Paulas Törnberichte | ||||||
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Alles richtig gemacht: Flottillentörn
18.-24. Juni 2016
Der Mittsommertörn - mit dann doch deutlich
weniger Regen und Flautentagen, als ursprünglich erwartet;
Extra-Bonbons in Form von spektakulärem Surfen auf einem guten
Meter achterlicher Welle, Flaggenparade de luxe in Troense und
außergewöhnlichen Sonnenuntergängen -
wusste zu begeistern. Dabei waren die Voraussetzungen nicht
eben traumhaft, nachdem die
Vorgängerveranstaltung so hohe Maßstäbe
gesetzt hatte.
Juni 2016
Nun stand uns eine Fortsetzung des
inzwischen durchwachsenen Wetters bevor, und um das
Gruppengefühl hatte ich auch wieder Sorge: Eine Crew meldete
sich kurzfristig krank, eine zweite hatte schon vor Monaten zu
Protokoll gegeben, an der Flottille gar nicht teilnehmen zu wollen,
für die sie ursprünglich gebucht hatten. Ich war von
zwei Tagen Skippertraining einigermaßen gestresst, musste
nebenbei noch „Friedas“ Mastrutscherschiene neu
verschrauben und täglich wechselnde Problemlagen hinsichtlich
der Schwedenreise im Juli bearbeiten. Die Aussicht, mit nur drei Booten
unterwegs zu sein, war ein zusätzlicher Dämpfer.
Gruppendynamisches, Wind und Wetter
Doch dann bekamen wir
Verstärkung von selbsterklärten "Trittbrettfahrern":
Freunde der „Frieda“-Crew hatten ihren
„Berghai“, eine kleine Shark, an die Schlei
getrailert und fragten höflich und bescheiden, ob sie sich
unserem Törn anschließen dürften. Da sprach
natürlich nichts gegen, zumal sich zeigte, dass die Shark und
die Folkeboote bei erheblichen Unterschieden in den See- und
Segeleigenschaften vergleichbar schnell laufen. In der Praxis ergab
sich beim Erreichen des Tagesziels die Reihenfolge
„Paula“ - „Berghai“ -
„Frieda“ - „Oliese.“
Die
Chartergäste hatte ich im Vorjahr nach einer Woche auf der
Schlei überredet, sich in der Flottille zum ersten Mal im
Folkeboot auf die Ostsee zu wagen. Die „Berghaie“
kannten das Revier ebenfalls noch nicht. Die Lernquote war entsprechend
groß - aber alle hatten große Lust zu segeln, taten
dies auch begeistert bei Windstärken von fünf,
gelegentlich sechs Beaufort, und Seekrankheit trat auch nicht auf.
Unter diesem Aspekt war die Gruppe also
pflegeleicht. Die befreundeten
Pärchen auf „Berghai“ und
„Frieda“ sowie die drei alten Freunde auf
„Oliese“ bildeten zunächst jeweils
deutlich erkennbare Grüppchen, und es war damit zu rechnen,
dass es einen Tag länger dauern würde, diese Grenze
aufzubrechen. Das manifestierte sich beim abendlichen Grillen: In
Troense saßen die Einzelgrüppchen jedes für
sich und verspeisten ihr eigenes Grillgut. Einen Tag später
auf Lyø wurde strikt auf Durchmischung am Tisch geachtet,
Fleisch und Salate wurden schlicht herumgereicht, jeder aß
von allem - aus zwei Grüppchen war eine Gruppe geworden.
Beim
Wetter hätte ich mir andere Parameter gewünscht als
diese: Am Anfang drei Tage fünf mit sechser Böen,
dann schwachwindig - didaktisch nicht ideal. Montag Abend und
Donnerstag Regen - das galt es irgendwie einzuplanen, um dann nicht
traurig und grüppchenweise unter der Kuchenbude zu hocken. Und
schließlich für Donnerstag und Freitag eine
unübersichtliche und kaum zuverlässig zu
prognostizierende Wetterlage.
Wir mussten am Sonntagmorgen schon
wissen, ob ab Donnerstag tatsächlich der Wind auf
Südost drehen würde, aber das war zu dem Zeitpunkt
mehr als unsicher. Es kam also weder in Frage, uns voreilig Richtung
Als zu bewegen, von wo aus man bei westlichen Richtungen gut
zurück in die Schlei kommt, bei Südost hingegen in
der Falle sitzt, noch schien es ratsam, einen Abstecher nach Albuen auf
Lolland zu riskieren, der uns bei fortdauerndem Südwest einen
mühsamen Rückweg beschert hätte.
