Der Sommer endet, und der Herbst beginnt mit einer
Hitzewelle und dem letzten Flottillentörn der Saison. Es ist
unsere dreizehnte. Die ausgebuchte anschließende Woche endet
am Freitag, den 13. September. Ich bin nicht abergläubisch.
Dennoch muss ich schlucken, als ich folgenden Satz formuliere:
„Bisher ist jedes Boot rechtzeitig zurückgekehrt,
und jedes beschädigte Boot konnte am nächsten Tag
wieder weiterfahren – ich bin da ein bisschen stolz
drauf.“ Ich beschließe, ihn erst nach Saisonende
hochzuladen. Doch dann kommt die Realität und teilt mit: Hat
sich erledigt, ich brauche ihn gar nicht mehr hochzuladen.
Mehr oder weniger beschäftige ich mich
mit Segeln. Am Wochenende Einweisungen und was dazu gehört,
danach Freizeit. Aber immer ist irgendwas: Meistens sind es 6er
Böen, und mir ist eher nach Schönwettersegeln zumute.
Dann kommt plötzlich doch noch eine Hochdrucklage –
schlagartig sind die Häfen voll, es ist zu heiß, und
fast ohne Wind kommen auch nicht eben viele Meilen zustande. Beim
Klinker Cup wollen wir mit neuem Konzept mehr segeln und tun es
weniger, nämlich nur zwei Stunden gemeinsamen Segelns, aber
auch das hat ein bisschen mit dem Wetter zu tun. Die großen
Glücksmomente spielen sich sowieso oft nicht auf hunderten von
Seemeilen, sondern wenigen Kabellängen ab.
Juli
2024 Im Sommer ist Nacktbaden verboten
Ich
finde, man muss auch mal eine Insel komplett umrunden. Dieses Jahr ist
das bisher zu kurz gekommen, es fehlten immer diverse Meilen, um den
Kringel zu schließen. Jetzt, auf der zweiten Etappe
Sommerreise,
wollen wir es angehen: Die Insel nicht nur runden, sondern die
herrlichen Kreidefelsen sowohl von See als auch beim Landgang
genießen. Ob das klappt? Die Witterung bleibt
unbeständig
– Gehirnschmalz ist gefragt.
Gerade erschienen: Heft 13/2024 der Zeitschrift YACHT.
Darin
enthalten ist ein schöner Artikel über unsere
letztjährige Sommerreise zu den Blekinge Schären.
Zielgruppe
sind sowohl Segler, die sich auch ein so sehenswertes Revier
erschließen wollen, als auch Charterer mit Interesse an
unseren
künftigen Sommerreisen.
Keine
Schären diesen Sommer: In zwei Wochen von Arnis nach
Thurø
ist die einzige Vorgabe. Das ginge notfalls an einem Tag, aber
natürlich habe ich ein bisschen mehr vor: Viel zu segeln, ohne
uns
mit endlos langen Schlägen zu überfordern, und dabei
nur die
schönsten und allerschönsten Häfen
abklappern. Wo ginge
das besser als im Lille Belt und weiter nach Samsø? Dort
werden
wir sehen, wie wir uns am geschicktesten nach Svendborg hangeln. Doch
wieder einmal gestaltet das Wetter den Absprung aus der Schlei ein
wenig mühsam. Ich ahne nicht, dass ich später von
unserer
bisher gelungensten Reise sprechen werde!
Vier
Böen fünf ist durchaus schon Wind. Hoppelwelle und
Spritzwasser erwischen uns aber nicht gleich am Leuchtturm, sondern die
erste Gischtfontäne kommt erst fünf Minuten
später.
Gleichwohl bedanken sich die Gäste für den Tipp, das
Ölzeug besser schon vorm Auslaufen anzuziehen. Ich selbst
beherzige ihn nicht und werde ein bisschen nass. Am Ende der 25
Seemeilen sind Arme und Beine träge, die Frisur zerzaust. Die
Gesichtshaut spannt unter der Salzkruste, der Kopf ist befreit von
jeglichem Frust (dazu weiter unten) – und wir haben die
Idylle
Korshavns ganz für uns!
Auf dem zweiten Downwind schwächelt der
Wind.
„Och nö“, sagt Paula,
„kein‘ Bock auf Flaute jetzt.“ Wir lassen
die Anderen weiter die Bahn absegeln, kehren um und kreuzen alleine
zurück zum Hafen. Das beschert mir, wovon Paula
spürt, dass ich es brauche: Rund ums Anlegen einfach mal zehn
Minuten meine Ruhe. Danach bin ich wieder klar und bereit für
den Rest meines langen, geselligen Tages.
Der Plan für die
Pfingstwoche ist einfach: Drei unbeschwerte Tage im Grünen.
Stadtbummel. Pünktliche Rückkehr nach Arnis.
Verbunden wird dies durch abwechslungsreiche Tage auf dem Wasser mit
viel unbeschwertem Schönwettersegeln und einer Prise
Abenteuer.
Sonntag zwölf Uhr mittags: Der
Südost
hat sich
beruhigt und auf Süd gedreht, wir verlassen erleichtert
Maasholm
und die Schlei. Martha, Oli und Salty sind vorneweg. Frieda haben wir
beim Segelsetzen überholt, Admiral Jakob wabert auch um uns
herum
mit dem gleichen Ziel Marstal. Halber Wind und alte Welle gegenan
– nicht meins, ich richte mich auf eine lange, langweilige
Geduldsprobe ein. Ich habe aber beim Briefing gesagt: Kein Segeltag
ohne Überraschungen. Oh, wie recht ich mal wieder habe!
April
2024 Saisonstart: Wollen wollen, ohne zu
können
Wie beschreibe ich diesen
Saisonstart und seinen Vorlauf? Ich wollte wollen, aber ich konnte
nicht. Macht das Sinn? Wahrscheinlich erst, wenn ich die Sturmflut im
Oktober erwähne – ich war nachhaltig traumatisiert.
Hatte tief verinnerlicht: In der Halle sind die Boote sicher! Habe mich
null auf die Segelsaison gefreut. Entsprechend freudlos verlief der
Winter. Immerhin, ich habe irgendwie funktioniert und alles
fertiggekriegt.
Seit dem ersten Tag im Hafen, das ist jetzt
knapp vier Wochen her, fühle ich mich erheblich besser. Der
Winter war nass, das hat für Holzboote erhebliche Vorteile,
denn keine brauchte eine Tauchpumpe. Mit Segeln war gleichwohl nicht
viel: Es war mir entweder zu kalt oder zu nass oder zu windig
für eine Spaßrunde. Ich habe dann ausgenutzt, dass
die Chartersaison mit drei aufeinanderfolgenden Trainings ohne
Übernachtung an Bord begann – wir konnten jeden Tag
ein anderes Boot nehmen und ausprobieren, ob alles funktioniert und
jede Leine klarläuft.
Bilanz am ersten Mai: Drei glückliche
Crews waren bei reichlich Wind und Sonne schon in Dänemark.
Als Nächstes kommt ein kleiner Einweisungsmarathon vor dem
ersten Flottillentörn – auch Paula und ich machen
endlich wieder einen Ausflug.
Dezember
2023 Regent's Canal
London kurz vor Weihnachten: An meinen drei
Urlaubstagen
möchte ich etwas völlig anderes machen, erleben und
denken möchte, als was mich den Rest des Jahres
beschäftigt. Es lässt sich nicht ganz durchhalten
– plötzlich bin ich wie so oft in jedem Sommer
derjenige, der das Boot anbindet, weil die Crew es nicht schafft.
Noch nie war ich so erleichtert: Wir sind alle
an Land und
in
Sicherheit. Die Sturmflut hat die Karten noch einmal neu gemischt,
jetzt werden wir sehen, wer was macht und wer es bezahlt. Der Zement
ist jedenfalls schon weggepickert, und wer sich fragt, was das bedeuten
soll, klickt auf den Link.
Wir haben die Sturmflut mit geringen Blessuren
überstanden: Salty war schon an Land, Paula ist
unbeschädigt,
die anderen drei mussten sich zuletzt gegenseitig helfen - das ging
nicht ohne Verluste an Scheuerleisten und Fußrelings.
Angesichts dessen, wie es anderswo aussieht, was in der Nacht
losgewesen sein muss und dass auch in Arnis ein Schiff auf Tiefe ging,
bin ich gut zufrieden mit diesem Ausgang.
Bis Ende Juli bestand meine Segelsaison beinahe
ausschließlich aus Flottillentörns –
manchmal anstrengend, meistens toll, immer in Begleitung. Den August
verbrachten Paula und ich in Begleitung diverser Freunde, kaum ein
Segeltag verging, an dem wir nicht zumindest auf dem Weg zum
nächsten Treffen waren. Als erneute Flottille sind wir an die
Schlei zurückgekehrt – für zwei Tage, dann
sausen Paula und ich wieder los. Ganz unter uns. Ob wir das
überhaupt noch können?
August 2023 Sturmtief
"Hans", der kürzeste Segelschlag überhaupt, und die
weltbeste Passagierin
Der Klinker Cup hat wieder stattgefunden. Am
Wochenende, da hatten wir
keine Zeit. Aber wir waren trotzdem in Faldsled, und es hat sich in
jeder Hinsicht gelohnt. Seit der Sommerreise sind wir erst sechzig
Meilen plus zwei Kabellängen gesegelt - und haben mal wieder
total
viel erlebt.
Juli 2023 Sommerreise:
Nüsschenabende und Gegenwind
Hallo Erde! Aauf Wolken zu schweben, war
schön: Møns Klint, Hanö,
Utklippan und die Blekinge
Schären. Crewwechsel in Karlskrona und Simrishamn.
Danach sind wir wieder wie üblich unter den Wolken
durchgefahren, und es
fielen eine Menge Luft und Wasser raus, wobei Letzteres gar nicht
nötig tat angesichts
der Gischfontänen. Wir rechneten mit
hundertachtzig Meilen Gegenwind. Schon der Crewwechsel in
Karlskrona litt
unter vier Tagen Gepuste, bevor die Reise in kleinen Schlägen
zu
den Schären endlich losgehen konnte. Utklippan war nicht das
einzige Highlight. Die Landgänge waren ein Genuss, doch das
schönste Ritual war der Nüsschenabend mit Fred, Joe
und
Gerhard. Doch auch auf das Anlegebier mit Simone, Susanne, Andreas und
Hannes habe ich mich jedes Mal riesig gefreut. Die Küste von
Skåne entpuppte sich als vielfältig und sehenswert -
wir
hielten uns länger auf als geplant, aber das war gar nicht
schlimm. Wir warteten geduldig auf den einen Tag mit perfektem Wind -
und bekamen ihn am vorletzten Reisetag. So haben wir es entgegen aller
Wahrscheinlichkeit pünktlich nach Svendborg geschafft.
Juni 2023 Man
soll den Kopp nich vor'n abend innen Sand stecken
Unter einem prächtigen Sternenhimmel fliegt Paula durch die
Dunkelheit. Wenn sie durch eine Welle geht, zischt der Schaum
– wir sind rasend schnell. Beim Blick über die
rechte Schulter sehe ich den hellen Streifen am Nordhimmel. Vor uns
liegt ein dunkles Nichts. Frieda segelt ein Stück in Lee neben
uns her. Ihre Segel schimmern rot im Licht der Backbord-Posi. In
stehender Peilung dahinter verharrt das grüne Licht von Lenes
Topplaterne. Hinter uns blitzt und funkelt es rot und grün
– Oliese, Martha und Salty hoppeln durch die See. Und dann,
in einem Augenblick von magischer Schönheit: Drei
grüne Blinks - Leuchtturm Schleimünde, sechs Meilen
direkt voraus. Dabei sind wir doch eben erst ausgelaufen.
Mai
2023 "Das
war ne geile Wende" - Folkeboot-Treffen
2023
Sommer, Wärme, eine leichte Brise – das
Folkeboot-Treffen erfreut sich bester Bedingungen. Kein Lockdown und
kein Starkwind wie in den letzten Jahren – es macht richtig
Laune, mit 14 anderen Booten auf der Schlei zu segeln. Vor allem
genieße ich, wie emsig sich die neue Vorschoterin um den
Fockausbaumer kümmert. Paula und ich lehnen Mitsegler
ansonsten kategorisch ab – aber ein cleveres
zwölfjähriges Mädchen ist immer eine
Bereicherung.
Mai 2023 Popocatepetl
In zwei Paralleluniversen erlebte ich zeitgleich
eine perfekte Segelwoche und einen nervenaufreibenden Albtraum.
