Paulas Törnberichte | ||||||
|
„Es ist ganz schrecklich da. Fahrt da
bloß nicht hin!“ - Eine Genussreise für
acht abenteuerlustige Erwachsene und fünf fantastische
Folkeboote
Wieder einmal jede Menge Dinge zum ersten Mal ausprobiert:
Ein Zweiwochen-Flottillentörn Mitte Juli, in der Zeit der
vollen Häfen. Locker-entspannt rund Fyn mit kleinen Abstechern
und ohne übertrieben lange Schläge. Neue
Häfen und Naturhafen-Hopping. Ankern zu fünft im
Päckchen. Bustour auf Ærø und
Fährüberfahrt nach Svendborg, ganz neue Sichtweisen
also - zehn Jahre lang habe ich landseitig nur die
Hafenstädtchen gesehen, die Inseln nur aus dem Cockpit, auch
die Bugwelle der Fähre kannte ich nur in der Form, von ihr
durchgeschüttelt zu werden. Als kulturellen Höhepunkt
gab es in Svendborg diese Fotoausstellung über Folkeboote zu
bewundern, in der auch meine Boote eine Rolle spielten. Lassen wir sie
zu Wort kommen und erzählen, wie sie die Reise erlebt haben.
Juli 2017
Paula: „Unser Betriebsausflug war
genau wie immer.“
Oliese: „Nichts Besonderes.“
Martha: „Also ereignisreich, intensiv, unvergesslich. Und
traumhaft schön. Völlig normal eben, wir machen das
ja immer so.“
Salty: „Naja. Ihr dürft schon erwähnen,
dass nicht alles traumhaft schön war. Oder, Oli?“
Oliese: „Ja nun. Ich war und bin nicht begeistert, aber es
ist ja glimpflich ausgegangen. Leicht zu reparieren, Nicolas macht das
schon. Wir müssen unbedingt betonen, dass Salty das nicht mit
Absicht gemacht hat.“
Paula: „Aber jedenfalls hat Oliese mal
wieder gezeigt, dass
sie es echt drauf hat. Hat sich erstmal einfühlsam
zurückgehalten, um es ihrer erstmals einhandsegelnden
Skipperin leicht zu machen. Hat ihr, die ja zum ersten Mal von selbst
auf jeden Handgriff kommen und ihn auch selbst erledigen musste, alles
soufliert, was sie vergessen hatte. Zum Schluss sind die beiden,
inzwischen bestens eingespielt, allen davongesegelt. Und Oli ist
wirklich hart im Nehmen. Kann bestens auf sich aufpassen. Selbst als
Salty ihr voll in die Seite gekracht ist, blieb sie heil, bis auf ein
abgeplatztes Stück Fußreling. Als ich die
Schürfwunden auf Saltys Steven sah, hab ich das Schlimmste
befürchtet. Nicolas sagt, dass er das selbst herbeigeredet hat
- weil er doch morgens noch extra den Crews sagte, sie sollen sich beim
Segelbergen nicht gegenseitig ins Gehege kommen.“
Salty: „Ich wollte nur zeigen, wie knapp das werden kann,
wenn man da nicht aufpasst. Mach ich nie wieder, solche Experimente.
Also, ich bin einfach mal auf Oli zugefahren und dachte, gleich
müssen die doch Ruder legen, damit ich abdrehen kann. Aber nix
da. Die haben einfach überhaupt nicht auf mich reagiert.