Es blieb
also nichts anderes übrig, als im Südfynschen
Inselmeer auf und ab zu segeln. Die Teilnehmer störte das
nicht, war für sie doch alles neu und unbekannt. Das Segeln
selbst war großartig, es ließ sich
Rückweg-Stress vermeiden, und wir suchten uns mal wieder
absolut Sehenswertes aus. Das "Trainingsprogramm" im Einzelnen:
Lektion
1 - Magen und Gleichgewichtssinn
„Friedas“ Crew war
spätabends erst
angereist, „Olieses“ hatte auf
„Salty“ übernachtet, beide mussten also
zuerst ihre Boote übernehmen, Einweisungen und Einkaufen taten
ihr Übriges, und so kamen wir trotz frühem Aufstehen
erst nach zwölf Uhr in Gang. Das hätte dafür
sprechen können, den ersten Tag in der Schlei zu verbringen.
Doch wir waren uns gleich einig: Der schöne Wind musste
angemessen genutzt werden.
Wir segelten also von Arnis nach Marstal - bei
Westsüdwest
fünf war es eine schnelle Reise, und der Seegang war
spektakulär. „Paula“ hatte lange Zeit
„Frieda“ im Gefolge, bisweilen überholten
wir einander, wenn das um drei, vier Bootslängen hinten
liegende Boot eine besonders hohe Welle heruntersurfte und wie der
Blitz vorbeigeschossen kam. Auf dieser Weise entstanden viele
sagenhafte Aufnahmen von „Frieda“. Den Test auf
Seefestigkeit bestanden alle
mit Bravour, niemand klagte über ein Zuviel an Wind
und Welle, alle liefen mit leuchtenden Augen in den Handelshafen der
alten Seefahrerstadt ein. Zur Belohnung gab es ausgezeichnetes Essen im
Restaurant.
Die obligatorische Grundberührung wurde dabei
gleich nach dreißig Metern abgehakt -
„Oliese“ gab, anstatt nach dem Ablegen gleich auf
dem Teller zu drehen, erstmal mächtig Gas Richtung Sackgasse,
und in jenem Teil des Hafens steckt man leicht fest, auch wenn damit
niemand rechnet. „Frieda“ durfte also gleich eine
Übung um Freischleppen erledigen, dann konnten wir endlich aus
dem Hafen laufen und erwischten sogar noch die angepeilte
Brückenöffnung.
Lektion 2 - Armmuskeltraining
Wir segelten von Marstal nach Troense im Svendborgsund - aber nicht auf
dem direkten Weg, wir wollten ja ein paar Meilen extra segeln, sondern
inklusive „Drejø halbrund“. Bei West 5
mit ruppigen Böen bedeutete das eine sportliche kleine Kreuz
mit zwei („Paula“) bzw. acht
(„Oliese“, „Frieda“)
Holeschlägen, bevor es zwischen Avernakø und
Drejø auf Halbwindkurs, später dann wieder zum
Vorm-Wind-Kreuzen überging. Rudergänger wie
Vorschoter spürten also ihre Armmuskeln, und zwar nicht nur
unterwegs, sondern auch in Form muskelkaterartiger Erschöpfung
auch danach. Im Svendborgsund hatten wir die kräftige
Strömung gegenan, wieder einmal ein bemerkenswertes
Naturschauspiel für alle, die die lokalen
Verhältnisse erst kennenlernten.
Es war auch an der Zeit
für das ebenfalls obligatorische Ausfallen des
Außenborders. „Frieda“ musste unter
Segeln anlegen, tat dies - richtige Entscheidung! - am Anleger des
Ausflugsdampfers. Der Motor ließ sich dann problemlos
starten, das Einparken im extrem engen und vollen Hafen
übernahm ich. Derart geübt stieg ich an der
Außenmole auch gleich noch auf „Oliese“
auf - extrem langsam fahren und die
Manövrierfähigkeit behalten, ist ein Unterfangen,
dass man besser in geräumigem Terrain bis zum Abwinken
übt, und das hatten die Charterer natürlich nicht
getan - es war ihre zweite Woche Folkeboot, mit einem Jahr
Unterbrechung, und ich selbst habe mich zwei anstrengende Saisons lang
extrem schwer getan mit Manövern wie diesem.
Das
Unterhaltungsprogramm des Abends lieferte der Hafenmeister, der zur
Flaggenparade mit seinem Cabrio erschien. Ursel bat er, ihm beim
Zusammenlegen des Dannebrog zu helfen. Sie zierte sich einen Moment
lang, ließ sich dann aber überreden, und bereute es
nicht: Zur Belohnung gab es erst ein Küsschen des alten Herrn,
danach eine kleine Inselrundfahrt mit dem Oldtimer.