Paralleluniversen? Eng miteinander verwoben, trennte mein Gehirn die
Empfindungen sorgfältig voneinander – es war eine
neue, interessante Erfahrung. Weil sie mich weiterhin
beschäftigt, ist der Törnbericht ein Experiment: Ich
schreibe erstmal zwei Törnberichte, dann versuche ich sie
ineinander zu verschachteln. Vielleicht wird so nachvollziehbar, wie es
sich angefühlt hat. Der Genuss ist in normaler Schrift, das
Grauen in Fettdruck. Und der mexikanische Vulkan tut - letztlich
erfolglos - sein Bestes, meine Stimmung zu retten.
Mai 2023 Der
Frühling, der aus der Kälte kam
Stefan und Annika hatten sich diesen Freitag
anders vorgestellt: Vor
dem Flottillentörn hatten sie einen Trainingstag gebucht, um
das Boot kennenzulernen und sich als Crew einzuspielen. Bei Ost 7-8 ist
schon an Ablegen nicht zu denken, stattdessen unternehmen wir einen
Ausflug nach Olpenitz. Drei Meter hohe Wellen brechen sich schon weit
draußen. Direkt vor Schleimünde ist das Wasser
quietschgelb – das ist
der Sand, den die Grundsee aufwirbelt. Segeln? Bei
diesen Bedingungen eher nicht.
April 2023 Der
Seeerfolgsvogel
Richtig frühlingshaft will es bisher
nicht werden. Seit dem
Morgen des Tages, an dem ich die Masten gestellt habe, war kein Eis
mehr im Hafenbecken, aber warme Kleidung und abendlicher
Heizlüfter leisten gute Dienste. Gleichwohl hat mit guter
Laune, schönen Begegnungen und interessanten Erlebnissen die
Saison begonnen.
Und dann war da plötzlich dieses Wort: Seeerfolgsvogel. Hatte
ich auch noch nie gehört, aber Wikipedia wusste Rat und gab
umfassend Auskunft.
...auf einige Folkeboot-Trainings zum Auftakt, auf
drei spannende,
längst ausgebuchte Flottillentörns mit alten Freunden
und
neuen Gesichtern, das Folkeboottreffen
am Pfingstsamstag,
auf Bornholm, die Hanöbukt, die Blekingeschären, auf
Svendborg und die Südsee - und überhaupt auf Wind im
Gesicht
und Schoten in der Hand. Buchungsanfrage hier
Dezember 2022 Teeclipper
statt Marstalschoner
Zehjähriges Dienstjubiläum, Teil 1: Ich mache etwas
ganz
Neues und gönne mir drei Tage Urlaub. So richtig mit Buchung
und
Flug, Hotel und touristischem Begleitprogramm. Als Reiseveranstalter in
die Rolle des Touristien zu schlüpfen, ist ein interessanter
Perspektivwechsel - und London immer einen Aufenthalt wert.
November 2022 Zettel
und verzetteln
Die Boote stehen in der Halle. Die Teddys und ich wohnen wieder an
Land. Die Stapel zu reinigender und zu trocknender Ausrüstung
lichten sich. Der neue Kalender ist wirklich gut geworden, finde
ich.Für
den Winter sind außer einem kurzen Urlaub tausend
Kleinigkeiten
geplant. Um den Überblick zu behalten, wo weiter und was als
Nächstes, brauche ich Zettel. Und trotzdem verzettele ich mich
bisweilen.
September 2022
Rücklick
und Ausblick
Wir sind noch gar nicht da, doch ich
weiß schon, wie es sein
wird: Fast drei Monate waren Paula, die Schwestern und ich unterwegs,
haben total viel erlebt, und wenn wir in Arnis eintreffen, stelle ich
ernüchtert fest: Hier hat sich überhaupt nix
verändert! Dabei möchte ich das ja: Dass meine Box
frei ist, mein Auto da noch steht und der Hafenmeister immer noch der
Gleiche ist. Es gilt dann vorauszublicken und sowohl den
Winter als auch die kommende Saison zu planen. Gleichzeitig
gibt es reichlich Anlass für einen ausgiebigen
Rückblick - nicht nur auf einen tollen Sommer, sondern auch
auf die ersten zehn Jahre Chartergeschäft. Ich finde, das muss
ein bisschen gefeiert werden. Oli weiß auch schon
wie: Sie
findet, sie mache sich ausgezeichnet als Model auf unseren neuen
Zettelblocks.
August 2022 Spielend
Folkeboot segeln
Drei lustige Stunden nach dem Auslaufen sind wir
da, wo wir hinwollen: Dicht am Nordufer, kurz vor den Stegen, wo das
Wasser flacher wird und die Strömung nachlässt. Wenn
jetzt noch Wind kommt, haben eine realistische Chance, die
Brücke zu passieren. Oh ja, Paula fährt nach all dem
Rückwärtstreiben endlich wieder geradeaus, aber es
bleibt spannend, denn uiuiui das ist ziemlich gegenannerig... Es war
zwar nicht geplant, aber ich kann das Motto der Woche durchaus
genießen: Segeln als Spiel, mit täglich wechselnden
Aufgaben auf dem Abenteuerspielplatz Lille Belt.
August 2022 Viele
kleine Boote
Paula ankert in einem Nichts zwischen Birkholm
und Strynø.
Die
nächste Insel, nicht mehr als eine grasbewachsene,
mückenumschwärmte Sandbank namens Vogtholm, ist
vielleicht
zweihundert Meter entfernt. Auf Taasinge drehen die Windmühlen
in
Zeitlupe. Daunen sich mausernder Schwäne treiben vorbei. Die
tiefstehende Sonne taucht die Szenerie in sattes Gelb. Ich
höre
Musik und komme zur Ruhe. Als die Sonne hinter Hjortø
untergeht,
erhebt sich über Strynø der Vollmond. In dieser
entlegenen
Einsamkeit kann ich mich am besten dem Thema widmen: Segeln mit vielen
Menschen und mehreren kleinen Booten.
Nach den Schären ins Smålands Fahrwasser - die
Gewässer südlich von Seeland galt es für
mich noch einmal völlig neu zu entdecken. In den ersten Jahren
bin ich häufig durchgesegelt: Auf dem Weg nach Kopenhagen, den
Kreidefelsen oder den Schären. Immer haben wir nur langweilige
Provinzkäffer besucht - und dabei gibt es eine Vielzahl
kleiner, gemütlicher Häfen, sehenswerte Landschaft
und tolle Ankerplätze. Die zwei Wochen jetzt hatten also einen
deutlichen Sightseeing-Charakter. Wie bei einer Kreuzfahrt, nur dass
Friedas Gäste selbst segeln mussten, während sie
Lotsenboot Paula folgten.
Juni/Juli
2022 Segelreise zum Mond und zurück
zur Erde
Samstag, 18. Juni., in Arnis gestartet - das ist inzwischen richtig
lange her, und unendlich viele Dinge sind passiert auf dem Weg zum Mond
- Verzeihung, die Mondlandschaft - und von dort wieder zurück
zur
Erde. Der Svendborg Sund begrüßte uns mit 6-7
Windstärken, inzwischen regnet es, und für die Nacht
sind Ge-
und Unwetter zu erwarten. Das kann uns längst nicht mehr
schocken,
wir haben zu viel erlebt, in vier Wochen gut 600 Meilen abgerissen,
zweimal 20 davon aufgekreuzt, und haben trotz nicht immer
günstiger Bedingungen wohlauf, entspannt, salzverkrustet und
begeistert unser Ziel erreicht - wir liegen imn Thuro Bund und sind
bereit für den nächsten Crewwechsel. Nicht weniger
als sechs
neue Häfen, dazu zwei neue Schären, sowie eine
endlich wieder
betreten, die mich vor zehn Jahren begeisterte und zu der wir es
seitdem nie wieder geschafft hatten. Insgesamt 616 Seemeilen, davon 613
gesegelt und nur mal für eine Dreiviertelstunde den Motor
angemacht, anstatt auf die nächste Brise zu warten, damit die
Gäste auch mal einen ganzen Nachmittag mit Landgang verbringen
können. Ich bin ziemlich begeistert von dieser Reise, vor
allem
auch wegen der durchweg tollen Mitreisenden.
Juni
2022 Sechs Richtige
Sechs Folkeboote mit lauter
phantastischen Menschen an Bord sind beste Voraussetzungen für
meinen ganz persönlichen Lottogewinn. Den Jackpot knackt
Paula, indem sie Unmögliches vollbringt: Sie hält
sich den ganzen Tag zurück, dann taucht sie aus dem Nichts auf
und segelt gegen den Wind in den Gamle Havn.
Mai 2022 Folkeboot-Treffen 21. Mai 2022
Als die Anderen auslaufen, bin ich so entspannt wie selten: Keines
dieser Boote gehört mir, für niemanden dieser
Menschen trage
ich irgendeine Verantwortung. Der einzige Faktor, den wir nicht
beeinflussen können, bleibt das einzige Manko des
Folkeboot-Treffens: West 5 Böen 7 genau in den zwei Stunden,
in
denen wir gemeinsam segeln wollten. Paula und ich haben morgens
endgültig beschlossen, im Hafen zu bleiben.
Der Rest ist absolut perfekt: Anarchisches Treiben am Grill. LIvemusik,
die einfach so gespielt wird, als die Stimmung danach verlangt. Und der
Beweis, dass man mit 70 Menschen von der sozialen Kompetenz von
Folkebootseglern ein tolles Fest feiern kann, ohne das
Aufräumen
länger als ein Paar Minuten dauert.
Mai
2022 Teddybärs Reisen
Womit
Paula und ich den April und frühen Mai verbracht haben, was es
alles Neues gibt an Bord, und warum Marstal und ganz sicher nicht
Mommark das neue Schleimünde ist - alles das versteckt sich im
Törnbericht der ersten Flottille des Jahres.
Ich
schlendere los und hole frischgekranter Martha eine Tauchpumpe. Hm. Als
der Salonboden abhebt, flüchte ich mich vor dem Eiswasser in
eine
der Kojen. Es steigt langsam weiter. Die zweite Tauchpumpe hole ich
zügigen Schrittes. Sie funktioniert nicht. Und das Wasser
steht
schon kurz unter den Steckdosen. Als ich in wachsender Hektik die Pumpe
untersuchen will, ziehe ich die falsche, nämlich die gute
Pumpe
aus dem Strom.
Zum Glück steckt Jan neugierig seinen Kopf durch den
Niedergang.
"Äh, kannst du mal eben....? Da liegt noch so eine Pumpe auf
Frieda, und da ist auch so ein Adapter....wär gut, die
hätte
ne eigene Stromversorgung." Ich gebe die kaputte Pumpe auf,
stecke die heile in die obere Steckdose, was aber auch nicht so viel
hilft - wenn die unteren Dosen eintauchen, fliegt der FI, und Martha
geht auf Tiefe. Ah, wie gut: Jan reicht mir die Pumpe, ich muss nur
schnell den Schlauch der kaputten umsetzen - diese hier ist in vierzehn
Jahren nie in Betrieb gewesen. Sie schnurrt im zweiten Anlauf
fleißig los, das Wasser fällt. Beruhigt gucke ich
mal nach
Paula, die ist so eigentümlich still.
Die Bilge ist randvoll. Die Steckverbindung des Schwimmerschalters hat
sich, wie auch immer das möglich ist, nachdem
zunächst alles
tadellos funktionierte und pumpte, gelöst. Erneut kurz
über
dem eisigen Wasserspiegel fummelnd, zwirbele ich die Drähte
zusammen, überbrücke den Schwimmer, leere erstmal die
Bilge,
bevor ich alles wieder ordnungsgemäß zusammenstecke.
Ich
setze die Wasserspiele auf Martha fort: Da laufen die Pumpen inzwischen
trocken, sind also zu zweit schon einmal komplett angekommen gegen die
Sturzbäche aus allen Richtungen. Ha! Ich nutze die
Gelegenheit, um
die Schwimmer so zu sortieren, dass sie frei schwimmen können.
Und
nehme zum Spaß mal eine Pumpe aus dem Spiel. Testergebnis:
Inzwischen reicht eine.
Im nächsten Moment kommt Niels mit Salty angefahren. Und
natürlich braucht die auch eine Tauchpumpe - die ich von Bilge
zu
Bilge einfach rüberreiche. Als Oli zu Wasser ist, bekomme ich
den
Eindruck: Endlich wieder vereint haben die Schwestern die Situation im
Griff, ich darf mich beruhigen.