Zu beschäftigt leider, und jeder hat sich auf den anderen
verlassen. Aber auch
das war keine Absicht - total nette und vorsichtige Leute sind das, und
nach dem Crash waren die echt geknickt. Außerdem - ich bin ja
echt nicht so ne Rennziege wie ihr, und die haben das gelassen
hingenommen, dass wir meistens hinterhersegelten, und sich
tüchtig gefreut, wenn wir mithalten konnten. Sie waren ganz
begeistert von der guten Ausrüstung, dem tauglichen Fernglas
und dem guten Kocher. Das war echt ärgerlich, dass diese Panne
passiert ist.“
Paula: „Tja. Da musste ich erstmal ne
Runde Portwein
ausgeben, und Nicolas hat erzählt, was uns schon alles
schiefgegangen ist, und nachdem er dann noch auf dem jeweiligen
Vorschiff liegend mit Salty und Oliese geredet hatte, hat er die
Gäste in die Stadt geführt, damit wir Boote nochmal
in Ruhe plaudern konnten. Und dann war das auch erledigt, die
Schuldfrage blieb salomonisch ungeklärt, und wir konnten
weitersegeln.“
Martha: „Jetzt aber mal der Reihe nach, Paula! Angefangen hat
es nämlich damit, dass ich schon in Arnis vorm Hafen gezwungen
wurde, gegen die allererste Tonne zu fahren. Und auch ich hab keinen
Riesenaufriss darum gemacht. Nur damit das mal erwähnt
wird.“
Paula: „Wenn wir aber schon ganz von Anfang an
erzählen, dann müssen wir damit beginnen, warum es
diese Reise überhaupt gab.“
Martha: „Das stimmt. Und es gab sie, weil wir fünf
mal wieder zusammen einen längeren Ausflug machen wollten,
aber dieses Jahr nicht nach Schweden durften. Und dann haben die
Schweizer, also meine Crew, also meine wunderbar charmante, supertolle
Crew - und das gilt trotz der Tonne und der Macke am Steven - also die
haben Nicolas gefragt, ob sie nicht zwei Wochen mit ihm zusammen segeln
können Mitte Juli. Und Nicolas hat gesagt....“
Paula: „...was Paula ihm in den Mund gelegt hat: Dass gerne.
Aber unter der Bedingung, dass wir mindestens einmal das Kattegat
sehen.“
Frieda: „Warum eigentlich?“
Paula: „Aha, die schnelle Frieda
meldet sich zu Wort. Wenn
gut gesegelt, von Menschen, die etwas von Trimm verstehen, dann ist sie
wirklich bannich schnell. Diesmal mussten Nicolas und ich uns tierisch
Mühe geben, um als Erste im Hafen zu sein, oder zur Ausrede
das Schlauchboot hinterherschleppen. Die Anlegemanöver waren
vielleicht weniger elegant, da wurde anfangs ziemlich damit
herumexperimentiert, die Festmacher erst nachträglich zu
klarieren, als Frieda schon am Steg angekommen war, und das hat sich
nicht bewährt. Da hat sie auch raus gelernt, die Frieda-Crew.
Aber segeln konnten sie ohnehin. Und so war das ja auch letztes Jahr
auf dem Weg nach Schweden: Friedas Crew - ganz andere Leute -
verstanden was vom Segeln. Also war Frieda schnell. Nicht schneller als
Paula, aber genauso schnell. Also trafen wir uns, nachdem wir zwanzig
Meilen vorher andere Kurse gewählt hatten, an der
Südspitze von Samsø wieder und befanden uns in
einer echten Regattasituation, als wir um die Ecke bogen und vor uns
die riesige Wasserfläche sahen, an deren anderem Ende die
Schären liegen. Ich musste Frieda davonsausen lassen und ein
bisschen Fahrt rausnehmen. Denn Nicolas standen vor Rührung
Tränen in den Augen. Das musste erstmal im Logbuch vermerkt
werden, und auch ich war ziemlich bewegt, als wir es nach vier langen
Jahren endlich wieder hierher geschafft hatten. Noch dazu in Begleitung
meiner vier Schwestern. Und seitdem bedeutet es uns etwas, das Kattegat
zu sehen. Also können wir nicht volle zwei Wochen am
Stück segeln, ohne mindestens nach Samsø zu
kommen.“
Martha: „Meine Schweizer hatten da auch
nichts gegen einzuwenden, und die anderen Gäste sowieso nicht.