Lektion 3 -
Segeltrimm
„Warum läuft Oli keine
Höhe?“
fragte ich mich, als wir Anderen ihren beträchtlichen
Vorsprung - das Ablegen im engen Hafen von Troense hatte Boot
für Boot viel Zeit in Anspruch genommen - schon an der
Brücke in Svendborg aufgeholt hatten. Die Antwort konnte ich
der Drei an Bord gleich im Vorbeifahren signalisieren: Die Dirk war zu
dicht. Das hatten die auch schon gemerkt, konnten sie aber nicht
lösen, weil sie unter Spannung stand - da wirkt das
Lösen der Großschot mitunter Wunder. Dass
„Oliese“ dann trotzdem merklich langsamer segelte,
hatte einen simpleren Grund: Rausgehängte Fender bremsen bei
voller Schräglage. Oder besser gesagt: Die Fender wurden aufs
Kajütdach gelegt, fielen aber gleich wieder runter.
Ansonsten
durften wir ab ausgangs des Svendborg Sund heute mal einen angenehm zu
segelnden Halbwindkurs genießen - angenehm zu segeln auch bei
eigentlich ein bisschen viel Tuch. Ich hätte ruhig mal
vorschlagen können zu reffen, aber nachdem es bisher so gut
mit Vollzeug geklappt hatte, wollte ich morgens doch lieber endlich
aufbrechen, anstatt noch Zeit mit dem Reff zu vertrödeln. Aus
gutem Grund: Für den späteren Nachmittag war Regen
angekündigt - bis dahin wollten wir einen Hafen mit Clubraum
erreichen, wo wir gemeinsam trocken den Abend verbringen und essen
konnten, und davor wollte - ebenfalls möglichst trocken - ein
Landgang nebst Einkauf beim Kaufmann erledigt sein. In Troense waren
wir ja gerade, der einzige Hafen mit Gemeinschaftsraum, der mir einfiel
und der bei strammem Südwind geeignet schien, hieß
Lyø. Es klappte dann auch vorzüglich - neunzehn
Seemeilen in dreieinhalb Stunden inklusive einer kleinen Kreuz in
Svendborg ist eine beachtliche Zeit.
Lektion 4 - Fockausbaumer
Endlich gab es nach all dem Gepuste einen
Entspannungstag. Nach dem
abendlichen Regen war es morgens bedeckt, aber trocken, und kaum waren
wir unterwegs, verzogen sich die Wolkenfetzen. Es verzogen sich auch
die letzten Fetzen gruppeninterner Separierung, als
„Berghai“ über Funk vermeldete,
„Oliese“ müsse alle Fender verloren haben,
denn es seien im Fernglas keine zu erkennen.
Die Vorgabe lautete:
Abends sollte das letzte Gruppenspiel der deutschen Mannschaft bei der
Europameisterschaft zu sehen sein - da fiel mir nur ein Ort ein, wo die
Chance auf eine entsprechende Kneipe mit Fernseher bestand, und das war
Aerøskøbing. Als wir ablegten, fegte uns das
angekündigte Schwach Umlaufend mit einer satten und
böigen vier aus West um die Ohren. Kaum waren wir unterwegs,
beruhigte sich aber der Wind, nahm kontinuierlich ab, bis wir die
zweite Hälfte der nur vierzehn Meilen auch mal unter drei
Knoten segelten.
Da nun alle gut getrimmt und ohne Treibanker
fuhren,
mussten „Paula“ und ich uns etwas einfallen lassen,
um wie üblich als Erste ans Ziel zu kommen. Zur Abwechslung
gab es keine spektakuläre Welle, also konnte ich mich aufs
Vorschiff wagen und die Fock ausbaumen. Während die Vorsegel
der Anderen hin und her baumelten und nicht wirklich etwas zur Fahrt
beitrugen, sausten wir zuerst an „Frieda“, dann an
„Oliese“ vorbei, während
„Berghai“ sich für einen etwas
umständlichen Kurs entschied. Meinem Beispiel folgend
experimentierten dann alle erfolgreich mit dem Ausbaumer herum, so dass
die einmal eingenommenen Positionen für den Rest der Strecke
gehalten wurden. Wieder einmal ergab es sich von selbst, dass wir genau
in dem Abstand eintrafen, der nötig war, um das vorige Boot
anzubinden, bevor das folgende zum Anlegen bereit war. Das
geräumige Becken des alten Handelshafens gestattete
„Paula“ und mir einen Anleger unter Segeln.
Früh genug für einen Stadtbummel in einem der
schönsten Städtchen Dänemarks nebst
Recherche in Sachen Gastronomie waren wir auch.