Ab jetzt ist das Wetter unser Problem: Am nächsten Morgen sind
die
Decks voller Eisblumen, mit dem Verholen in die WSG warte ich lieber
eine Stunde. Nach hinten raus haue ich hinegen lieber einen Schlag rein
und sehe zu, dass zumindest vier Masten schon stehen an diesem Samstag,
denn danach wird das Wetter extrem blöd: Sonntag Schauer und
Böen, Montag Sturm, Dienstag...bin ich schon wieder eine
Stunde zu
früh im Hafen, alle fünf liegen auf der Seite, ich
komme gar
nicht an Bord. In den milden, trockenen Märztagen hatte ich
mir
den Saisonstart anders vorgestellt.
Naja. Irgendwas ist ja immer. Und richtig privilegiert sind wir, wenn
wir jammern können,
aber nicht müssen.
Segeln
ist Musik. Aber Segeln ist kein Wunschkonzert. Die See gibt am
Schlagzeug den Rhythmus vor. Paula und ich können uns
überlegen, ob wir schrill und gewagt improvisieren, unsere
Standards runterspielen oder diesmal auf den Auftritt verzichten. Heute
zum Beispiel rechne ich mit fetzigem Rock’n’Roll,
aber es
könnte auch Death Metal sein. Ich bin nicht sicher, ob ich
darauf
Lust habe.
Paula und ich vertreiben uns die Zeit von Svendborg aus, allein oder in
Gesellschaft von Jane, Jonas und Anderen. Zwischendurch segeln wir
wieder Regatta. Zurück an die Schlei geht es als "Flotille
light": Jeder darf mitspielen, es wird eine Kombination aus
Schönwettersegeln und Abenteuer. Auskunft gibt eine lange
Reihe kleiner Törnberichte.
Endlich sind wir wieder wochenlang gemeinsam unterwegs mit wechselnden
Gästegruppen. Sommerreise, das bedeutet Abenteuer, Hafenkino,
gelebte Physik, lange Schläge und kurze Anekdoten. Wir starten
mit
Fyn rund und der Waschmaschine von Snaevringen, dann kommen die
Kanalinsel und der Limfjord:
Juni
2021 In der Waschmaschine
Die Sommerreise beginnt mit dem idealen
Szenario: Wir nehmen uns am Samstag Zeit für ausgiebige
Einweisungen, am Sonntag laufen wir aus bei strahlendem Sonnenschein
und höchst moderatem Wind um die drei Beaufort –
für die ersten gut dreißig Meilen gibt es
entspanntes Schönwettersegeln. Ungewöhnlich ist nur
die Uhrzeit: Wir starten abends um acht.
Juni/Juli 2021 Reise zur Kanalsinsel
„Als wir gestern Abend ankamen“, berichtet der
Stegnachbar, „war der ganze Hafen voll, aber an diesem Steg
lag kein einziges Boot. Wir haben uns gefragt, ob man hier
überhaupt anlegen darf, oder ob das vielleicht ein Vereinssteg
ist.“ Sie haben dann gleichwohl angelegt, „und als
ich heute morgen rausguckte, hab ich gedacht: ‚Ach du
Scheiße! Das ist wirklich n Vereinssteg!“ Warum?
Weil da plötzlich lauter Folkeboote lagen.
Er konnte nicht ahnen, dass die
„Wildgänse“ eine neue Spezialität
haben: Mit einem Affentempo durch die Nacht zu sausen und sich mit dem
ersten Licht in den Hafen zu schleichen.
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Juli 2021 Mein persönlicher Limfjord
Anderswo
liegt man einfach nur im Hafen. Langør ist ein Urlaubsort:
Wir
liegen direkt an der Badestelle, es ist warm, obwohl es inzwischen
pustet wie hulle. Alle wählen die fünf Folkeboote in
der
Abendsonne als Fotomotiv. Ringsum grün, Inseln,
Sandbänke,
reichlich Wasser, pure Idylle. Die Gäste speisen im
Café,
auf Paula brutzelt der Räucherlachs. Und ich bin ein
glücklicher Mensch.
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Mai/Juni
2021
Tierisch: Raus aus dem Käfig
Zwischen zwei Klappbrücken eingesperrt zu sein und
nirgendwohin zu dürfen, das ist wie eine Löwin, die
unruhig in ihrem Käfig auf und ab tigert - Paulas
Lieblingsrevier liegt nicht zwischen Kappeln und Lindaunis. Zweimal
gingen wir dort spielen, und sie machte mächtig Wasser,
jedenfalls bei 6er Böen auch ohne Seegang. An einen wilden
Ritt über den Kleinen Belt wollte sie sich erstmal
allmählich rantasten und sich trockensegeln. Als wir
quarantänefrei nach Dänemark und zurück
durften, war zunächst das Wetter miserabel, unter einem Meter
Welle kein dänischer Hafen zu erreichen. Wir lauerten.
Hofften. Dann öffnete sich unser Käfig den ersten richtigen Segeltag des Jahres.
Mit uns freuten sich Wolken und, selten nehme sich sie wahr, diverse
Tiere.
April
2021 Warteschleife
Deutlicher Fortschritt gegenüber
letztem Jahr: Die Boote duften plangemäß
früh zu Wasser. Seitdem vertreiben wir uns die Zeit mit
gelegentlichem Spielengehen auf der Schlei, Schnuppersegeln, Trainings
und Tagestörns, einem Schmalspurprogramm im Rahmen des
Erlaubten. Die Inzidenzwerte sinken, die Experten
äußern sich optimistisch, um mich herum sind
plötzlich Menschen schon geimpft, und so dürfen wir
auf eine schöne, spannende, tolle Segelsaison hoffen.
Inzwischen huldigen wir der Marsh Family - Tess und Ella
bringen, begleitet von Papa auf der Gitarre, die Höhen und
Tiefen der Pandemie und des Lockdowns in Jumpsuits auf den Punkt.
Januar
2021 Filmtipp: Kreuz im
Blackström
Eine J80 und kein Folkeboot - aber sowas haben
wir auch schon praktiziert. Und zwar im Formationsflug. Leider hat es
niemand gefilmt. Hätte es jemand gefilmt, wäre
zumindest ich auch nicht so stilvoll gekleidet gewesen. Ein wirklich
sehenswertes Filmchen, das zeigt, wie segeln geht.
Letztes Jahr hatten Oliese und ich eine ganze Bootswerft fast
für
uns allein. Die gibt es nun nicht mehr - die Maschinen sind weg, die
Abrissarbeiten haben begonnen. Wir müssen uns also neu
sortieren.
Keine Kielsanierung dieses Jahr, dafür neue Cockpittische,
Heckspiegel, dies und das...wir sind schon ganz fleißig.
Oktober
2020 Der Schröter macht den Schrot
klar...
Der Gedanke kommt aus dem Nichts und
führt nirgendwohin: Im morgendlichen Halbschlaf, nicht mehr
richtig schlafend, aber auch noch nicht vollkommen wach, denke ich an
Nachnamen, die eigentlich Berufsbezeichnungen sind. Völlig
klar: "Der Schröter macht den Schrot klar, und der
Müller den Müll." So beginnt der Tag mit
selbstironischem Lachen, während das Saisonende
näherrückt.
August/September
2020 Vier Wochen
Vier
Wochen segeln. Gleichgültig, wohin. Der Sommer endet:
Durchwachsenes Wetter und frühe Dunkelheit statt
Hochdrucklage,
dafür aber wieder leere Häfen. Und
Naturphänomene,
unvergessliche Höhepunkte, seltsame Begegnungen.
August
2020 "Wir sind gesegelt, wo der Fisch steht" -
Das Folkebootesammeln geht weiter
Eskilsø im Lindelse Noor, kurz vor Sonnenuntergang: Paula,
Pommery und Delit liegen schon seit dreieinhalb Stunden vor Anker.
Martha, Salty und Oliese sind nach und nach eingetroffen, jetzt kommt
auch Frieda angetuckert. Wir sind komplett: Sieben Folkeboote ankern im
Päckchen.
Juli
2020 Zuviel
Die
Butter genießt die Morgensonne. Sie weiß wohl,
dass sie in der dunklen, kühlen Abgeschiedenheit der Bilge
besser aufgehoben wäre - doch ist es nicht viel
schöner, beim gemütlichen Treiben auf dem
Cockpittisch dazuzugehören? Gar ein wenig im Mittelpunkt zu
stehen? Sie ist eine fröhliche, glückliche, bestens
gelaunte Butter. Dann, ganz plötzlich, von einem Moment zum
nächsten, zerfließt sie in Selbstmitleid, bis nichts
mehr übrig ist als triefendes Fett. weiterlesen...
Juli
2020 Familienurlaub,
oder: Bei uns ist immer Folkeboottreffen
Kein Folkeboottreffen wegen Corona? Ach was. Bei uns ist immer
Folkeboottreffen. Vor allem, wenn Pommery, Paula und Lovis
Familienurlaub machen.
Juni
2020 "Du
bist ja wohl völlig irre!"
Das Lindelse Noor ist eine wunderbare Bucht südlich von
Rudkøbing - weitläufig mit mehreren kleinen Inseln
und vielfältigen Ankermöglichkeiten. Allzu unbefangen
darf man sich hier nicht bewegen: Die Einfahrt bildet eine Barre, deren
tiefe Stelle man treffen muss. Dahinter folgt ein tieferes Becken,
umgeben von Untiefen und Steinen. Betonnung gibt es keine,
sorgfältige Navigation also ein Muss. In meiner Seekarte
markieren diverse Bleistiftstriche mit Koordinaten die Kurse und
Peilmarken, die sicher durch dieses Abenteuer führen. Wir
werden allmählich zutraulich, probieren verschiedene Stellen
aus, diesmal genau vor der Insel Bukø. Charterern habe ich
diesen Ort noch nie empfohlen. Doch in dieser Gruppe können
alle geradeaussegeln, Anlegen unter Segeln gehört auch schon
zum Repertoire - warum also nicht eine Spur Nervenkitzel? weiterlesen...
Juni
2020 Die
Schlei leert sich
Kleine
Breite kurz nach zehn. Die Sonne ist unter, es bleibt hell. Um diese
Jahreszeit wird es bei uns überhaupt nie vollkommen dunkel.
Kurze Hosen, barfuß, ich ziehe mal doch mal ein Hemd
übers T-Shirt. Ein Motorboot dröhnt vorbei, danach
höre ich nur noch Paulas leises Glucksen und das Geschrei
einer vorbeifliegenden Gänseformation.
Drei Ankerlieger sind geblieben, um die Nacht zu verbringen. Als wir um
halb sechs die Segel bargen, waren noch zahlreiche Boote hier, eines
lag vor Heckanker, damit die Nachmittgasbrise die Hitze aus dem Cockpit
weht. Dutzende Boote sausten durch die Bucht. Nun liegt hinter uns eine
leicht gekräuselte, ausgedehnte, friedliche
Wasserfläche.
Unsere bisherige Saison: Ein unspektakulärer Probeschlag,
einmal Lindaunis und zurück. Ein toller
Flottillentörn. Dazu Hygienekonzept, Absage der Schwedenreise
und Auffüllen der Lücken im Buchungsplan. Jede Menge
Neukunden, Einweisungen, Trainings, gefühlte 1000
Buchungsanfragen. Es ist Zeit für einen kurzen Urlaub.
Samstag Mittag kamen die Gäste. Dauerregen und Gewitterwarnung
- wir vertagten die Einweisung. Sonntag waren wir fast bereit zum
Auslaufen, als die siebener Böen einsetzten. Montag Vormittag
konnte ich endlich den vereinbarten Schlag mit Salty und den
supernetten, vorsichtigen Folkeboot-Neulingen segeln. Der Tag reichte
noch für den Einkauf und die Entscheidung, heute nicht mehr
auszulaufen.
Montag war auch der Tag, an dem Dänemark seine Grenzen
öffnete. Eine gewaltige Armada verließ vormittags
die Schlei - nicht, um zum Liegeplatz in Marina Minde oder Dyvig zu
verholen: Fast alle nahmen Kurs Lyø, als hinge das Leben
davon
ab, gleich bei der ersten Gelegenheit auf der Insel
einzufallen.
Mai/Juni
2020 Wasser
marsch: Zum Glück Glücksburg
Ein
erster Flottillentörn in
Zeiten des Virus - mir war vorher völlig unklar, was uns in
fremden Häfen erwarten und wie es sich anfühlen
würde. Ziele in Dänemark kamen nicht in Frage, also
blieben wir in einem Umkreis, der sich auch per Fahrrad hätte
erreichen lassen. Wir waren uns einig: Es konnte nur darum gehen, trotz
der ungewohnten Begleitumstände schöne Segeltage zu
verbringen.