Die Meisten waren auch schon hier und da und dort, ziemlich
herumgekommen, also galt es, ihnen die schönsten und
einzigartigsten Orte entlang der Strecke zu zeigen.“
Paula: „Und das haben wir ja wohl
geschafft. Allerdings nicht
durchgängig - am ersten Tag ging es nämlich gerade
mal nach Maasholm, wo gerade Hafenfest war, mit Schlagermusik bis
spät in die Nacht. Und am zweiten Tag segelten wir nach
Sønderborg, wo anscheinend auch gerade Hafenfest war, mit
Blasmusik am späten Nachmittag. Wir wollten aber sowieso noch
weiter bis Sottrupskov, und es war ziemlich lustig, auf die
Brückenöffnung zu warten und gemeinsam hin und her
und auf und ab zu segeln, während an Land diese Kapelle
spielte. Sottrupskov war dann schonmal ganz gut als erstes richtiges
Reiseziel.“
Frieda: „Haderslev war aber auch nicht
übel. Vor allem der Weg dahin durch den Fjord. Das war ja wohl
richtig spannend, mit den ständig wechselnden Winden
klarzukommen. Wobei ich natürlich mal sagen muss, dass Paula
dann plötzlich auf und davon gesegelt ist, weil sie im
entscheiden Moment die richtige Idee hatte.“
Oliese: „Ich fand den nächsten Tag ja auch cool: Im
Regen mit kaum Wind durch diesen wolkenverhangenen Fjord, dann zog das
Gewitter vor uns durch und bescherte uns außer Sonne satte
fünf Windstärken, und schließlich ging es
durch
Snævringen,
und da kann wohl kein Mensch und auch kein Folkeboot behaupten, dass
das keine total tolle Gegend ist. Ich weiß nur nicht so
richtig, wie ich das Gefühl beschreiben soll, als ich neben
Frieda lag im neuen Yachthafen in Middelfart. Der ist
schließlich fast genau an der Stelle, wo wir damals gebaut
wurden, und davon ist überhaupt nichts mehr zu sehen. Hat sich
verändert, unser Middelfart.“
Frieda: „Allerdings. Die haben kein
bisschen an uns gedacht,
als sie diesen Hafen gebaut haben: Die Boxen sind endlos lang.
Allerdings haben sie auch nicht an die großen, langen,
modernen Yachten gebaut, denn für die sind die Boxen viel zu
schmal. Eigentlich haben sie wohl an überhaupt nix gedacht.
Statt Poller gibt es zum Belegen Ringe, die eigentlich schon mit den
Sorgleinen voll sind, und da muss man auf dem Steg knien oder liegen
und sich vornüberbeugen, dass man fast ins Wasser
fällt, um ein Schiff anzubinden. Aber natürlich
haben wir alle einen Liegeplatz gefunden, was daran liegt, dass wir
immer und überall einen Liegeplatz finden - es sei denn, wir
wollen insgeheim gar nicht dorthin. Knapp war es aber schon - Oli und
ich kuschelten in zwei minischmale Boxen und dachten an
früher, Salty und Martha teilten sich gleich eine Box, die
vorher für so eine Vierzigfußyacht zu schmal zum
Reinfahren gewesen war, und Paula hatte sich als Erste tapfer zwischen
zwei Motoryachten gekämpft.“
Paula: „Von denen die eine dann ablegte, damit wir genug Luft
bekamen. Also gar nicht soo schlecht, der neue Hafen. Der alte
Stadthafen ist bestimmt schöner, aber der war
knallvoll.“
Oliese: „Der Architekturwettbewerb, den dieses komische
Kulturhaus gewonnen hat, vor dem wir lagen - der war jedenfalls ein
Flop.“
Frieda: „Dafür hatten meine Gäste da zum
ersten Mal die Festmacher beim Anlegen schon klar, und von da an
klappte alles.“
Paula: „Auf dem Weg nach Bogense waren wir übrigens
alle plötzlich schnell. Vor allem Oli und Salty. Woran auch
immer das plötzlich lag.“
Salty: „Am Wind. Und am Trimm. Die hatten ja jetzt ein
bisschen geübt.“
Oliese: „Das Lustigste an dem Tag war ja wohl, als wir alle
fünf an dieser schnittigen Aluminiumkiste vorbeigezogen sind.
