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Familienurlaub, oder: Bei uns ist immer Folkeboottreffen

Pommery quält sich durch den beachtlichen Seegang, der sich aus der Flensburger Förde heraus auffächert. Erik staunt: Zuerst sieht er nur Paula, die deutlich abfällt und ihm zum Winke-Winke entgegensegelt. Dann erst bemerkt er die weiteren fünf Folkeboote in unserem Gefolge. Seine Begeisterung hält nur kurz: Vor dem Urlaub muss er noch ein paar Tage arbeiten und dazu zurück nach Eckernförde - es ist ein anstrengender Tag, der erschöpft auf dem elterlichen Sofa endet.

Juli 2020

Zu den Booten hinter uns gehören Salty und Frieda, deren Charterer die Woche als Flottille gebucht haben. Ich habe gesagt: Ja, das machen wir, aber ich bin auch mit Freunden verabredet. Also segeln wir dorthin, wo Lovis uns heute erwartet. Oliese ist mit uns durch die Brücke gegangen und will sich eigentlich der Gruppe anschließen. Aber da sind auch noch die GFK-Frida aus Arnis und Lulu, die wir in Kappeln an der Mooring gefunden haben.

Vor Skjoldnæs trennen sich die Wege: Lovis erwartet uns auf Skarø. Paula fällt ab, Frieda folgt. Salty steuert Søby an. Lulu und Frida segeln geradeaus weiter nach Avernakø, und Oliese fährt den falschen Booten hinterher. Bei West 5-6 ist Skarø kein ideales Ziel: Keinerlei Windabdeckung. Für Avernakø gilt das auch, aber ich weiß immerhin, dass es noch reichlich Platz gibt. Als Henri und Paula an der Einfahrt winken, ist die Großschot schon auf, und ein lauter, langer Aufschießer beginnt. Frieda geht es später defensiver mit Motor an. Auch sie hatte einen harten Tag: Der Ablaufschlauch der Bilgepumpe ist geplatzt, ein Schäkel an der Großschot gebrochen, eine Koje fliegt auseinander. Mit einem neuen Schäkel, einigen Wicklungen Gaffertape und ein paar Spaxschrauben lässt sich das schnell und ausreichend beheben.

Landgang auf Skarø heißt natürlich: Eisessen - wir nehmen ja an einem Familienurlaub Teil, und das wunderbare daran ist, dass für die Lovis-Crew die touristischen und kulinarischen Höhepunkte genau so eine Rolle spielen, wie der Segelspaß. Der ist heute ohnehin nicht so groß - als Salty es endlich nach Skarø geschafft hat, nehmen wir uns mangels Wind nur die fünf, sechs Meilen zum Drejø Gamle Havn vor. Und hier beginnt unser neues Spiel: Folkeboote sammeln.

Wer ist nur das Boot, das vor uns auf das Wäldchen zuhält, in dem sich der kleine Hafen verbirgt? Große Überraschung: Es ist Lene mit Hille und Michael. Wir parken den Hafen erstmal zu, später ergibt sich noch die eine oder andere freie Box, als die Dänen genug getrunken und gegrillt haben und auf ihre Motorboote steigen - die Charterer von Admiral Jacob, die zu später Stunde ins Päckchen gehen, steigen über Paula, Frieda und Salty gemütlich und beinahe barrierefrei an Land.


Potenziell steht die Community allen offen, die mit einem F im Segel herumfahren. Natürlich ahnt das nicht jeder, und es möchte auch gar nicht jeder. Für meine Charterer ist es ein großes Vergnügen, so selbstverständlich dazuzugehören. Mikes Gäste von Admiral Jacob wirken gehemmt - klar, sie sind nicht auf unser wanderndes Folkeboot-Treffen eingestellt, und als wir gemeinsam ihr Boot längsseits ziehen, legen sie Wert auf die Entschuldigung, sie seien keine Profis. Wissen wir, wir kennen ja das Boot, herzlich willkommen.

Entstanden ist der Klüngel in den letzten Jahren: Folkeboottreffen in Arnis, Winterlager, Svendborg Classic Regatta sind die Knotenpunkte. Das Folkeboot ist etwas für Individualisten - aber wir haben trotzdem nichts gegen Geselligkeit. In den letzten beiden Jahren hat sich aus dem großen Kreis von Folkeboot-Seglern eine Kerngruppe von Freunden ergeben, bestehend aus Pommery, Paula und Lovis.

Angesichts des schraddeligen Juliwetters verzichtet Lovis dieses Jahr auf Abenteuer wie Fyn rund, sondern vertreibt sich mit kleinen Schlägen in der dänischen Südsee die Zeit. Zum Auftakt ging es nach Schleimünde. Pommery und Paula waren da, dazu auch Martha und Frieda sowie Lord Jim und Luksus - Folkeboottreffen in der Seilfähren-Ecke. Die heißt so, weil wir da letzten September in zweiter Reihe lagen und der Innenlieger offensichtlich nicht mochte, dass die Kinder durch sein Cockpit an Land trampelten, also bauten wir mit Paulas Schlauchboot eine Seilfähre als eigenen Stegzugang. Als nächste Station verbrachte Lovis zwei Tage in Sønderborg. Pommery und Paula kamen zu Besuch. Das nächste Treffen war auf Strynø. Und jetzt müssen wir zwar auf Erik und Pommery verzichten, verbringen aber die ganze Woche zusammen und nehmen gerne den Anhang aus Lene, Salty und Frieda mit.