Mai
2020 Wir
gehen spielen
Zum Feierabend kann man ja gut die Segelchen aus dem Auto laden. Muss
ja sogar, weil sie den linken Außenspiegel verdecken. Weil
das
Wetter so schön ist, der Wind zwar immer noch ordentlich und
böig, aber nicht mehr so grimmig wie über Tag,
schlage ich
Olieses gleich mal an. Dann legen wir ab.
Schlei Richtung Lindaunis ist ja immer ein bisschen
unspektakulär.
Trotzdem ist es gut, nach sechs Monaten Abstinenz mal wieder
durchgepustet und mit etwas Gischt eingedeckt zu werden.
Büschn
Pumpenaction, die im Hafen sofort stoppt, ansonsten hat Oli alles im
Griff.
Als im Hafen die Fock geborgen ist, zeigen sich die Zuschauer: Louises
neue Eignerin möchte ihrer Freundin, die beim Lackieren
geholfen
hat, zum Abschluss des Tages die schönen Folkeboote zeigen.
Und
prompt kommt eines in Rauschefahrt und voller Lage angeschippert. Wir
ignorieren die Hafenordnung - so viel Rebellion muss heute sein,
schließlich sind kaum Boote und Menschen vor Ort - und
kreuzen
auf das Hafengebäude zu, fahren einen Aufschießer,
verzichten heute auf das Festmachen am Pfahl. Oli stoppt und
hält
die Position, ich berge das Groß. Dann wriggen wir zum
Liegeplatz. Macht Eindruck aufs Publikum. Rundet für mich den
Ausflug ab. Und Oli? Sie wäre enttäuscht gewesen
über
auch nur eine einzige Minute Motorbootfahren.
Nächster Tag: Mittags ein Ründchen mit wasserdichter,
grundzufriedener Martha. Abends erwartet Salty komplett abfahrbereit
Stephan und Sohn, ich stürze mich auf Frieda, und bei dem
kleinen
Dämmertörn kommt auch noch ein Hauch von
Regattastimmung auf.
Nur ein Hauch, Frieda ist ja so schnell - aber Salty sieht sooooo
schöööön aus wie sie da bei
Traumwetter durch das
trübe Schleiwasser kreuzt.
Wenn die Saison so verläuft, wie wir sie eingeleitet haben,
wird sie wider Erwarten doch noch grandios!
Mai
2020 Corona und Segeln - gute Nachrichten und
solche, auf die wir noch warten müssen
Die Flut von Nachrichten zum Thema Corona ist erheblich. Leider
verblasst der Informationsgehalt oft hinter Spekulationen und
Vermutungen. Diesen möchte ich ungern meine eigenen
hinzufügen, deshalb überhäufe ich euch nicht
mit Mails, die auch nur meine Tagesform widerspiegeln würden.
Auch jetzt gibt es nur wenige handfeste Dinge zu berichten. Dennoch
immerhin ein Überblick:
Die "Wildgänse"
schwimmen
Oliese hing drei Tage an der Tauchpumpe. Martha brauchte zu Beginn
deren zwei. Salty und Frieda spielten ein bisschen mit ihren neuen
Bilgepumpen. Paula verurteilte ihre zum Schweigen, bis sie sich
zumindest dem Regenwasser widmen durfte. Man darf wohl sagen, die Boote
haben im um vier extrem trockene Wochen verlängerten
Winterquartier sehr unterschiedlich auf ihr Holz geachtet. Sie hatten
zuletzt den Unterwasserbereich mit Baufolie umklebt und zwei Bottiche
mit Wasser untergestellt - dieser Mundschutz hat auf jeden Fall
gewirkt.
Viel wichtiger ist: Die glückliche Folkeboot-Familie ist
wieder vereint und nimmt gemeinsam ein erfrischendes Bad. Ich hatte
fest damit gerechnet, vor Rührung furchtbar heulen zu
müssen - entweder war ich wirklich tapfer, oder die Damen
hatten sich vorher abgesprochen, mich mit der Pumpenaction zu
beschäftigen und abzulenken.
Die Häfen
öffnen. Oder?
Der Termin 4. Mai war drei Wochen vorher angekündigt,
geisterte aber erst vor wenigen Tagen als Sensationsmeldung durch die
Medien. Viele Charterer riefen mich aufgeregt an, wollten wissen, was
dran ist und was es für ihre Buchung bedeutet. Ich
weiß aber auch nicht mehr, die Informationspolitik ist ein
wenig enttäuschend. Dennoch haben wir bereits gekrant, um die
Freigabe der Segelsports dann auch sofort nutzen zu können.
Die neue Landesverordnung gilt nun bis 17. Mai und lässt in
Verbindung mit Erläuterungen des Wirtschaftsministers
folgendes zu: Sportboothäfen dürfen
eingeschränkt öffnen, Duschen bleiben geschlossen,
Toiletten nur tagsüber. Ermöglicht werden dadurch
Slippen, Vorbereiten, Tagestörns.
Das Bundesland und seine
Hotels öffnen auch - aber wann?
Eingeschränkter Hafenbetrieb also bis zum 17., am 18. Mai
dürfen wir wieder loslegen. All die Mutmaßungen,
Meinungen und Gerüchte von handfesten Informationen zu
trennen, ist ganz schön Arbeit. Die jeweils neue
Landesverordnung wird immer zwei Tage vor Inkrafttreten
veröffentlicht, kein üppiger Vorlauf also
für ihre Umsetzung. Egal - unser Hygienekonzept steht.
Das Segelrevier
Dänemarks Sportboothäfen sind durchgängig
geöffnet, aber wir kommen nicht hin: Die Grenzen bleiben bis
Mitte Juni
geschlossen. Solange
Dänemark deutschen Seglern nicht zur Verfügung steht,
besteht das zugängliche Revier aus Schlei, Flensburger
Förde, Kieler Förde, bei günstigem Wind
Fehmarn und für längere Törns die
Lübecker Bucht und Mecklenburg.
Grundsätzlich ist das gar kein schlechtes Programm, um aus der
Not eine Tugend zu machen. Ich freue mich fast schon ein bisschen
darauf. Ein Problem wird aber sein, dass die deutschen Segler, die sich
normalerweise in der dänischen Südsee und der halben
Ostsee verteilen, nun auf eine sehr begrenzte Zahl von Häfen
angewiesen sind. Volle Häfen und Kontaktvermeidung sind nicht
die besten Freunde.
Hoffen wir also auf gute Nachrichten im Laufe des Monats.
Was wird also aus den
Törns ab Svendborg im August?
Wenn Svendborg zuverlässig geht, tummeln wir uns dort. Wenn es
nicht geht, treffen wir uns an der Schlei.
Die Svendborg
Classic Regatta ist für dieses Jahr abgesagt,
das ist in jedem Fall schade und wurde ausgesprochen früh
entschieden, vermutlich auch um begrenzte Manpower der Organisatoren zu
schonen, wenn der Aufwand mit gewisser Wahrscheinlichkeit vergeblich
wäre.
Und wie steht es um die Schwedenreise?
Die Sommerreise ist auf nächstes Jahr verschoben, die
Teilnehmer haben die Wahl, solange zu warten oder dieses Jahr trotzdem
zu segeln. Die meisten haben keine Lust auf Fehmarn. Die entstandenen
Buchungslücken schließen sich rapide, so dass
finanziell kein Verlust entsteht. Hoffen wir, dass unsere schwedischen
Freunde bald auch das Virus in den Griff kriegen.
Folkeboot-Treffen 2020
Der Termin wäre der 6. Juni gewesen: Endlich ist
wiederFolkeboot-Treffen in Arnis. Ich presche vor: Die Diskussion im
Kreis
der Teilnehmer ist noch gar nicht abgeschlossen, doch für mich
steht fest, dass eine solche Veranstaltung, selbst wenn sie bis dahin
unter irgendwelchen Auflagen erlaubt
würde, nicht das richtige Signal wäre.
Gruppenansammlungen im
Hafen, gleich welcher Art, sind dieses Jahr schlicht nicht angesagt,
und nach ersten Eindrücken im Hafen wird es anstrengend genug
sein, das den Unbelehrbaren und Sorglosen einzutrichtern - da
möchte ich selbst nicht noch zum Falschen aufrufen.
Das Gemeinte und sein
Gegenteil
Diese Anmerkung kann ich mir einfach nicht verkneifen. Die aktuelle
Landesverordnung formuliert die langangekündigte Öffnung
der Sportboothäfen so: "Sportboothäfen
sind zu schließen."
Weiter unten wird das so ergänzt, dass sie öffnen
dürfen, sofern die Duschräume verschlossen bleiben
und die
Toilette nur tagsüber erreichbar ist. Dass ich, um diese
Aussagen
erläutert zu bekommen, vom Kollegen 1. Klasse Charter auf die
Facebook-Seite des Wirtschaftsministeriums verlinkt werden musste,
empfinde ich schon ziemlich skandalös. Aber die Rhetorik passt
ins
Bild der Schlagzeilen bei den öffentlich-rechtlichen
Newstickern:
Vor Wochen hieß es da: "US-Institut befürchtet
weniger
Corona-Tote." Fand ich amüsant genug, um es eine halbe Stunde
später jemandem zu zeigen - da war dann "befürchtet"
durch
"erwartet" ersetzt.
Neulich dann las ich: "Kontaktsperre bis 10. Mai." Ich war
äußerst überrascht, suggeriert das doch,
dass die
Kontaktsperre nur noch bis dann gilt und anschließend
aufgehoben
wird. Gemeint war natürlich: "Kontaktsperre
verlängert bis
(mindestens) 10. Mai."
Täglich gibt es die Überschrift "Zahl der
bestätigten
Corona-Infektionen in Deutschland gestiegen." Doch keine Panik: Sinken
kann diese Zahl nicht. Und die eigentliche Information besteht seit
Wochen darin, dass sie im Vergleich zu vorher nur leicht
gestiegen ist. Dazu muss man sich aber die Zahl vom Vortag gemerkt
haben und den Text lesen.
Irgendwann werde ich das alles bestimmt amüsant finden
können...
Unüblich für diese Jahreszeit, wohne ich noch nicht
auf Paula, sondern weiterhin in meiner Wohnung. Nach einem
wolkenverhangenen Tag mit Regen- und Hagelschauern haben wir jetzt
strahlend blauen Himmel. Die Ulmen vorm Haus treiben momentan aus, die
Rinde und die frischen Blätter leuchten hübsch im
Licht der Abendsonne. Die Nistkästen, die mein Vermieter
angebracht hat, sind eigentümlich leer, aber wenn ich vor die
Tür gehe, zwitscher und zwatschert es emsig aus allen
Richtungen. In dieser gleichen romantischen Abendstimmung kuscheln
jetzt meine geliebten Boote, die nach und nach einen ganzen kleinen
Hafen erobert haben, und vermutlich ereifern sie sich augenzwinkernd
über den Skandal, dass ich noch gar nicht ihre Masten
angekarrt habe. Gerne läge ich jetzt mit Paula und Oli und
Martha und Salty und Frieda und noch einigen Freunden in irgendeiner
dänischen Bucht vor Anker. Wenngleich das vorläufig
noch nicht geht, ist es doch immerhin wieder vorstellbar....
März
2020 Zwangspause
Neulich
schien so etwas noch undenkbar, jetzt habe ich mich
notgedrungen schon fast daran gewöhnt: Paula und ihre
Schwestern bleiben vorerst in der Halle. Kein Hafenleben, keine
Chartergäste, kein Segeln. Anderen geht es viel schlechter,
aber
was mache ich mit dieser Information? Soll sie mich trösten?
Muss
ich ein schlechtes Gewissen haben?
Wenn der wichtigste Lebensinhalt Zwangpause hat, muss die Zeit
gefüllt werden. Wir machen das so:
BOOTE EINSOMMERN
Je nachdem, wie lange uns das Virus im Griff behält, wird
früher oder später Trockenheit zum Thema jeden
Holzbooteigners. Martha und Frieda sind schon versorgt: Man nehme eine
Rolle PE-Baufolie (2 Meter breit), eine Rolle Klebeband, zwei
Maurerbottiche und jede Menge Wasser. Die Folie wird einmal ringsum
geklebt, auf Wasserlinie oder knapp darüber. Die Bottiche
kommen
unters Boot, das Wasser in die Bootiche, und dann sollte die
Verdunstung für ein schön feuchtes Raumklima sorgen.
