Hin und Her in der Dänischen
Südsee
Ein fünftägiger Kurztörn in die
südfynsche Inselwelt - schön, aber
unspektakulär. Und trotzdem bemerkenswert, gab es doch eine
Menge Besonderheiten: Zum Beispiel war es der erste Törn der
Saison, der keine Dienstreise war. In einem kühlen, feuchten,
pustigen, insgesamt durchwachsenen Sommer hatten wir uns eine Woche mit
besten Segelbedingungen ausgesucht. Statt einer Törnplanung zu
folgen, fuhren wir einfach erstmal los - und natürlich gab es
dann die eine oder andere Überraschung, und es wurden uns
unerwartete Aufgaben gestellt.
August 2016
Weitere
erste Male: Wir übernachteten zum ersten Mal in Ommel am Steg,
wo
wir bisher nur geankert hatten. Ließen uns zum ersten Mal
seit
acht Jahren in Nyborg blicken. Besuchten zum ersten Mal
überhaupt
Svendborg. Und nahmen zum ersten Mal die unbetonnte Passage
südlich von Skarø, um ein paar Meilen
länger segeln zu
können. Das alles ergab sich nach Lust und Laune und daraus,
was
der Wind anbot. Ommel hatte ich mir für den ersten Tag kurz
vorm
Auslaufen überlegt, doch dann frischte kurz vor dem Ziel der
Wind
auf, und Nordwest ist die einzige Richtung, in die die Bucht
ungeschützt ist - also wurde es mal wieder
Aerøskøbing gleich nebenan.
Es
entstand ein ulkiges Muster - von Aerøskøbing aus
segelten wir durch den Svendborgsund nach Nyborg, dann zurück
nach
Ommel (diesmal über Rudkøbing),
schließlich wieder
nach Svendborg (mit der Spaßrunde um Skarø). Immer
tüchtig auf und ab, bloß keine Abkürzung
nehmen, wenn
es auch einen Umweg gibt. Auf den „Dienstreisen“,
den
Flottillentörns nach Dänemark und Schweden, aus denen
die
bisherige Saison bestanden hat, wäre das so nicht
möglich
gewesen: Unerfahrene oder revierunkundige - oder allgemein sich auf
mein Urteil und meine Einschätzung verlassende - Crews
brauchen
vor dem Ablegen einen Moment, sich in Ruhe per Seekarte und
Hafenhandbuch auf den Tag einzustimmen. Ein Alternate zum geplanten
Ziel ist sinnvoll, aber spontan nochmal eine Runde um irgendeine Insel
drehen, sorgt für unnötige Verwirrung. Und eine - wie
auch
immer vage - Törnplanung zu Beginn ist unerlässlich,
und sie
soll gerne in groben Ansätzen mit dem übereinstimmen,
was in
den folgenden Tagen tatsächlich passiert.
Der Wind war ein Garant für gute Laune: Selten über
oder
unter vier Beaufort (abgesehen von kurzen Flautenphasen,
während
er auf eine neue Richtung drehte), ein verlässlicher Freund,
mit
dessen Unterstützung Paula und ich uns richtig austoben
durften.
Und unsere Ziele enttäuschten uns nicht; sie müssen
unbedingt
ins Programm der nächsten Flottillentörns aufgenommen
werden:
Nyborg
hat durchaus Flair und bietet jede Menge Liegeplätze. Der
Yachthafen ist totale Grütze, aber wir lagen
natürlich im
Westhafen. Den völlig leeren Kleinboothafen, in den man vom
Yachthafen gelangt und dabei per Knopfdruck eine
Fußgängerbrücke öffnete, finde ich
auch recht
sympathisch. Oder zumindest außergewöhnlich. Vor
acht Jahren
war der Wandel Nyborgs nach dem Bau der
Großer-Belt-Brücke
und dem Verlust der Fährverbindung noch unausgegoren.
Inzwischen
wirkt das alles ganz in Ordnung mit den Wohnwürfeln an der
Wasserkante, wenngleich ich meine gemütliche Paula allemal
bevorzuge.
Ommel ist ein Traum. Den wir für uns alleine hatten. Eine
Gruppe
junger Leute aus dem Ort bestaunte den Sonnenuntergang, durchaus zu
Recht, denn er war sehenswert. Morgens liefen die Lüttfischer
aus,
die dem Hafen seine Existenzberechtigung geben, und sie
grüßten uns enthusiastisch. Weitere Gastlieger gab
es keine,
und meinetwegen soll das auch so bleiben. Die flache, unbetonnte
Zufahrt ist jedenfalls kein Problem, wenn man sie mit einem guten
Echolot schon ein paar Mal vermessen hat.
