björn hatte mir im
Herbst Janes altes Großsegel geschenkt, und aus aktuellem
Anlass (offene Lattentasche) hatte ich es, so wie es war, gerade Salty
angeschlagen. Wenn schon Salty mit Janes Segelnummer an den Start ging,
war es ja nur gerecht, dass sie auch Janes Crewmitglied an Bord hatte.
Dazu kamen zwei von der üblichen Pommery-Besatzung. Und dazu
Vincent von der Saga, die nach ihrem Kielverlust auf dem Wege der
Besserung, aber weiterhin eine Baustelle ist. Eine Kenterung ist
fraglos ein traumatisierendes Erlebnis und erste Gehversuche wie dieser
wichtig für den Leidtragenden - und da war er auf Salty gut
aufgehoben: Sie hatte sich auf einen Ausflug eingestellt, nicht auf
straightes Regattasegeln, und war mit einem Schräglage
reduzierenden Schrick auf den Schoten und ihrem vorletzten Platz
vollauf zufrieden.
Es gab dann aber auch noch einen Preis zu gewinnen: Michael (Havfruen)
konnte wegen einer Familienfeier nicht teilnehmen, hatte aber ein Foto
gestiftet, dass nicht etwa dem Regattasieger Frida überreicht,
sondern zwischen allen Teilnehmern verlost wurde. Paula spielte die
Glücksfee. Augenzwinkernd versprach sie mir, das richtige Los
zu ziehen. Und das tat sie dann auch: Thomas las vor: "Gewonnen hat die
Nummer 113."
Björn kam nach getaner Arbeit gerade auf dem Festzelt an und
hörte seine Segelnummer - aber er war ja überhaupt
nicht mitgesegelt!?! Die Tagescrew hatte sich um alles
Mögliche gekümmert, aber bestimmt nicht um die
Segelnummer. Ich musste nachdenken und rechnen: Hundertdreizehn - das
ist ja Jane, aber nein nein, das ist ja... Das ist doch... "Hey, das
ist ja Salty!!!"
Ich winkte die zusammengewürfelte Crew heran - keine Ahnung,
wie die ihren Gewinn gerecht aufteilen werden. Dachte wohlwollend an
Jane, die auch ohne Mast Präsenz zeigte. Einen Daumen nach
oben zeigte ich Paula, die ohne jeden Zweifel ganz genau das richtige
Los gezogen hatte. Der andere Daumen nach oben galt meinem weit hinten
im Hafen liegenden Boot - Salty hat ihre Sondermission ganz wunderbar
erfüllt.
Bei all dem gebührenden Dank an alle und alle und alle, ihren
Beitrag und ihre Teilnahme und ihre gute Laune - stellvertretend eines
der Boote hervorzuheben, scheint mir mehr als angemessen: Denn ohne sie
wäre ein lockeres Netzwerk, das gleichzeitig eine verschworene
Gemeinschaft bildet, niemals zustande gekommen.
Fazit dieses Jahr: Wer gefehlt hat, hat Wesentliches versäumt!
Seit getrost, liebe Crews von Lene, Sjov, Havfruen, Heidi, Pauline
etc.: Wir haben euch vermisst, uns von eurer Abwesenheit aber nicht
irritieren lassen.
Termin für nächstes Jahr: Wird noch bekanntgegeben.