Das
Schiffchen wird sich wohl fühlen, besser jedenfalls, als wenn
ihr
das Wasser in die Bilge kippt und nach und nach alles anfängt,
schimmelig und spakig zu werden.
WEITERBILDUNG
Das Internet ist ja nun voll mit guten Ratschlägen von Leuten,
die
selbst keine Ahnung haben - das Motto: "Hab ich noch nie ausprobiert,
aber ich zeig euch jetzt mal, wie man das macht." Zu den
rühmlichen Ausnahmen gehört Nobel-Hobel - von dem
kann man
echt einiges lernen über den Einsatz von Oberfräse,
Kreissäge etc. Man muss ja nicht gleich die gedrehte Hohlkehle
nachbauen...
LEKTÜRE
Endlich mal wieder Zeit zum Lesen? Hab ich bisher noch gar nicht
gefunden, die verregneten Langeweiletage kommen
womöglich
noch. Aber ich habe einen Tipp für alle, die zur Abwechslung
mal
etwas weder über Corona, noch übers Segeln lesen
möchten: Meine eigenen Kurzgeschichten.
Januar
2020 "Hör auf, besser wird es nicht
mehr!" - arbeitsreiches Winterquartier Unser Winterlager-Blog schmückt
sich in
weihnachtlichem Keks-Design. Seit jenen besinnlichen Tagen hat die
"Hochzeit" stattgefunden, soll heißen: Olieses Ballast ist
mit neuen Kielbolzen wieder montiert. Paula und ich haben erfolgreich
mit der Sommermode 2020 experimentiert. Marthas und Friedas
Außenhäute sind schon endlackiert, die beiden machen
in Bootsbauromantik. Salty hadert noch mit der Verschraubung ihrer
neuen Motorhalterung. Aber das ist eine ganz neue Information, das
unglückselige Loch habe ich eben erst gebohrt.
Oktober
2019 Ach! Ach! Ach! Es war
toll! Jetzt können wir aufhören.
Korshavn Anfang
Oktober: Nordost 7, es ist bannich kalt, mit der Dunkelheit setzt
früh eine gewisse Bettschwere ein. Na gut, ein Bier trinke ich
noch. Auf Pommery, mit Erik und Karsten. Auf Oliese ist schon
Nachtruhe. Das Wasser steigt und steigt, beachtlicher Schwell
läuft in die Bucht - die Boote liegen ruhig und rollen nur ein
wenig, aber drei Meter hinter den Hecks ist der Teufel los. Total cool,
nochmal unterwegs zu sein. Die Anderen zu treffen. Den idyllischen
Hafen haben wir, wenig erstaunlich, für uns. Ich
hätte auch entspanntes Schönwettersegeln genommen,
aber als es jetzt derart schnelle Reisen werden, bin ich damit
erheblich besser zufrieden. Und freue mich auf den Morgen, an dem uns
bei reichlich Sonnenschein das Gepuste einen ausgiebigen Landgang
verordnen wird.
Ich habe wirklich lange
gegrübelt. Die
Windprognose schwankte von Tag zu Tag zwischen einer Spur zu viel und
einer Spur zu wenig. Am Feiertags-Donnerstag habe ich beschlossen,
Freitagmorgen loszusegeln, und auch gleich noch Olieses Crew
eingeladen, uns zu begleiten. Pommery lag da schon in Marstal. Erik
schlug Drejø vor, aber DMI kündigte 90 cm
Hochwasser an,
bei denen es im Gamle Havn nasse Füße gäbe.
Morgens ist
in der Schlei kaum Wind, ansonsten ist Südost vier, zunehmend
fünf, strichweise sechs die aktuelle Prognose. Aber wir haben
ja
beschlossen, auszulaufen, also tun wir es auch. Wir motoren zur
Brücke, brauchen dann noch eineinhalb Stunden bis
Schleimünde. Besser gesagt: Das gilt für Paula. Wir
gehen als
erste durch die Brücke, das sind die ersten zehn Sekunden
Vorsprung. Beim Segelsetzen bin ich geübter, das sind die
nächsten zwanzig Sekunden. Bis Rabelsund kommen wir jedes Mal
zuerst aus der Abdeckung in die stärkere Brise, das sind die
nächsten drei Minuten. Warum Oli nie wieder ein Stück
aufholt? Ihr Antifouling ist von einem anderen Hersteller, Paula hat
von einem günstigen Restposten aus dem Hause Hempel
profitiert. Es
lässt sich schon erahnen, dass da deutliche Unterschiede im
Bewuchs sind. Also auch in der Qualität. Zu dumm, dass wir uns
schon mit Olis Antifouling für den Winter eingedeckt haben...
Kaum liegt der Leuchtturm achteraus, kommt Wind auf. Paula saust los
mit sechs Knoten, bald werden es sieben. Deutlich
größere
Yachten, deren Länge doch jetzt ein erheblicher Vorteil sein
müsste, kommen ganz allmählich auf. Kurz vor
Skjoldnæs
ziehen sie mühsam vorbei. Paula ist schnell! Von Oli: nix mehr
zu
sehen. Hinter Skoldnæs müssen wir Höhe
laufen. Es wird
eine nasse Angelegenheit, aber so entspannt, wie es bei sechs
Windstärken nur sein kann. "Schade, dass es schon zuende ist",
schreibe ich ins Logbuch, als der Hafen in Sicht kommt.
Schleimünde-Korshavn in exakt vier Stunden - das ist
rekordverdächtig.
Morgens pustet es weiterhin kräftig, die Sonne scheint. Ich
bin
früh munter und mache Fotos von den kleinen Stegen
für die
Lüttfischerboote, wie sie fast unter Wasser stehen und von der
Brandung eingedeckt werden. Als wir vom zweistündigen
Wald-und-Wiesen-Spaziergang zurückkommen, hat es einen von
ihnen
komplett zerlegt. Der Wind hat sich beruhigt. Pommery läuft
aus,
Ziel Eckernförde. Oli und Paula segeln nachmittags nach
Ristinge.
Unterwegs ist meine Sorge, der Wind könne einschlafen. Tut er
nicht, wir bleiben schnell und erreichen das Ziel lange vor der
Dämmerung.
Der Rückweg nach Arnis - nie ein schönes Erlebnis,
weil wir
doch vom ewigen Segeltörn träumen - verläuft
zügig
und halbwegs kurzweilig. Der Zander in der Fährschenke
schmeckt
vorzüglich. Besser kann es dieses Jahr nicht mehr werden.
Gegen
vierzehnhundert Seemeilen ist absolut nichts einzuwenden, vor allem,
weil die allermeisten davon ein echtes Erlebnis waren und nur wenige
unter Motor zurückgelegt wurden. Die
überwältigende
Mehrheit der Charterer war zufrieden bis begeistert, und
ökonomisch betrachtet war es bisher die beste Saison. Die
Kohle
ist ja aber nicht alles - wir hatten einige Reparaturen, und Martha
freut sich seit Wochen auf die endgültige Beseitigung ihrer
Leckage, aber wir behielten das im Griff, es gab keine
Ausfälle.
Parallel zu unserem schönen Absegeltörn hatte Salty
drei
Generationen an Bord, und alle drei - einschließlich dem
siebenjährigen Seepferdchen - wollen jetzt unbedingt wegen
nächstem Jahr telefonieren.
Paula und ich sind bester Stimmung, hören jetzt noch abends
ein
bisschen Musik und genießen das Leben, während ich
den
Charterbooten einige Upgrades aufspiele und ihre Ausrüstung in
Sicherheit bringe. Irgendwann packen wir dann ein und verkriechen uns
ins Winterlager - und freuen uns auf die kommende Saison.
September
2019 Nochmal perfekte Segeltage
Wochenlang lag Paula auf der Lauer. Doch wann immer ich ein paar Tage
Zeit hatte, war es zunächst pustig oder flautig, und was
übrig blieb, lohnte nicht mehr für einen
ernstgemeinten Ausflug nach Dänemark. Ich vertrieb mir die
Zeit mit Probeschlägen mit Frieda und Oli, denen ich neue
Upgrades aufgespielt hatte. Als der Monat sich schon dem Ende
näherte, ergriffen wir gleich zweimal hintereinander die
Chance zu einem gelungenen Ausflug.
Zunächst
begann das beinahe
unspektakulär, aber höchst verheißungsvoll,
mit einer weiteren samstäglichen Verabredung mit Lovis und
Pommery in Schleimünde. Nun hatte ich das seltene
Glück, nur schnell Freitagvormittag eine
Bootsübergabe zu haben und dann erst wieder Sonntagmorgen zu
zwei Tagen Skippertraining in Arnis sein zu müssen. Salty
erledigte die Begrüßung ihrer Gäste
selbständig. Paula und ich brauchten nur die Frage zu
klären, wo es hingehen sollte: Einfach nur nach
Schleimünde schien uns bei endlich mal wieder
vernünftigem Wind zu kurz.
Wir entschieden uns für das Naheliegende: Wir holten Lovis in
Kiel ab. Neben einem neuen Hafen bedeutete das gleich ein neues Revier
- bisher hatten wir es nicht weiter als Laboe geschafft. Freitag um
zwölf legten wir ab und schlugen uns unter bedecktem Himmel
mit ruppigen Böen herum. Schon vor Bülk hatte ich die
Seekarte auf dem Schoß liegen und suchte Tonnen. Ein
genauerer Blick in die Karte offenbarte allerings: Da liegen zwar
lauter Steine herum, aber auf sieben Meter Wassertiefe! Dem Beispiel
anderer Segler folgend, orientierten wir uns gefahrlos dicht am
Leuchtturm Bülk. An der Kieler Förde scheinen mir
drei Dinge bemerkenswert: Die vielen Anspielungen an die
Marinevergangenheit - da bin ich raus, ich finde es falsch, Schiffe zu
versenken, worin der einzige Sinn der Marine, der U-Boote und der
Tirpitz besteht. Dann verliert man hier nach kurzer
Eingewöhnung die Angst vor der Großschifffahrt,
nicht aber den nötigen Respekt. Und schließlich ist
es ein mal interessantes Revier, von dem ich vermute, dass es genau wie
die Schlei bald seinen Reiz verliert und überwiegend ls
nerviger, unvermeidlicher Zugang zum eigentlichen Ding,
nämlich der Ostsee, verkommt. An diesem Freitag jedenfalls
genoss ich es, viel zu gucken zu haben und vollständig
ausgelastet zu sein.
Folkeboot Lovis schien sich nicht besonders für den
Überraschungsbesuch zu interessieren. Also machte ich uns per
SMS bemerkbar. Es endete in einem extrem langen Abend bei Familie Lovis
zu Hause. Für den Samstag war Westwind, danach Flaute,
irgendwann Ostwind angekündigt. Das sprach eigentlich
für einen frühen Aufbruch, weil unklar war, wann die
Flaute kommen und wie lange sie dauern würde. Ich stellte mir
den Wecker - um neun Uhr gähnte ich am Steg, Paula war
segelklar. Es fehlten nur noch die Freunde. Paula und Thorsten kamen
dann gegen halb elf, hatten aber die Pinne im Heizungskeller vergessen
und mussten nochmal los. Kurz nach elf liefen wir endlich aus.
Wir kamen, gelegentlichem Schwächeln des Windes zum Trotz,
ziemlich gut voran. Die Flaute erwischte uns vor Booknis und dauerte
dreißig Minuten, in deren Verlauf sich Pommery aus der
Eckernförder Bucht kommend zu uns gesellte. Wir hatten ja
schön auf sie gewartet, dann ließen wir sie stehen
und sausten mit dem Ostwind, enstpannte drei Windstärken,
wieder los. Als zum dritten oder vierten Mal Lovis in unserem
Windschatten verharrte, stellte ich fest: "Die beiden wollen einfach
nicht nebeneinander hersegeln." Tatsächlich schafften wir das
nur punktuell - ansonsten setzte sich Paula immer wieder ein paar
hundert Meter ab, dann kam Lovis wieder auf, und wieder von vorn.
Einmal lag das daran, dass ich den Unterliekstrecker
vollständig löste. Ansonsten ergab es sich einfach
von selbst. Paula ging Ruder und antwortete: "Pommery hat heute
überhaupt keine Lust." Ja, der rote Blitz hielt sich raus,
während Paula und Lovis nicht und dann doch und dann wieder
nicht einträchtig nebeneinander fuhren. Vermutlich wusste sie
schon, dass ich nach der kurzen Nacht keine Lust auf
großangekündigtes, aufwändiges Kochen haben
würde - die Zutaten für die unkomplizierten Wraps
hatte ja sie an Bord.