Komisch nur, dass die dann plötzlich trotzdem weg
war.“
Salty: „Keine Kunst - als die merkten, dass sie gerade von
fünf Folkebooten überholt werden, haben sie den Motor
angemacht.“
Frieda: „Das war überhaupt
ein
guter Tag irgendwie. Morgens Regen und Flaute, da konnte man sich
schön dran abarbeiten, mit der Strömung irgendwie
voranzukommen. Dann briste das hübsch auf, die Sonne kam raus,
die Aluyacht wurde versegelt, und dann waren wir mal früh im
Hafen, und die Gäste zufrieden. Vor allem, als es dann
wirklich pustig wurde - unser Timing ist nämlich in der Regel
perfekt, und wenn die Gäste früh aufstehen
müssen, gibt es dafür auch einen guten Grund. Der
eine von meiner Crew konnte dann auch mal kiten gehen, wo er schon die
ganze Ausrüstung mithatte. Am nächsten Tag hatte er
dann diese supergute Idee.“
Paula: „Richtig - das war der Tag mit dem strammen Nordwest,
der da mit spektakulärer Brandung auf der Hafenausfahrt stand.
Wir fünf haben eigentlich nur gelauert, wann wir endlich da
raushoppeln dürfen, vielleicht gerefft, doch unter den Crews
gab es auch welche, denen das zu heikel war. Nicht ganz zu unrecht,
allein schon, weil wir ja kaum Platz zum unfallfreien Segelsetzen
hatten. Segelsetzen im Hafen, weil man mit dem Außenborder
gar nicht rauskäme, war neu für die meisten.
Nicolas hat dann doch ein schönes Plätzchen gefunden,
wo man windgeschützt ein Boot anbinden kann, um das Tuch in
Ruhe hochzukriegen. Aber dann hieß es eben, Salty
läuft nicht aus, also läuft niemand aus. Doch von
Frieda kam der Vorschlag, mit einem der Außenlieger ein
paarmal auszulaufen, damit alle Gäste, die das
möchten, das Spektakel erleben können. Wie war denn
das so, Martha?“
Martha: „Total super. Aber überhaupt kein Problem -
das sah auf dem Steg spektakulär aus, doch ich hab kaum was
Besonderes gespürt. Segel Setzen im Yachthafen, dann mit
Vollzeug, Schräglage und sechs Knoten Anlauf auf die
Hafenausfahrt nehmen. Dort gab es dann zwei, drei Wellen genau von
vorne, und das waren keine ganz kleinen Wellen - es hat
tüchtig gespritzt. Aber mit Nicolas an der Pinne konnte ja mal
gar nichts schiefgehen. Dann sind wir ein Stück gegenan
gehoppelt, gewendet und zurück in den Hafen gesurft. Das Ganze
gab es insgesamt fünf Mal, mit wechselnden Crews und
Rudergängern. Es wurde aber auch klar, dass die Gäste
ohne ihn da zumindest nicht ohne Angst rausgefahren wären.
Alles richtig gemacht, würde ich sagen.“
Paula: „Das werden wir uns für künftige
Flottillentörns gut merken, Nicolas und ich: Dass wir bei
kniffligen Bedingungen lieber erstmal mit einem Boot und reichlich Crew
testen, bevor wir uns alle auf den Weg machen. Es wäre ein
toller Segeltag geworden, aber es war auch die richtige Entscheidung im
Sinne der Allgemeinheit, dass wir in Bogense geblieben sind. Die
Gäste bekamen alle, was sie wollten. Und ich war über
einen freien Tag jedenfalls nicht böse.“
Oliese: „Ich ja auch nicht. Zumal es ja dann superentspannt
weiterging nach Korshavn: Flaute aussitzen, ein Ründchen
kreuzen, weil plötzlich Ost war, und bis in die Bucht segeln.