Ich finde, wir sollten zwischendurch auch ein paar Meilen segeln. Zum Beispiel nach Falsled, wenn es gut läuft, und Dyreborg, falls es nicht läuft. Der Wetterbericht ist uneindeutig. Vor Avernakø Yachthafen trennen sich die Wege, wir müssen uns entscheiden. Lovis hat genug Regen gehabt. Salty möchte weitersegeln. Frieda ist nicht zu verstehen, Lene hat keinen Funk. Der Regen hört auf, der Wind flaut ab, das spricht aus meiner Sicht eindeutig für Dyreborg. Wir segeln eine Platzrunde - Fazit: Kein eigener Stegplatz für keinen von uns, wir müssten alle bei Fremden längsseits gehen, das ist nicht ideal. Was nun? Warum nicht erstmal auf Bjørnø anlegen und in Ruhe beraten?

Übernachten können wir dort nicht, zu ungeschützt und unruhig. Aber weil gerade die Sonne herauskommt, gibt es Badespaß für alle, die es möchten. Ein dänisches Folkeboot liegt schon dort, mit sechsköpfiger Familie. Die Eltern freuen sich, dass wir so geballt ankommen, zumal Oliese zur Kaffeepause an einem der rostigen Eisenpfähle festmacht. Als wir uns entschließen, rüber nach Faaborg zu gehen, segeln zwei weitere Holzfolkes von Osten her dorthin. Erwartungsgemäß treffen wir sie in der hintersten Ecke des Stadthafens, wo die Boxen so eng sind, dass die modernen Fahrten- und raumschiffartigen Motoryachten nicht reinpassen. Es sind Lord Jim und Juno. Kein Folkeboottreffen wegen Corona? Ach was. Bei uns ist immer Folkeboottreffen. Wenn auch ohne Livemusik. 

Grillwetter ist auch nicht, es regnet auf die lange Reihe von Kuchenbuden. Zu acht gehen wir Pizza essen. Henri, Paula und Thorsten möchten zur Nachspeise das obligatorische Eis. Annette, Hille und Michael waren noch nie in Faaborg und würden sich gerne die Stadt angucken. Die Pizzeria ist direkt neben dem Marktplatz. Ich zeige Richtung Klockenturm und sage: "Da ist die Stadt. Habt ihr gesehen? Ja? Dann können wir ja..." Thorsten ergänzt: "Eisladen."

Nach 5-6, schwach umlaufend und regnerisch führt uns der schönste Segeltag der Woche nach Marstal, und das liegt neben dem mäßigen Westwind daran, dass ich darauf bestehe, statt der kürzesten Strecke nördlich an Bjørnø, Avernakø und auch Skarø zu segeln, um im Højestene Løb zur Auflockerung ein bisschen Höhe zu laufen. Brav ziehen die Schauer westslich, östlich, südlich und sonstwie an uns vorbei. Marstal ist rappelvoll. Paula und ich segeln eine Dreiviertelstunde unter Vollzeug im Hafen auf und ab. Lovis setzt Henri ab, um vom Steg aus freie Boxen auszukundschaften. Wir müssen uns ein bisschen in schwer zugängliche Ecken puzzeln, finden aber alle einen Platz. Auch Oliese, die kurz nach uns eintrifft. Es grummelt nach Kuchenbudenwetter, doch das Gewitter zieht weitgehend vorbei. Die Mädchen auf dem Spielplatz und die Abendsonne werfen lustige Schattenspiele auf unseren Deckssalon.

Lene wollte uns eigentlich Richtung Falsled verlassen. Da wären die aber mitten ins Unwetter gekreuzt, also entschieden sie sich für Strynø. Und dort versagte der Außenborder. Also ging es nach Marstal, weil es dort ja eine Motorenservice gibt. Liegeplatz? Kein Problem. Den Abend verbringe ich auf Lovis' Achterdeck, die Familie sitzt im Cockpit, Michael und Hille nebenan auf Lenes Vorschiff, das gut abgefendert in die Box piekst. Ein bisschen prekär sieht das Weinglas auf dem Bugbeschlag schon aus... Motorenservice gibt es auch - ich sehe mir das Ding an, experimentiere herum und finde den Fehler und die Lösung: Den Fehler in der Benzinzufuhr, die Lösung im Gebrauch des Tagestanks.

Lene und Frieda haben noch eine Woche Urlaub. Salty, Paula und Lovis müssen zurück. Also geht es Donnerstag nach Schleimünde. Viel Flautengedümpel und merkwürdige kreisförmige Wolkenformationen, die ich noch nie gesehen habe, zuletzt noch zwei Stunden Außenborder - dann treffen wir endlich auch mal wieder Pommery -  Urlaubsauftakt für Erik. Das Folkebootesammeln wird wohl weitergehen.

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