Außerdem ergab sich eine passige Staffelung:
Schleimünde war in gewohnter Weise voll, das heißt,
Lovis fand uns einen Platz. Diesmal in der Puzzelecke zwischen
dem kleinen Steg und der Meno-Brücke. Wir warteten an dem
Pfahl, den wir zum Segelbergen genutzt hatten, bis Lovis fest war, dann
verholten wir - und im nächsten Moment segelte Pommery an den
gleichen Pfahl. Folkeboot Lill war schon da, M25 Josefin kam
später auch noch. Diese Aufzählung lässt
wohl schon vermuten: Es wurde ein weiterer gelungener, geselliger
Abend.
Das Skippertraining mit Salty war ein bisschen bemerkenswert, auch wenn
ich mich hoffnungslos übermüdet durchschlagen musste:
Am Montag kreuzten wir bei Ost 5-6 zur Ostsee. Der Verschleiß
an Rudergängern war erheblich, am Ende saß ich
selbst an der Pinne. Aber alle haben ne Menge gelernt.
Dienstag
ging es dann also los: Nochmal nach Dänemark. Die
Gastlandflagge hing ja schließlich noch. "Es soll doch so
schlechtes Wetter geben", hielt mir vorm Ablegen noch jemand vor. Sah
ich anders: Ein bisschen Regen im Hafen? Hurra, super
Kuchenbudenwetter! Dafür war aber vernünftiger Wind
um die vier Beaufort zu erwarten, ein willkommener Kontrast zu den
letzten Wochen. Es ab bemerkenswert wenig zu sehen - wenn wir nicht in
Wolken segelten, war es meistens diesig. Aber diese melancholische
Stimmung hat durchaus etwas für sich, und die Freude ist um so
größer, wenn dann doch die Sonne durchkam. Auf
Lyø
sagte mir jemand, es müsse doch hart sein, in dieser
Jahreszeit
auf so einem kleinen Boot zu segeln. Ich blieb höflich, wies
nur
darauf hin, dass die Lufttemperatur für uns alle identisch
sei.
Eure Sprayhood möchte ich gleichwohl nicht haben. Ich will
mich
nicht abschotten, sondern genießen!
Der erste Tag war der Wackelkandidat: Ein
enttäuschend schwachbrüstiger West brachte uns
immerhin aus der Schlei. Dann warteten wir gemeinsam mit Zuversicht in
der Flaute auf den
Ostwind. Die Zuversicht ist der einzige Marstalschoner unter deutscher
Flagge, und Skipper war Matthias, ein Charterer von vor Jahren - eine
schöne Art, sich mal wieder zu sehen. Das Warten lohnte: Als
er kam, war es schönstes Segeln.
Lyø war das erste Ziel. Am Mittwoch segelten wir nach
Barsø - und erkundeten noch
einen neuen Hafen, von dem alle momentan so schwärmen. Fazit:
Sie haben recht. Die Insel im Ganzen muss auf meinen Besuch noch
warten, denn abends regnete es, so dass ich mir die Zeit mit dem
Brutzeln von Kartoffelpuffern vertrieb, und morgens brauchte ich so
lange zum Putzen, dass wir danach dringend auslaufen mussten, galt es
doch, nach Sønderborg zu kreuzen. Außerdem kam
Amazone aus der Genner Bugt, und ich wollte die Gelegenheit nicht
auslassen, mit Sönke zumindest unterwegs ein paar Worte zu
wechseln, wenn wir uns schon mal wieder nicht im Hafen
trafen.
Im Als Sund kreuzte auch die Mythilus - von Weitem sah das eher so aus,
als führen sie auf der Stelle hin und her. Wir
überholten mühelos, später hieß
es, die Crew sei nicht eingespielt. Nun, sie hatten in dieser
lehrreichen Stunde sicher Gelegenheit, sich einzuspielen. Ich bin
jedenfalls froh, dass bei uns eine Wende nur Sekunden dauert. Und dass
wir zwischendurch Höhe laufen und nicht im Wesentlichen
seitwärts vertreiben. In Sønderborg lagen wir seit
Jahren erstmals wieder direkt vorm Schloss im Stadthafen. Schwell,
Lärm, prekäre Fendersituation - es ist immer wieder
unerfreulich. Wobei man sagen muss, dass der Hafenmeister mich morgens
einlud, nächstes Mal an dem neuen Schwimmsteg anzulegen, den
sie extra für kleine Boote angeschafft haben. Der
Rückweg war ein Rennen mit drei Traditionsseglern: Albatros
und Seute Deern holten wir leicht ein, obwohl sie wesentlich
früher gestartet haben. Johann Smidt ist richtig schnell.
Dafür aber kein richtiger Traditionssegler, modernes Rigg,
hochgetakelter Besan, insgesamt ein hässliches Schiff. Aber
eben ein zweckmäßiges. Seute Deern: Eine
Schönheit. Aber wir konnten uns sogar erlauben, uns in eine
bessere Fotoposition zu segeln, um nach dem Knipsen doch zu
überholen.
Ach ach, jetzt ist das schon wieder so lang und ausführlich
geworden. Es waren doch nur einmal fünfzig und einmal knapp
hundert Meilen. Aber Paula und ich waren richtig in unserem Element,
haben fast alles umgesetzt, was wir dieses Jahr gelernt haben, durften
jede Meile zutiefst genießen, und ich hatte nicht ein
einziges Mal das Gefühl, jetzt endlich irgendwo ankommen zu
wollen, sondern hätte, wenn es nicht so früh dunkel
würde, noch Stunden weitersegeln wollen. Da wird man sich ja
wohl mal seiner Euphorie hingeben dürfen...
August
2019 Was Paula will, möchte Paula
auch: Zweimal samstags nach Schleimünde
Freitagabend kommt eine SMS von Erik: "Morgen Schleimünde mit
Lovis?" Das ist genau, was wir zwischen zwei Bootsübergaben am
Samstag und einem Skippertraining am Sonntag brauchen. Das Wetter -
sommerlich warm bis heiß, leichter bis
mäßiger
Ostwind, Sonne satt - verlangt geradezu nach einem Ründchen
segeln. Ich sage zu.
Aber nicht, ohne mich am Sonntagmorgen bei Paula* zu vergewissern, ob
die Information auch wirklich stimmt. Die ist vormittags noch bei einem
Reitturnier, Lovis wird nicht vor neunzehn Uhr eintreffen. Das wiederum
passt mir gut, ich muss noch Einkaufen, Abwaschen, Aufklaren, die
Kuchenbude abbauen... - wir schaffen mit Vollgas die Brücke um
Viertel vor fünf. Da ist Pommery schon auf Höhe
Olpenitz.
*Regelmäßige
Leser kennen
sie schon, die beiden Paulas: Die eine ist mein geliebtes Boot, die
zweite gehört zu Lovis' phantastischer Familiencrew. Auch wenn
es
auf Kosten der Lesbarkeit geht: Sie heißen im Text beide so,
wie
sie heißen.
Ost zwei bis drei ist nicht optimal für jemanden, der es eilig
hat. Haben wir ja nicht. Wir kreem Knipsen doch zu
überholen.
Ach ach, jetzt ist das schon wieder so lang und ausführlich
geworden. Es waren doch nur einmal fünfzig und einmal knapp
hundert Meilen. Aber Paula und ich waren richtig in unserem Element,
haben fast alles umgesetzt, was wir dieses Jahr gelernt haben, durften
jede Meile zutiefst genießen, und ich hatte nicht ein
einziges Mal das Gefühl, jetzt endlich irgendwo ankommen zu
wollen, sondern hätte, wenn es nicht so früh dunkel
würde, noch Stunden weitersegeln wollen. Da wird man sich ja
wohl mal seiner Euphorie hingeben dürfen...
August
2019 Was Paula will, möchte Paula
auch: Zweimal samstags nach Schleimünde
Freitagabend kommt eine SMS von Erik: "Morgen Schleimünde mit
Lovis?" Das ist genau, was wir zwischen zwei Bootsübergaben am
Samstag und einem Skippertraining am Sonntag brauchen. Das Wetter -
sommerlich warm bis heiß, leichter bis
mäßiger
Ostwind, Sonne satt - verlangt geradezu nach einem Ründchen
segeln. Ich sage zu.
Aber nicht, ohne mich am Sonntagmorgen bei Paula* zu vergewissern, ob
die Information auch wirklich stimmt. Die ist vormittags noch bei einem
Reitturnier, Lovis wird nicht vor neunzehn Uhr eintreffen. Das wiederum
passt mir gut, ich muss noch Einkaufen, Abwaschen, Aufklaren, die
Kuchenbude abbauen... - wir schaffen mit Vollgas die Brücke um
Viertel vor fünf. Da ist Pommery schon auf Höhe
Olpenitz.
*Regelmäßige
Leser kennen
sie schon, die beiden Paulas: Die eine ist mein geliebtes Boot, die
zweite gehört zu Lovis' phantastischer Familiencrew. Auch wenn
es
auf Kosten der Lesbarkeit geht: Sie heißen im Text beide so,
wie
sie heißen.
Ost zwei bis drei ist nicht optimal für jemanden, der es eilig
hat. Haben wir ja nicht. Wir kreuzen entspannt die Schlei auf, treffen
Pommery, und dann beschließen
wir, Lovis entgegenzusegeln. Zwei Yachten, definitiv keine Folkeboote.
Einen Traditionssegler. Und dahinter einen weißen Fleck. Nur
dieser interessiert uns. Er wird größer. Nimmt
allmählich dire Silhouette eines Segelbootes an. Eines
Folkebootes. Und zwar nicht irgendeines Folkebootes. Sondern unserer
geliebten Lovis.
Paula,
Henri und Thorsten freuen sich riesig über das
Empfangskommittee.
Paula geht Ruder, die Boote leuchten in der Abendsonne um die Wette.
Der contest besteht schließlich offenbar darin, wer das
Einlaufen
in den vollen Hafen am längsten hinauszögern kann.
"Ich
finde, Erik soll sich mal um Liegeplätze kümmern",
rufe ich
zu Lovis rüber. Wir liegen schließlich im
Päckchen in
zweiter Reihe. Der Innenlieger ist nicht begeistert, als die Kinder ins
Cockpit steigern, während das Abendbrot auf dem Tisch steht -
"Da
in der Mitte dürft ihr auf keinen Fall rauftreten, das
hält
nicht", gibt er deutlich zu verstehen. Thorsten erkundigt sich nach
Paulas Schlauchboot: "Ich würde es auch aufpumpen." Machen wir
gemeinsam und bauen unsere eigene Seilfähre direkt zum Steg.
Es ist ein perfekter, lauschiger und natürlich langer Abend.
Sonntag legen wir dann doch mal endlich ab, noch bevor die Anderen
frühstücken - ich muss ja arbeiten. Dienstag kommen
die
nächsten Gäste zur ganztägigen Einweisung,
Mittwoch ist
Flaute - die Segelwoche ist tüchtig geschreddert, und
nachfolgend
ist mit deutlicher Wetterverschlechterung zu rechnen. Da kommt
die
nächste SMS von Erik gerade recht: "Pommery will Samstag
wieder
nach Schleimünde." Klingt, als wären wir dort
verabredet.
Paula schreibt: "Lovis plant schon am Freitag zu kommen." Das scheitert
letztlich an der Flaute, wir treffen uns also wieder am Samstag - dem
voraussichtlich letzten Sommertag des Jahres. Brütende Hitze,
aber
ein vernünftiges Brischen von 3-4 aus Ost.
Pommery holt uns in Arnis ab. Erik geht duschen, während ich
die
letzten Charterer einweise, dann springen wir an Bord und legen ab.
Lovis ist unterdessen vor uns in Schleimünde - und kommt uns
ein
Stück entgegen. Wir treffen uns vor der Hafeneinfahrt von
Maasholm. Lovis reiht sich ein zwischen Pommery und Paula, jeweils
drei, vier Bootslängen trennen denn Pulk - Auftakt zu einem
spektakulären und absolut filmreifen Furioso. Eines, das wir
nur
zum Besten geben können, weil von vornherein klar ist: An
jeder
Pinne sitzt jemand, der sich und sein Boot absolut im Griff hat.
Was machen wir nämlich? Wir kreuzen nach Schleimünde.
Dicht
an dicht. Wer die Schlei nicht kennt, hat leider keine Vorstellung, was
das bedeutet, und es lässt sich auch kaum in Worte fassen.