Meine Skipperin hatte jedenfalls einen Riesenspaß.“
Frieda: „Oh ja, an dem Tag sind wir ja auch zum ersten Mal
ganz ohne Motor ausgekommen.“
Paula (leicht verstimmt): „Jaja. Nicolas und ich hatten
jedenfalls absolut keinen Nerv auf Flautengedümpel. Eineinhalb
Stunden motort, na und? Da konnten wir jedenfalls schon eure
Liegeplätze auskundschaften.“
Salty: „War aber kein so toller Tag für dich, ne,
Paula?“
Paula (kichert): „Da kennst du dich ja aus mit nicht so
tollen Tagen, Salty. Du mit deinem mackigen Steven.“
Salty (kleinlaut und leise): „Ist ja schon gut. Jedenfalls
war der Schlag nach Korshavn für einen angekündigten
Regentag erstaunlich trocken, und dann haben wir sie alle auf Landgang
geschickt, weil sich das da ja wohl richtig lohnt.“
Martha: „Korshavn ist nämlich da, wo man unter allen
Umständen auf jeden Fall hinfahren muss, weil es dort so
wundervoll ist, was aber zum Glück nicht alle wissen, sondern
nur wissen, dass man zum Klo eine Fahrradtour machen muss, und so gibt
es dort Platz für uns fünf. Und ich war dieses Jahr
schon zum zweiten Mal da.“
Paula: „Hast du's gut. Leider stand die Frage im Raum, wie es
dann weiter gehen sollte: Nächsten Tag Flaute,
übernächsten Tag Starkwind - eine mittelgute
Prognose. Wir sind dann gegen Mittag einfach mal ausgelaufen, aber
trotz
wackeren Segelns kamen wir nicht dauerhaft aus dem Flautenloch zwischen
zwei Windfeldern raus. Da war erstmal nichts zu machen, wir mussten uns
unserer Außenborder erinnern und eineinhalb Stunden Gebrauch
davon machen. Da waren wir immerhin schon in Ballen, und es war klar,
dass das Motorgetucker hier ein Ende haben würde.“
Salty: „Aber nicht so, wie meine und die anderen Crews das
erwarteten, weil Paula nämlich über Funk etwas von
Siebenerpäckchen im Hafen, aber schönem Wind
für den Dämmertörn nach Langør
durchgab. Wir Boote sind ja immer fürs Weitersegeln - die
letzte Crew war erst überzeugt, als sie dort in Ballen erstmal
ums Eck guckte und wir auf einmal mit sechs Knoten
lossausten.“
Paula: „Das war nach hintenraus vielleicht der
schönste Segeltag der ganzen Reise. In der Abendsonne bei 4-5
in den Stavns Fjord zu kreuzen ist ja nicht einfach nur Segeln. Das ist
Hochgenuss. Kaum zu übertreffen. Und es hat den Tag mehr als
gerettet, der ja unser 'Blick-aufs-Kattegat'-Tag war. Zur
Krönung haben wir dann auch noch einen richtig guten Anleger
in der hintersten Ecke hingelegt, die frei war, als hätte
jemand sie extra für uns reserviert. Nicht ganz einfach
reinzukommen - Nicolas ist dann gleich noch bei allen Booten
aufgestiegen, weil ich da ja relativ schutzlos längsseits auf
Legerwall lag und meine Schwestern mir und einander nicht in die Seite
fahren wollten, unser Vertrauen in die Künste der Charterer an
dieser Stelle aber nicht gerade riesig war. Der kleine Seiltanz zum
Aufsteigen wurde auch von allen begrüßt,
schließlich lagen wir da gemeinsam, und jeder, der
vorbeiging, sprach von Folkebooten und davon, wie schön wir
seien.“
Frieda: „Der Sonntag begann wie angekündigt mit
Gepuste und Regen. Niemand hatte etwas dagegen, im Hafen zu bleiben.
Pause für uns. Am Nachmittag klarte es auf.“
Salty: „Fahrradtour für meine
Gäste.“
Paula: „Ich hab Nicolas Pfannkuchen gemacht. Das war ein
bisschen wie früher, als ihr vier noch nicht mit dabei ward.