Es war Mittsommer, und
nach Fischimbiss und Fußballübertragung
verwöhnte uns an unserem Logenplatz am Kopf der
Außenmole zunächst die Sonne mit einem
spektakulären Untergang, gleich darauf zeigte sich
über Ommel der volle Mond in all seiner goldgelben Pracht.
Insgesamt war es ein vollauf gelungener Tag mit vielen
köstlichen Bonbons - und Staunen darüber, wie
schön Dänemark ist.
Lektion 5 - Man kann nicht alles
haben - oder?
Der Tag begann mit dichten Wolken, leichtem Regen und einem gemeinsamen
Frühstück in einem recht abgerockten, aber immerhin
trockenen und auf eigentümliche Weise gemütlichen
Raum. Dann ging eine Delegation einkaufen, fürs abendliche
Grillen, wie ich dachte. Ursel hatte in einem Werbeprospekt gelesen,
Ommel sei so herausragend - warum wir da nicht hinführen?
„Ist gleich da drüben“, war meine Antwort,
und wir beschlossen, uns das anzusehen. Nach einer Dreiviertelstunde
unter Motor wetterten wir zunächst einen Schauer unter Deck
ab, dann hingen alle matt auf der Wiese herum, niemand machte
Anstalten, sich den schönen, kleinen Ort auch einmal
anzusehen. Ich drängelte: Entweder Landgang oder Lossegeln.
Die einstimmige Entscheidung lautete: Lossegeln. Es war ja auch schon
Mittag.
Der schöne West 3-4 brachte uns gerade noch aus der
Bucht, schlief dann ein. Gewittrige Schwüle umgab uns, und ich
dachte: „Scheiße - den schönen Wind
verdaddelt, und jetzt kommt das Schietwetter.“ Birkholm bot
sich als Ausweichhafen an, machte aber bereits einen vollen Eindruck.
Ich war richtig genervt darüber, dass uns ein
gehöriges Maß Antriebslosigkeit in diese Lage
gebracht hatte - war es bisher zu doll, zu viel Segeln, zu wenig
Ausspannen? Oder hätte ich erwachsene, selbständige
Menschen mit Disziplin und strengem Zeitplan zu ihrem Glück
zwingen müssen? Schien mir aber nicht das zu sein, was man von
mir verlangte. Da half jetzt nur Eines: Wir nehmen das, wie es kommt,
und machen das Beste daraus.
Die Windmühlen um uns herum
drehten fleißig, hinter uns kräuselte sich von Neuem
das Wasser, und in den Quellwolken grummelte und donnerte es nicht.
Plötzlich kam wieder Wind auf, und so wurde es doch noch ein
schöner Segeltag - zwei Stunden später legten wir auf
Strynø an, wo ich seit Jahren nicht mehr war. Die Insel
gefiel,
was nicht zuletzt an wolkenlosem Himmel und herrlicher Abendsonne lag.
Gegrillt wurde dann doch nicht, statt dessen packten alle nach einem
erfolglosen Versuch, um neunzehn Uhr noch weiter einzukaufen, die
umfangreichen Restbestände auf den Tisch. Und so wurde aus
einem scheinbar vermurksten Tag doch noch ein echtes Highlight. Gut so,
denn tags darauf wurde es bei günstigem Wind - wir bekamen
doch den schönen Südost - Zeit für den
Rückweg in die Schlei.
Alles richtig gemacht
Von Strynø zurück bedeutete dreißig
Meilen tollen Segelns, und weil es zwei Drittel der Strecke nur
geradeaus ging, war die kleine Kreuz im Fahrwasser an Marstal vorbei
eine willkommene Auflockerung. Die Vorgabe lautete, Maasholm vor dem
abendlichen Gewitter zu erreichen - mit dieser Drohung im Nacken gelang
sogar ein früher Aufbruch. Und tatsächlich endete der
Törn außer mit einem vorzüglichen
gemeinsamen Essen im Restaurant Raub in dramatischen Schauern, Blitz
und Donner sowie spektakulären Böen - die uns nichts
mehr anhaben konnten.
Trotz durchwachsenen Wetters gelang es, allen
Teilnehmern einen guten Eindruck von der Dänischen Inselwelt
zu vermitteln, tolle Segeltage zu verbringen und das Ganze in
angenehmer, geminschaftlicher Atmosphäre zu erleben. Als Bonus
war sämtlicher Regen akurat vorhergesagt, und wir wetterten
ihn stets warm und trocken in geschätzten Räumen ab.
Kuchenbuden wurden nicht aufgebaut, unterwegs bekamen wir nicht einen
Tropfen.
weiter: Schwedenreise 2016