Vereinfacht gesagt ist da einfach mal wenig Platz zum Kreuzen. Zu
beachten gilt es: Den Verkehr, der platt vorm Laken segelnd oder
gegenan motorend dem Fahrwasser folgt - und am laut Prognose letzten
Sommernachmittag des Jahres sind wirklich alle
unterwegs. Ein Ausflugsdampfer gehört auch noch dazu. Dann die
Tonnen. Die Wassertiefe. Und jetzt auch noch die beiden anderen Folkes.
Ich kenne nicht allzu Viele, die hier eine Kreuz überhaupt in
Erwägung ziehen - standardmäßig wird
motort.
Das haben
wir vorher nicht
abgesprochen. Aber jetzt ist es spontan völlig klar. Ich
spüre, dass es den Anderen genauso geht wie mir: Riesenfreude
über das Abenteuer. Adrenalin pur und volle Konzentration. Und
hinterher werden wir allenfalls ganz dezent andeuten, dass diese zwei
Meilen nicht ganz alltäglich waren. Pommery hat kein Echolot,
das
ist ein Handycap: Erik kann die Schläge nicht voll ausfahren.
Aber
er kurvt sich wacker durch. Auf der Lovis geht Thorsten Ruder. Henri
und Paula lassen wie ein Uhrwerk die Fockschoten über die
Winschen
rasseln. Diese Eingespieltheit ist schön zu beobachten, die
Kinder
sind zehn und dreizehn und ziehen hier die spektakulärste
Nummer
durch, die man an einem Segelnachmittag haben kann. Paula und ich?
Stoisch wie immer.
Wir
passen aufeinander auf. Wenn Paula wendet, weil das Wasser knapp wird,
wendet Pommery neben uns auch. Wir segeln nicht nach Regattaregeln oder
KVR - wer wendet, egal auf welchen Bug, fällt bei Bedarf so
weit
ab, dass das Boot einen Meter hinter dem Außenborder des
anderen
Bootes durchgeht. Wir segeln miteinander, nicht gegeneinander. Als
Lovis vor uns unvermittelt einen Aufschießer fährt,
während wir sowieso gerade aufkommen, mache ich die
Großschot auf, erkundige mich kurz: "Was macht ihr?" und
reihe
mich hinter ihr wieder ein. Komplett störungsfrei
läuft es
nicht: Eine Fahrwassertonne sehe ich hinter der Fock erst auf die
letzten fünf Meter und kann gerade noch anluven, um ihr
auszuweichen. Als ich kurzzeitig das Echolot ignoriere, fahren wir die
nächste Wende auf 1,40m Wassertiefe. Einen Schlag fahren wir
in
Richtung eines Angelbootes, fahren ihn auch schön lange aus,
weil
die Bö so günstig ist. Während Paula
schnittig durch die
Wende geht, pöbelt der Angler etwas von "Ich besorg mir ne
Knarre.
Dann könnt ihr was erleben!"
Da hat Paula längst beschlossen, dass ihr die Sache hier zu
eng
und zu heikel ist, und hat die anderen einfach mal überholt.
Auch
das war nicht geplant, aber ich bin auch nicht traurig
darüber.
Hinter wendet Lovis knapp vor dem gleichen Angelboot.
Der Angler,
vermutlich überwältigt davon, dass ihm jetzt sogar
Kinder
seinen Butt verscheuchen, schweigt. Ansonsten fahren wir klar
erkennbare, punktgenaue Manöver, und ich behaupte: Wir
behindern
trotz reichlich Verkehr kein einziges Boot mit Wegerecht. Zu dumm, dass
wir vergessen haben, den Kameramann zu engagieren.
Schleimünde ist natürlich voll um siebzehn Uhr an
diesem
Traumtag. Schleimünde ist aber nie rappelvoll in der Art, wie
andere Häfen rappelvoll sind. Schleimünde lebt und
atmet. Da
legt dann auch mal jemand um siebzehn Uhr ab, um nach dem
Kaffeekränzchen wieder nach Hause zu fahren, und sofort
stürzt Paula sich mutig auf diesen Platz mit Stegzugang. Lovis
und
Pommery machen es sich hinter unserem Heck
gemütlich. Pommery
legt zunächst gegenüber an einem Pfahl an. Erik macht
das
gerne so: In aller Ruhe schonmal die Segel packen, und dann durch den
Hafen treiben, unterstützt von kräftigen
Schwüngen an
der Pinne. Er kann das richtig gut. Auch wenn er kein Hamburger ist -
wenn man einen echten Hamburger Segler kennenlernt, ist das erste
Gesprächsthema immer das Wriggen. Erik hingegen redet nicht
darüber, sonst macht es. Paulas sarkastischer Unterton ist
gleichwohl unüberhörbar, als sie sagt: "Da kommt Erik
angewriggt." Das hier ist ihre bunte, harmonische, leicht sarkastische
Abenteuerwelt. "Hallo Paula", sagt sie versonnen, als sie über
mein Boot an Land steigt.
Natürlich gibt es eine Menge Hafenkino und
spätabendlich
Wetter live, als nach all dem Wetterleuchten plötzlich Wind
aufkommt. Ich raffe bei den ersten Regentropfen Paulas Kuchenbude aus
der Vorpiek, Erik und ich verkriechen uns darunter und harren noch bis
drei Uhr aus, während es blitzt und donnert und pustet wie der
Teufel. Inzwischen aber aus Südwest, wir liegen ruhig und
sicher
vor Schwell.
Thorsten sagt noch so etwas Tolles: Es beruhige ihn zu wissen, dass er
mit Erik und mir auch in zwanzig Jahren noch auf dieser Bank da
drüben sitzen und auf die Schlei gucken könne.
August
2019 Ein ereignisreicher Sommer
Es
ist eine Menge passiert: Vier Wochen Sommerreise nach Kopenhagen und
Anholt begannen damit, dass Paulas Vor-Vorbesitzer im Cockpit
saß. Später kontrastierten Flaute und "das Andere".
Nach der Reise richteten wir uns für sechs Wochen in Svendborg
ein - ein aus meiner Sicht vollauf geglücktes Experiment. Fast
sechs Wochen verzichteten wir auf die Benutzung des
Außenborders. Natürlich nahmen wir auch wieder an
der Svendborg Classic Regatta teil - Paula und ich sind richtig schnell
geworden. Die Tage davor verbrachten wir zusammen mit Lovis, Pommery
und Havfruen - dieser gemütliche Flottillentörn ohne
Charterboote und Verantwortung fühlte sich wie ein richtiger
Urlaub an.
Mai
2019 Folkeboot-Treffen 2019
Folkeboote - sind das nicht diese segelnden Superheldinnen, die ihre
erstaunlichen Superkräfte fernab der Welt des Comics, sondern
im wirklichen Leben aufs Wasser bringen? Zumindest nutze ich sonst jede
Gelegenheit, es so darzustellen. Doch diesmal soll vorwiegend von
Menschen die Rede sein: Von Folkebootseglern, und von dem, was sie
verbindet und was sie gemeinsam auf die Beine stellen. Zum Beispiel das
Folkeboot-Treffen 2019.
Mai 2019 Wie die Feuerwehr:
Flottillentörn 4.-10. Mai 2019
„Oli lässt fragen, ob ein Boot Ehrenmitglied bei der
Feuerwehr werden kann. Sie findet nämlich, Feuerwehrleute
haben’s drauf. Und außerdem findet sie –
völlig zu Recht: Sie hat es auch drauf. Und das passt doch so
gut zusammen.“ Joe schmunzelt, als ich ihm die Gedanken, die
mein Boot mir zukommen lässt, in Worte fasse.
„Oliese hat es wirklich drauf“, bestätigt
er. Und Robin ergänzt, er werde sich mal erkundigen, was sich
da machen lässt in Sachen Ehrenmitgliedschaft. weiterlesen...
April
2019 Martha als Erste
Martha
hatte die letzten Tage an Land bereits im Hafen verbracht. Am 1. April,
dem ersten möglichen Krantermin, war sie morgens reichlich
vereist
und fand, sie wolle nun zu Wasser. An Land sei es zu kalt. Also
schwebte sie als erstes Boot in den noch leeren Hafen. Um
zwölf
Uhr schwammen auch ihre Schwestern.
Inzwischen - zu Ostern - ist das gefühlt schon lange her, die
Saison hat begonnen, es ist, abgesehen von den frühen
Morgenstunden, schon angenehm warm. Und das erste Saisonhighlight ist
nur noch einen Monat entfernt: Marstalschoner "Bonavista" ist sieben
Jahre nach der Restaurierung des Rumpfes endlich segelklar - das muss
gefeiert werden. Und zwar am 18. Mai. Paula wird sich das nicht
entgehen lassen.
Oktober
2019 Herbst - Zeit der knackigen
Äpfel. Der einsamen Häfen. Und der verschlossenen
Werfttore.
Wir
sind im Winterlager. Es muss
erwähnt werden, dass das
Kranen in scharfem Kontrast zum letzten Jahr diesmal eine ziemlich
entspannte Angelegenheit war. An dem Diesntag mit dem Sturm haben wir
es einfach nachgelassen. Da standen aber drei von fünf bereits
an Land.
Die
ersten Arbeiten für den soften Einstieg: Reitbalken
für Oli und Martha angefertigt, nicht ohne beim Einbau
Schäden zu entdecken, die gleich behoben werden
wollen.
Oktober 2018 Folkeboot-Treffen 2019
Wir machen jetzt Folkeboot-Treffen
2.0:
Alles genauso, nur anders.
Mike, Katja und ich wollten die bisherige Arbeit und Verantwortung so
nicht mehr haben, Nachfolger aus dem Kreis der
regelmäßigen Teilnehmer fanden sich nicht. Also
dachten wir uns: Auch gut, dann findet das Treffen eben trotzdem statt.
Dass es niemand organisiert, bedeutet: Wir liegen wie immer an der
Kranplatte, und es gibt auch einen Grill, den wir benutzen
dürfen.
Für Speisen und Getränke sorgt jeder selbst. Musik
gibt es
nur, wenn jemand seine Klampfe mitbringt.
Vielleicht ist das um so charmanter: Wir tauchen ein in die Wunderwelt
des individuellen Bordlebens. Michael und Udo haben das in der
Ausstellung ja schon schön festgehalten: Jeder zelebriert
seinen
Folkeboot-Alltag auf andere Weise. Zwischen kreativem Chaos und
penibler Ordnung. „Weniger Meilen, besser essen“,
„Zu
trinken hab ich nur Champagner“, „Mist, die
Tütensuppen sind alle“ - wie lautet euer Motto? Wir
sind
gespannt. Eine Regatta vorweg soll es unbedingt weiterhin geben - hier
wird noch ein Verantwortlicher und Organisator gesucht, aber
für
diesen überschaubaren Aufwand sind wir optimistisch. Einziges
Manko: Der oder diejenige wird nicht teilnehmen können.
Kaum habe ich das geschrieben, melden sich die Freiwlliigen. Mal sehen,
was daraus wird.
Also dann, der Termin steht fest: Wir treffen uns am Samstag, 25. Mai, gegen 13 Uhr wie
gewohnt in Arnis an
der Kranplatte. Der Rest liegt an euch.
September
2019 Saisonausklang?
Der Sommer endet am Fraitag, 21. September. Genau um 11 Uhr vormittags.
Da nämlich kommt die Kaltfront. Mit ihr: Sturm, Regen und ein
Temperatursturz um fast 10 Grad. Das Wasser fällt um einen
Meter. Um so glücklicher sind Paula und ich über den
vielleicht letzten Ausflug des Jahrs.
Es
waren letztlich nur drei Tage. Schon am Montag war bestes Segelwetter -
sonnig, warm, vier Windstärken. Doch da hatte ich mir noch ein
paar Termine hingelegt und auf den Freitag als Rückreisetag
spekuliert. Das war vor der Sturmwarnung. Wie letztes Jahr sollten wir
Mike und Admiral Jacob bei ihrer Anreise zur Silverrudder begleiten.
Als wir Dienstagmorgen ausliefen, stand meine Törnplanung
bereits fest: Drejø Gamle Havn als Muss für den
ersten Tag, von da nach Mjels Vig als gutem Ausgangspunkt für
die Rücktour bei Südwest. Für Mike stand die
Silverrudder bereits erheblich in Frage, manifestierte sich doch die
Sturmwarnung, und auch gleich noch eine zweite für den
anschließenden Montag - sollte er die Regatta
überleben, käme er anschließend nur sehr
verspätet zurück nach Hause. Reihenweise sagten
andere Teilnehmer ab. Und wir machten es uns einfach ein bisschen nett.