Er hat sich gefreut wie ein kleines Kind, allein schon
darüber, dass wir schon wieder in Langør sein
durften. Und dann auch noch Pfannkuchen. Die Gegend und der Hafen waren
ja auch insgesamt viel zu entzückend, um in der
Dämmerung anzukommen und morgens gleich wieder abzuhauen.Und
dann waren wir Boote der Meinung, es sei an der Zeit, die weitere
Törnplanung zu übernehmen.“
Martha: „Damit das Ganze nicht zu einer kuscheligen
Wohlfühl-Tour mit kurzen Schlägen zu austauschbaren
Orten geriet.“
Oliese: „Und da hatte Paula die weltbesten Ideen. Zum
Beispiel Musholm - sie war als Einzige von uns allen, Crews und Boote,
schonmal da. Paula kennt sich aus und weiß die besten
Ziele.“
Paula: „Wir wurden ja weiterhin ständig bestaunt und
bewundert und die Gäste auf die vielen schönen
Folkeboote angesprochen. Morgens erkundigte sich eine Frau bei Marthas
Skipper, wo es hingehen solle. Er sagte was von Musholm, und sie
meinte: 'Oh nein! Fahrt da bloß nicht hin! Das ist ganz
schrecklich da! Da gibt es NICHTS! Nur Sandstrand.' Er solle doch
nochmal mit dem Törnplaner reden. Nun, mit mir hat er nicht
geredet, sondern war endgültig überzeugt.“
Martha: „Es musste bloß noch das Ablegen gelingen.
Da hatten einige die Hosen voll, wie sie selbst sagten.“
Paula: „Das pfiff nämlich ganz schön durch
den Hafen, und wir lagen da schön auf Legerwall und mussten
nicht nur von der Pier weg, sondern auch noch Richtung ausfahrt gedreht
werden. Natürlich hatten wir eine schöne lange
Luvleinen zur Außenmole, und damit kamen wir mit ein bisschen
Muskelkraft...“
Frieda: „War ja schließlich ein
Aktivurlaub!“
Paula: „...vom Steg weg, und den Rest erledigte der Wind.
Anschließend war es ein toller Ritt. Zeitweise
mächtig Welle, aber wir mussten nicht all zu viel
Höhe Laufen, das machte es angenehm. Sah aber
spektakulär aus.“
Salty: „Und irgendwann tauchte da vor uns so eine
unscheinbare Insel aus, kaum mehr als eine Sandbank mit einer ziemlich
rasierten lehmigen Steilküste. Auf deren Leeseite sollten wir
also hin - und fanden einen ordentlichen, leeren Steg. Und sonst war da
eben Nichts: Genau was die Gäste brauchten. Außer
uns Booten natürlich - aber wir waren ja da.“
Paula: „Und abends kam wahrhaftig noch Amazone angeschippert
und ging vor Anker. Das hatten wir abgesprochen, aber deren Crew wusste
das ebensowenig wie meine, das hätte also auch schiefgehen
können. Hat aber geklappt - und so bekamen die Gäste
einen schönen Traditionssegler als Kulisse, und Nicolas sah
nach langer Zeit mal wieder Elena, eine gute Freundin, die da als
Bootsfrau mitfuhr. In Kappeln hatten die beiden sich mal wieder gerade
so verpasst, also trafen sie sich auf Musholm. Zumindest für
ein Gläschen Wein nach Sonnenuntergang.“
Frieda: „Paula, du hast das ganz geschickt
ausgewählt mit Musholm. Nicht nur, weil es so ein
einzigartiger Ort ist - wir mussten dann zur
Großer-Belt-Brücke ordentlich Höhe laufen
am Anfang, und das kann keine so gut wie du. Da kam selbst ich mit
allem perfekten Trimm nicht mit.“
Paula: „Oli schon. Die war nicht einzuholen bis zum
Thurø Rev.“
Oliese: „Wir hatten uns ja auch aneinander gewöhnt,
meine Einhandseglerin und ich. Dann konnte sie auch noch in Ruhe die
Segel setzen, angebunden am Pfahl, ohne störenden Hafen oder
Verkehr drumherum. Früher Start, Fallen perfekt durchgesetzt,
von Start bis Ende vorneweg - so mag ich das.“
Paula: „Wir mussten uns ja auch ein bisschen ranhalten,
hatten die Gäste auch extra früh aus den Kojen
gescheucht, denn es saß uns eine angekündigte Flaute
