Winterarbeit
Ein Holzboot zu besitzen, bedeutet: Man hat zwei Leidenschaften, nicht
nur eine, oder es hat keinen Sinn.
2008-12
2012-13
2013-14
2014-15
2008-12 - Lernen und Experimentieren
Unerfahren mit Segelei und Bootsbau, musste ich Paula erstmal
gründlich kennenlernen, unschöne
Überraschungen inklusive. In "Paulas Bordkochbuch" ist
nachzulesen, in welche Panik ich geriet, als ich erstmals das viele
Wasser in der Bilge sah. Schnell stellte sich heraus: Je mehr Lage,
desto mehr Wasser. Und ganz schlimm wurde es, wenn die Scheuerleiste
eintauchte. Ich kann das übrigens nur empfehlen, ein frisch
erworbenes Boot erstmal ausgiebig zu segeln und erst dann zu
entscheiden, was als Erstes instandzusetzen ist.
Im Herbst nach der ersten Saison nahm ich also besagte Scheuerleiste
ab. Und so fand ich heraus, warum zwischen oberer Planke und Deck so
viel Wasser eindrang: Die Verbindung war auf beiden Seiten auf der
gesamten Länge undicht. Das wurde dann provisorisch mit Epoxi
verspachtelt, hier und da in allzu große Löcher ein
Stückchen Holz eingesetzt, und das Debakel hinter einem krude
zurechtgeschnibbelten Streifen Glasfaser verborgen. Es verschwindet ja
ohnehin unter der Scheuerleiste. Das Provisorium hat sich gar nicht
schlecht bewährt, inzwischen habe ich es durch Ausleisten ein
wenig verfeinert und denke, dass es jetzt dauerhaft hält. Die
Alternative, es perfekt zu machen, eine neue Planke einzusetzen und
womöglich noch das Sperrholz zu erneuern, hat bei anderen
Booten schon dazu geführt, dass auf halbem Wege das Budget an
Zeit und Geld aufgebraucht war, so dass das Boot nun in der Halle
herumsteht - dann lieber ein gesundes Provisorium.
Die unscheinbare Leckage an der dusseligen ins Deck eingelassen
Aufnahme für den Flaggenstock sorgte für ein
wesentlich ärgerlicheres, weil vermeidbares, Desaster. Da war
neben zwei Quadratmetern Sperrholz auch gleich noch ein neues
Eichenknie fällig. Sowas ließ ich damals noch vom
Tischler anfertigen.
Bis 2012 überwinterte Paula auf dem Bauernhof,
draußen unter einer Plane, zeitweise auch in der Halle oder
im Folientunnel. So ein Winterlager ist kostengünstig, aber
sehr
witterungsabhängig. Ich kann mich an Wochenenden erinnern, an
denen so gut wie gar nichts voranging und ich nur die Unterkonstruktion
der Plane vor dem Druck des Schneematsches rettete. In einem Jahr
gerieten wir in die warme Schönwetterperiode des April, im
Folientunnel war es staubtrocken bei 50°C, und ich fuhr das
Boot nach draußen, so schnell es ging. Da flog mir dann
allerdings der Staub auf den frischen Lack.
Fernab
jeglicher
bootsbauerischer Beratung bastelte ich bisweilen an Paula herum,
anstatt
ordentliche Arbeit zu leisten. Wir haben trotzdem Einiges geschafft:
- neue Backskisten, groß und mit Unterteilung, damit nicht
alles ständig durcheinander fällt. Manko:
Für Mahagoni-Vollholz fehlte mir eine Bezugsquelle, also sind
sie aus Sperrholz, und die Formgebung ist entsprechend schlicht. Aber
ansonsten sind sie großartig!
- diverse Ausbesserungen am Decksbelag
- Experimente mit Farben und Lacken (Le Tonkinois...davon lasse ich
inzwischen die Finger)
- Experimente mit der Optik: Paulas Rumpf war dunkelblau, dann
bonbonblau, viel zu bunt für meine Augen. Mit dem jetzigen
Grau bin ich immer noch zufrieden.