Svendborg
bildet den ultimativen Kontrast dazu. Urbanes Ambiente, wie es in der
dänischen Provinz selten zu finden ist. Man liegt an der
Promenade, die Menschen flanieren, es gibt alle Möglichkeiten
der
Versorgung sowie Cafés, Restaurants, Clubs, dazu eine
lebhafte
Traditionsschiffahrtsszene: Die Schoner „Fylla“ und
„Meta“ liegen hier, der Museumskümo
„Caroline
S“ ebenfalls, und seit diesem Jahr hat hier das
Dänische
Sportbootmuseum seine Räume. Natürlich muss man mit
den
Nachteilen leben: Der romantische Sonnenuntergang fällt aus.
Es
gibt Unruhe wie Verkehrslärm, Schwell durch die
Fähren nach
Hjortø, Skarø und
Aerøskøbing,
ständiges Kommen und Gehen, weil viele hier nur schnell
einkaufen
oder eben flanieren wollen. Unvermeidlich in einem solchen Hafen ist
die Motoryacht mit der Stereoanlage, in diesem Fall legte sie direkt
vor uns an. Und ihre Musikauswahl wühlte sich über
mehrere
Stunden durch die tiefsten Abgründe der Popmusik, bevor ich
den
Klängen auch mal etwas abgewinnen konnte. Da hatte ich aber
auch
schon drei Glas Wein getrunken und hielt letztlich länger
durch,
bevor die Koje rief. Hauptmanko aber: Ein Hafengeld von happigen 170
Kronen sah ich durch nichts gerechtfertig - da hätten die
wenigstens für einen mückenfreien Hafen sorgen
können,
aber Pustekuchen. Dusche und Strom kosten auch extra, zahlbar mit
Magnetkarte, die man auch benötigt, wenn man ein sauberes Klo
bevorzugt. Trotzdem war es kein Fehler, den Hafen anzulaufen - beim
nächsten Mal werde ich es aber vielleicht bei einem
Tagesausflug
belassen.
Dann
ging es also ganz simpel zurück in die Schlei - es
wären ja
nicht Paula und ich, wenn es völlig unspektakulär
verlaufen
wäre. Es ging um 44 Meilen, wenn man über
Rudkøbing
und Marstal fährt. Anders wäre es kaum gegangen
früh um
sechs, denn die Strömung lief ostwärts, und in der
Abdeckung
wären wir da kaum gegen an gekommen. Strom gegenan hatten wir
natürlich dann auch im Rudkøbing Løb,
dort aber eben
ohne Abdeckung. Genauer gesagt hatten wir vier Beaufort von hinten und
zwei Knoten Strom von vorn - das Attribut „steil“
in Bezug
auf die entstehenden Wellen bekam eine ganz neue Dimension. Ich habe
mich schon vorher gefragt, warum in diesen ganzen
Revierführern
und Wetterbüchern immer drin steht, es gebe dort einen
schwachen
Gezeitenstrom, der aber vom Wind überlagert werde. Und es ist
eine
Schande, dass die Stromzeiten nicht mehr im Internet verfügbar
sind. Kaum irgendwo im mir bekannten Teil der Ostsee muss man sich so
sehr nach der Strömung richten, wie hier.
Nun,
wir schafften es ja dann doch und hatten sogar unseren Spaß.
In
Marstal wurde uns eine neue Aufgabe gestellt: Wir konnten dem
Fahrwasser nicht folgen, weil eine unablässige Folge von
Schiffen
aus dem Hafen kam. Dicht hintereinander kamen uns
„Oban“,
zwei Segelyachten und ein Schleppverband mit Bagger entgegen, und als
sich danach eine Lücke auftat, waren wir bereits im Hafen. Es
gab
also eine Hafenrundfahrt, die sich ein wenig in die Länge zog,
bis
wir endlich wenden und wieder auslaufen konnten. Die Höhe war
gerade so eben zu laufen und die Einfahrt zusätzlich verengt
durch
einen weiteren holländischen Traditionssegler, bei dem wir
beinahe
längsseits gegangen wären. Der Bagger baggert am
Strand bei
den Badehäusern herum, offenbar werden dort Steine
aufgeschüttet, und während dieser Arbeiten liegt
„Bonavista“ unzugänglich an den
Pfählen, damit
die Schuten Platz haben.
In Schleimünde - nach einer Stunde Flautengedümpel
und einer
Stunde Motorbootfahren segelten wir inzwischen wieder mit einem
Nordwind - segelte direkt vor uns „Abel Tasman“ in
die
Schlei. Das war nun der dritte Holländer, der uns an diesem
Tag
unbeabsichtigt und unverschuldet eine Aufgabe stellte. Es galt
nämlich, die zu überholen und dabei selbst
überholt zu
werden, dies alles natürlich in Luv, wo nicht berauschend viel
Platz war.
Insgesamt war also wieder fix was los in der Dänischen
Südsee, und hundertsiebzig erlebnis- und erfahrungsreiche
Meilen
stehen im Logbuch.
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