im Nacken, die dann gar nicht kam. Fünfunddreißig
Meilen weiter - wir waren wacker gegen enorme Strömung in den
Svendborg Sund gekreuzt - bekam ich meine Geduldsprobe. Nicolas hatte
die doofe Idee, dass wir in Svendborg liegen könnten. Dass es
dort im Sommer pickepackevoll ist, hat er erst eingesehen, als wir
einmal durch den kompletten Hafen gesegelt waren. Immerhin gesegelt, es
wurde nicht noch gutes Benzin vergeudet. Dann durften wir endlich das
tun, was wir uns sowieso vorgenommen hatten.“
Salty: „Nämlich vor Troense im Päckchen zu
ankern.“
Martha: „Das werden wir bestimmt noch häufiger tun
in Zukunft.“
Frieda: „Das war nämlich so toll, meinen
aufgegebenen Anker war es auf jeden Fall wert.“
Paula: „Das war wieder so eine Schnapsidee von Nicolas: Wir
liegen an der Mooringboje, die Außenlieger haben
zusätzliche Anker daneben, und dann gibt es auch noch einen
Heckanker. Der ganze Zirkus nur, damit wir Boote nicht im Wechsel der
Gezeiten unsere Pirouetten drehen. Aber genau das war ja unser Plan,
und den haben wir natürlich auch umgesetzt. Morgens war dann
erstens der Heckanker obsolet und zweitens Friedas Anker unter das
Kabel der Mooringboje gerutscht. Drei starke Männer konnten
immerhin die Leine und den Schäkel retten, Anker und Kette
werden dort jetzt lange an uns erinnern. Aber wie sagte Nicolas: Die
Leine ist das Teuerste.“
Oliese: „Dein Schlauchboot ist übrigens Gold wert
bei solchen Aktionen. Klo, Dusche, Landgang, alles, was den
Gästen so wichtig ist - kein Problem.“
Salty (kichernd): „Wobei das schon extrem lustig aussah, wie
Friedas Crew mit dem kleinen Ding zu zweit losgepaddelt
sind.“
Frieda (das Kichern unterdrückend): „Nun lass mal,
Salty - auf dem Rückweg sah das doch schon erheblich eleganter
aus.“
Paula (lächelnd): „Ist halt n kleines Schlauchboot.
Ich hab ja auch nur n kleines Kajütdach, auf dem es
wohnt.“
Martha: „Stadtbummel in Svendborg gab es dann ja trotzdem
nach dem ganzen Stress mit dem Anker. Perfekt getimt, gegen elf Uhr
waren zufällig mal fünf Plätze im Hafen.
Wenn man Menschen ein bisschen kennt, ahnt man, dass sie in Svendborg
gut und gerne einen ganzen Tag verbringen könnten mit shoppen
und bummeln und flanieren, und abends ausgehen und so. Aber bitte im
Juni und September. Nicht im Juli, wenn im Hafen so ein Rummel und
Radau ist. Als wir um eins wieder ablegten, drehten die Joghurtbecher
schon Kreise wie die Geier.“
Paula: „Und wir bekamen an einem ausnahmsweise mal richtig
sommerlich-warmen Tag drei unübertreffliche Segelstunden.
Immerhin siebzehn Meilen, reich an Abwechslung und optischen Reizen,
zügige Fahrt ohne Stress und Ruderdruck. Und dann kam der
Oberclou. Nicolas konnte sich kaum beruhigen in seiner
Euphorie.“
Oliese: „Die Frage war ja: Wo gibt es in der Jahreszeit der
nervigen, vollen Häfen einen Ort, den wir ganz entspannt
für uns allein haben.“
Martha: „Unsere Antwort: Ommel. Da traut sich keiner hin,
weil es unbetonnt und ja auch echt flach ist, aber wir waren inzwischen
oft genug da, um zu wissen: passt. Und siehe da: Wir waren wirklich die
allereinzigen Einzigen, die an diesem Nachmittag dorthin
segelten.“
Paula: „Ich glaube, wir waren da alle in Bestform. Ich bin
zum Beispiel dreißig Grad am Wind zügig gesegelt,
nach einem einzigen Holeschlag geradewegs auf die Pier zu, und bin
dabei selbst akurat Ruder gegangen, während Nicolas die Fender
rausgehängt und per Funk seinen Gästen den Weg
beschrieben hat. Und Salty fuhr die ganze Zeit direkt hinter mir her.