-
Einbau der Mesingfenster. Ob ich das schon bereuhe? Seinerzeit musste
das blind gewordene Plexiglas ohnehin neu, und zwecks besserer
Durcklüftung wünschte ich mir Fenster, die man
öffnen kann. Dass die die Silhouette so sehr
verändern würden, hatte ich nicht erwartet. Ist
überhaupt nicht "ogginal", aber immerhin ist Paula jetzt
einzigartig und besonders. Ich muss aber gestehen, dass ich die
Fensterchen nur sehr selten tatsächlich öffne.
- diverse Spanten geschäftet
- Reparatur des Ruderblattes. Das war bereits aus Sperrholz, als Paula
zu mir kam, und davon löste sich stellenweise die
Außenlage. Als ich das sah, ging ich zunächst
Schraubzwingen kaufen.
Ich habe auch mal aufs Schiebeluk, von dessen Sperrholz die
Außenlage weggeschliffen war, eine Schicht Leimholz Fichte
aus dem Baumarkt auflaminiert. Das sah nicht nur zum Weglaufen aus,
sondern konnte auch nicht lange halten. Der Leim ist für
Innenräume konzipiert, nicht für die Bedingungen an
Bord.
2012/13 - Umzug in die Bootswerft
Paula hat ein neues Winterquartier: Die Bootswerft
Grödersby von Stephan Ernst-Schneider. Eigentlich
war eine ganz große Aktion vorgesehen: Der Kiel sollte ab,
sämtliche Stahlbolzen durch Niro ersetzt werden. Ich konnte
mir das viele rostige Wasser in der Bilge nur so erklären,
dass hier etwas im Argen lag. Bei der Besprechung des Auftrags machte
Niels, der Bootsbaumeister, ein langes Gesicht: "Du hast ja schon neue
Kielbolzen." Das sparte mir einige tausend Euro, aber eine Frage war
noch nicht beantwortet: Warum macht Paula so viel Wasser?
Wir
fanden schließlich einen Bereich am Vorsteven, der einer
Reparatur bedurfte. Die Bolzen dort fehlten entweder ganz,
waren nur ein kurzes Stück eingeschraubt, oder sie waren
komplett verrostet. Ich gab auch gleich einen neuen Spant in Auftrag,
wo der alte gebrochen war. Zumindest ein wenig sollte die Werft ja
verdienen. Die Dichtigkeit des Rumpfes ließ sich durch diese
Arbeiten zwar nicht verbessern, immerhin aber seine
Stabilität.
Außerdem fertigte eine befreundete Bootsbauerin zwei neue
Bodenwrangen an. Die alten hatten wohl von den alten Kielbolzen einen
mitbekommen, die beim Rosten und Aufblühen die sie umgebenden
Wrangen geradezu gesprengt haben müssen. Wir leimten sie aus
zwei Hälften zusammen, um die Löcher für die
Kielbolzen nicht bohren zu müssen, sondern gezielt zu
fräsen. Das Einpassen war trotz aufwändig erstellter
Schablonen eine Geduldsprobe, aber die Mühe hat sich gelohnt.
Unterdessen widmete
ich mich kleineren Verschönerungen von zweifelhaftem Wert.
Immerhin, die Bilge zu lackieren war eine gelungene Aktion.
2013/14 - so langsam wird das was...
Dies war, nebenbei bemerkt, das Jahr der Wiederherstellung des
Schiebeluks in Mahagoni ohne Fichtenüberzug. Und Paula bekam
eine neue Mastspur. Urpsrünglich stand der Mast
auf
dem Kielschwein im Übergang zum Steven - die auftretenden
Kräfte werden so sehr ungünstig auf den Rumpf
übertragen, weil sie ständig an den
Kielnähten hebeln.