Hey, Salty, du kannst ja richtig Höhe laufen.“
Salty: „Wir waren eben alle in Bestform. Die Gäste
auch. Und die Belohnung war reichhaltig: Die gingen nach dem Anlegen
von Bord, setzten sich an die Tische, mit großen Augen und
offenem Mund, und sagten: Das ist soooo schön hier!“
Frieda: „Ja, es war toll und phantastisch und was noch alles,
nicht wahr? Und wo, wenn nicht in Ommel, konnten wir sicher und gut
liegen? Da hat früher die halbe Marstal-Flotte
überwintert. Drüben in
Ærøskøbing lagen die Yachten dicht an
dicht - wir hatten traumhafte Ruhe.“
Oliese: „Und
hintereinander fünf der bezauberndsten Orte Dänemarks
abgeklappert - das soll uns erstmal ein Törnplaner
nachmachen.“
Paula: „Eine kleine Fußnote
zu Ommel: Im Hafenhandbuch steht, dass es dort wirklich NICHTS gibt.
Nicht mal einen Sandstrand, schon gar kein Klo, keinen Strom, keine
Dusche. Die Wahrheit ist, dass dies alles (außer dem Strand)
vorhanden ist, es im Dorf einen gemütlichen Kro gibt und man
darüber hinaus auch noch einen schönen Spaziergang
nach Marstal machen könnte, um dort die schöne Stadt
und den riesigen, vollen, wühligen Hafen zu bestaunen. Aber
diese Informationen behalten wir für uns, damit Ommel auf ewig
unser Geheimtipp bleibt. Denn dieses Vergnügen gibt es nur mit
uns!
Für die letzten beiden Tage mussten wir uns noch etwas
einfallen lassen. Für Donnerstag waren Gewitter
angekündigt mit schweren Böen. Nicolas und die
Gäste waren vorsichtig, und es konnte ja keiner Wissen, dass
das Schietwetter gar nicht zu uns kommen würde. Gleichzeitig
konnten wir nicht einfach in Ommel bleiben: Wir brauchten einen guten
Ausgangspunkt für den Rückweg in die Schlei. Ich
hatte dann die Idee, vormittags schnell noch nach Søby zu
gehen. Das klappte supergut, wunderbar entspanntes Segeln, und am
nächsten Tag sollte da auch für die Rücktour
gelten, als der Wind erst kurz vor der Schlei einschlief. Nun
fällt Søby ja vollkommen aus dem Rahmen unseres
Programms, weil der Ort wirklich gar nichts hergibt und der Hafen zwar
hübsch gemacht ist mit Spielkram für die Kinder uns
so, aber ansonsten nicht mehr ist, als ein beliebiger Hafen.
Nach dem
Anlegen schickte ich die Crews zurück nach Svendborg - per Bus
und Fähre. Dass die so begeistert von der Fotoausstellung sein
würden, hatte ich gehofft und insgeheim erwartet. Von der
extra Überraschung, dass das eigentliche Prunkstück
der Ausstellung dieses Bild von uns fünf im hellen Streifen
unter der mächtigen schwarzen Wolke sein würde, habe
auch ich nicht gewusst. Da war Nicolas mal wieder zu Tränen
gerührt. Hat er erzählt.“
Martha: „Und dann waren wir also zurück in der
Schlei.“
Frieda: „Bereiteten uns vor für die
nächsten Gäste.“
Salty: „Die nichts von dem ahnten, was wir erlebt
hatten.“
Paula: „Sich freuten auf ihren eigenen Urlaub.“
Oliese: „Und damit begann die nächste
Abenteuerreise.“
weiter: Der
magische Grill