Dieses Problem verschärfte sich dann noch nach dem Mastbruch:
Der
neue Mast war ein Stück kürzer, was wir seinerzeit
durch
einen Sockel ausglichen - der natürlich als
zusätzlicher
Hebelarm wirkte. Ergebnis: Viel Wasser in der Bilge bei
Schräglage, nach einem pustigen Tag hält das
wochenlang an,
und so richtig dicht werden die Nähte danach nicht wieder.
Die neue Konstruktion orientiert sich an der Mastspur, wie sie die
Lind-Werft zumindest in späteren Jahren gebaut hat: Der Mast
steht
auf einem Eichenbrett, das auf den Bodenwrangen vor und hinter dem Mast
aufliegt und mit den Kielbolzen verschraubt ist. Das ist solide und
sorgt dafür, dass die Kräfte gut über den
Rumpf verteilt
werden. Dafür muss man natürlich dafür
sorgen, dass die
betreffenden Bodenwrangen in etwa gleich hoch sind. Das waren Paulas
nicht, ich musste also den Höhenunterschied ausgleichen und
außerdem die Kielbolzen mit Hilfe selbst
geschweißter
Muffen verlängern. Entstanden ist ein Riesenkasten - der
während der Saison nebenbei als Schuhregal dient.
Ergebnis: Der Rumpf ist zwar nicht wasserdicht, aber es ist ein
himmelweiter Unterschied zu vorher. Vielleicht sollte ich nun noch
einmal die bisher gnadenlos durchgewalkten Kielnähte erneuern.
Noch
mehr Leckagebeseitigung: Die Ecken vorne am Aufbau, ein neuralgischer
Punkt. Das Kajütdach hielt nicht mehr am Süll, das
ist aber
leicht zu beheben: Leisten ab. Durch Abklopfen mit der Fingerkuppe
findet man die Stellen, wo das GFK sich abgelöst hat. Ein
kleines
Loch bohren, mit der Spritze Epoxi rein, bis es anderswo wieder
rausquillt. Vorgang wiederholen, bis man einigermaßen sicher
ist,
dass alle Stellen gefunden sind. Leider gingen die Halbrundleisten
nicht zerstörungsfrei ab und mussten neu. In der Karnevalszeit
verkleidete Paula sich kurzerhand als gespickter Rehrücken.
Dies
war relativ schnell zu bewältigen. Doch inzwischen hatte ich
ja noch einige Folkeboote mehr - und Oliese lieferte ihren eigenen
Beitrag zum Thema "Leckagen und ihre Beseitigung." Bodenwrangen hatte
ich ja schon geübt. In Sachen Kajütdach und Laufdeck
fühle ich mich im Nachhinein schlecht beraten. Ich
hätte ihr Sperrholz aufs Dach schrauben und zwei Lagen
dünnerer Glasfaser daraufkleben sollen, das wäre
für den Anfang wesentlich leichter von der Hand gegangen.
Statt dessen ließ ich mich von der Profi-Variante
überzeugen: Leisten aufs Dach, darauf Ölpapier, damit
der Decksbelag sich nicht mit den Leisten verbindet, die ja noch
arbeiten werden. Darauf
eine Lage unfassbar dicker Glasfasermatte, die dann auch prompt
wesentlich mehr Epoxi aufnahm, als der Lieferant mir gesagt hatte. So
war das Ganze dann teuer und mit all den Nachbesserungen extrem
aufwändig. Das Ergebnis ist hier ein bisschen wellig, da
gewaltig uneben - allerdings ist das in der folgenden Saison niemandem
so recht aufgefallen. Und: Oliese ist dicht! Schlimm genug, dass sie
das nicht von vornherein war, bei einem Chartertörn darf es
auf keinen Fall einregnen, aber ich darf auf jeden Fall sagen,
schnellstmöglich und umfassend Abhilfe geschaffen zu haben.
Und es war durchaus lustig, sie zwischendurch als Cabrio zu sehen. Zum
Karneval ließ sich sie in diesem Outfit aber nicht, dazu war
keine Zeit.
Fortsetzung: Winterarbeit
2014/15