Den Gamle Havn kannte Mike noch nicht. Entsprechend dankbar war er nach
der Ankunft, dass ich ihn dorthin gelotst hatte. Wobei von lotsen nicht
wirklich die Rede sein kann: Ohne Echolot musste er seinen Weg durch
unbetonnte Flachs navigieren, während wir am Ende der vierzig
Meilen eine gute halbe Stunde zurücklagen. Ich hatte schon
länger den Eindruck, Paula sei langsamer, als sie sein
müsste oder könnte. Jetzt bestätigte sich
dieser Verdacht recht eindrucksvoll, aber dem Segelspaß tat
das keinen Abbruch. Im Hafen lagen drei Motorboote aus Svendborg, doch
die Crews tranken nur schnell noch ihr Bier zu Ende, torkelten an Bord
und legten unter Getöse ab. Wir hatten den idyllischen Ort
für uns allein - ein Traum in Laubgrün, Himmelblau
und Mahagonirot.
Tag zwei begann mit dem Nervenkitzel, aus der Abdeckung in die Rinne zu
segeln. Die Bäume produzierten erhebliche Turbulenzen, das
Brischen kam aus sämtlichen Richtungen, manchmal aus zwei
gleichzeitig: Die Fock schlug im Gegenwind, die Großschot war
zu dicht für den Raumschotskurs weiter oben. Als wir das
Gekräusel erreichten, zeigte sich der Grund: Mit satten
fünf Beaufort sausten wir erstmal tierisch los.
Wolkenverhangen, trüb, grau in grau - es war ein
sensationeller Kontrast zum farbenfrohen Vorabend. Als wir
Avernakø passierten, klarte es auf. Der Wind
schwächelte. Eine Mordsdünung lief aus Süden
heran. Es wurde stampfig. Und immer stampfiger. Bis zur Nordspitze von
Als war es nur sporadisch schönes Segeln. Dann bekamen wir
endlich, wonach Paula und ich uns gesehnt hatten: Südwest
fünf bis sechs, irgendeine Form von Kreuzen war angesagt, aber
endlich war es grandioses Segeln mit Schräglage, Spritzwasser
und Speed. Admiral Jacob geriet außer Sicht - am Ende lagen
wir eine Dreiviertelstunde zurück, aber Mike, der sich in
vielen kleinen Schlägen in den Als Fjord kämpfte,
jammerte, es sei richtig unangenehm holperig gewesen. Immerhin hatte er
da seine Bestätigung, dass es richtig war, die Silverrudder
ausfallen zu lassen: "Noch ein, zwei Windstärken mehr und dann
auch noch nachts - das muss ich echt nicht haben." Paula
fühlte sich pudelwohl: Der Wind drehte immer
südlicher, von 280 Grad besserte sich unser Kurs auf 250, und
das brachte uns an eine Untiefentonne südlich der Genner Bugt
- dort fuhren wir die einzige Wende des ganzen Tages. Wir segelten
zahlreichen größeren Yachten auf und davon. Leicht
zu erklären: Die hatten sich bei dem schwachbrüstigen
Wind und der Dünung für Vollzeug entschieden, jetzt
wagten sie nicht, das Reff einzubinden und konnten überhaupt
keine anständige Höhe laufen. Für uns war es
genau der passende Wind. Begeistert legten wir an. Und weil es die
Mjels Vig war, wo man immer nette Leute trifft, lagen neben Mike da
auch Jonathan, Maria und Enno aus Arnis mit Vadderns
36-Fuß-Schiff, und später traf auch noch
Wellenreiter ein.
Wellenreiter ist ein seltenes Exemplar von Kielschwertkreuzer, eine Art
übergroßer Jollenkreuzer, liebevoll restauriert von
seiner Eignergemeinschaft. Und weil die Eignergemeinschaft aus Speyer
kommt und es durchaus versteht, das Leben zu genießen, wurden
Jonathan und ich zu später Stunde noch mit
pfälzischem Wein an Bord gelockt. Wir ließen uns
gerne locken...
Der Nachhauseweg begann mit Regen, gefolgt von Flaute. Zehn Boote
trieben mit einem Knoten durch den Als Sund, bis die Wellenreiter-Crew
einen ernstgemeinten Versuch unternahm, die nächste
Brückenöffnung zu schaffen: Sie warfen den Diesel an.
Es war ein interessantes Schauspiel: Jedes Schiff, das sie einholten,
begann ebenfalls zu motoren. Auch Paula. Obwohl mir bereits klar war,
dass es zu spät war. Aber ich wollte ja nicht der
blöde Klugscheißer sein, der einfach abwinkt und am
Ende doch der Einzige ist, der die Brücke nicht schafft. So,
wie es war, bekam Wellenreiter noch die offene Brücke zu
sehen. Eine halbe Stunde Vollgas völlig umsonst? Wir
hätten wohl auch für die nächste
Öffnung ein Stück motoren müssen. Und eine
Stunde Beiliegen vorm Alsion vergeht schneller, als man meinen
könnte. Es war dann aber schon kurz vor drei, als wir aus dem
Stadthafen Sønderborgs kreuzten. Auf Höhe
Yachthafen machte es "flopp", die Segel hatten Druck, und bis
Schleimünde war es Rauschefahrt mit um die sechs Knoten.
Überflüssig zu erwähnen, dass der Wind dann
wieder so weit abnahm, dass wir gleich die nächste
Brücke verpassten.
Dann kam der Sturm und das Niedrigwasser - und ich konnte endlich
deutlich sehen, was ich bisher nur vermutete: Als Paula stand und das
Heck ein bisschen aus dem Wasser guckte, zeigten sich die Seepocken.
Das wird uns nicht grundsätzlich davon abhalten, nochmal
loszufahren, wenn das Wetter entsprechend ist. Aber vorläufig
mache ich es mir unter der Kuchenbude gemütlich und treffe
Vorbereitungen für die Winterarbeit. Es war eine tolle Saison,
dieser letzte Ausflug eine wunderbare Abrundung - womit sollen wir das
jetzt noch versuchen zu toppen?
August/September
2018 Wieder Zitronenkuchen. Und noch mehr
Zauberkräfte.
Samkas
Geduld ist beispiellos. Seit Jahrzehnten liegt das Schiff als
Museumskümo in Marstal, unterbrochen von gelegentlichen
Ausflügen, aber meistens gepflegt und unbewegt. Sie wirkt
ruhig, verlässlich und unerschütterlich. Wir legen
nicht unbedingt deswegen so gerne direkt vor bzw. unter ihrem Bug an,
aber es wäre an sich schon ein guter Grund. Jetzt
könnte man meinen, ihre Geduld und Ruhe seien ansteckend, wenn
ich Oliese da so ankommen sehe:
Äääääußerst
laaaaaaangsam. Ich weiß, dass es nicht an Samka liegt - die
Charterer lassen sich mit allem Zeit. Hektik kommt denen nicht an Bord.
Es ist großartig. Zuverlässig wie Samka - ich kann,
während Oli schon im Approach ist, in aller Ruhe die Segel
zuende packen, und werde doch rechtzeitig fertig sein, um Leinen
anzunehmen.
Kaum sind wir von der Schwedenreise zurück, geht es schon
wieder auf Dienstreise. Allerdings nur für Paula und Oliese.
Und mit diesen ruhigsten aller ruhigen Charterer ist es ein echtes
Vergnügen. Wir haben uns nicht das schönste Wetter
ausgesucht: Samstag Skippertraining ohne Wind und bei Dauerregen.
Sonntag gerefft nach Marstal, und etliche Schauer ziehen vor und hinter
uns durch. Montag Liegetag bei Gepuste Stärke 7. Mittwoch
sollen wir schon zurück an die Schlei, denn Donnerstag reisen
die Gäste bereits ab, und da sieht es auch nicht nach
Schönwettersegeln aus.
Bleibt der Dienstag für einen schönen,
gemütlichen, abwechslungsreichen Segeltag zwischen den Inseln.
Wir entscheiden uns für den Weg durch Rudkøbing
Løb und Svendborg Sund, mit Tagesziel Skarø.
Beinahe wird nichts daraus: Oli legt ab, doch das Großfall
ist mit dem dusseligen Radarreflektor unklar. Total verheddert, so
lässt sich das Segel nicht setzen. Die Frage ist: Wie kommen
wir da ran?
Mein Blick fällt auf die große Samka neben uns.
Könnte gehen. Ich nehme Paulas Bootshaken, steige auf den
Kümo, gehe zum Vorschiff, finde einen ins Schanzkleid
integrierten Belegpoller, komplett mit Signalmastwant zum Festhalten.
Oliese nähert sich. Zum Glück gewohnt vorsichtig, wir
wollen hier ja keine Lackschäden hinterlassen. Auf dem Poller
stehend, passt
es haargenau: Der ausgezogene Bootshaken erreicht gerade so eben das
Fall
oberhalb der Jumpstagspreize. Binnen Sekunden ist es wieder klar.
"Dank dir, Samka", rufe ich fröhlich. Und die alte Dame
scheint froh zu sein, endlich mal wieder wirklich nützlich
gewesen zu sein.
Nach diesem letzten, kleinen Flottillentörn des Jahres ist es
aber auch gut mit Dienstreisen. Paula findet, wir brauchen Urlaub, und
das Wetter bessert sich erheblich. Also
laufen wir gleich wieder aus. Es sind unspektakuläre sechs
Tage, aber Einiges ist höchst bemerkenswert. Zum Beispiel
unsere Tagesdistanzen: Erst am letzten Tag, als es von
Hjortø zurückgeht, legen wir mehr als 20 Seemeilen
zurück. Drei Tage brauchen wir bis Ommel. Zwischenstopp
in Ærøskøbing, den Zitronenkuchen
genieße ich dann vor Anker im Lindelse Noor. Klingt alles wie
im Frühjahr? Ist auch wieder genauso schön. Nur dass
wir ins Noor diesmal waghalsig reingekreuzt
sind
- wir werden allmählich zutraulich. Auf dem Weg nach
Hjortø knacken wir dann noch einen Rekord aus dem
Frühjahr:
In
elf Stunden schaffen wir diesmal nicht 22 Meilen, sondern 12! Wer
hätte gedacht, dass Paula einmal einen so geduldigen Menschen
aus
mir zaubern würde? Zauberhaft ist übrigens auch der
Frühnebel.
Juli/August
2018
Ein wildes Abenteuer Paula, wie war deine
Sommerreise?
Wenn ich jetzt sage „grandios“, trifft es das nicht
ganz. In Zahlen ausgedrückt waren es 784 Seemeilen an 42
Tagen,
bei nur 3 Liegetagen und extrem wenig Motoren. Nicolas und wir Boote
sind mit wechselnden
Crews sechs aufregende, kontrastreiche Wochen lang durch die
Gegend gesegelt. So lange haben wir
das noch nie gemacht. Aber jetzt könnten wir ewig so
weiterfahren!
Das hört sich
ja toll an. Aber kannst du es ein bisschen genauer beschreiben?
Nein. Du hättest dabei sein müssen. Du
hättest es spüren und fühlen und miterleben
müssen. Dann, und nur dann, könntest du es
nachvollziehen. Es war eine Schinderei für ein altes Boot, und
gleichzeitig ein fast permanentes Glücksgefühl.
Ist denn gar nichts
schiefgegangen?
Natürlich sind Dinge schiefgegangen. Was erwartest du? Auch
das geht in Zahlen: Acht Grundberührungen. Zwei verbrauchte
Lenzumpen, drei gerissene Vorsegel, zwei Wutanfälle und eine
defekte Bordbatterie. Unser Timing war oft perfekt, aber einmal schlief
der Wind beim Segelsetzen ein, und auf dem Rückweg waren wir
nur fast
rechtzeitig im Hafen. Anlegen an der Schäre war auch nicht
jedes Mal elegant - ein unfreiwilliges Bad und zwei
kleine Lackschäden war der Spaß wert!
Und was sagten eure
Chartergäste?
Die sagten: „Wir hatten Zustände an Bord.“
„Raus aus der Komfortzone.“ „Ich habe
meine Grenzen erlebt – und sie waren ganz woanders, als ich
sie erwartet hätte.“ Meistens waren sie einfach
sprachlos.
Deine schönsten
Erlebnisse?
Hm. Die Wahl fällt schwer.
Überhaupt mit meinen Schwestern nach Schweden gekommen zu
sein. Dort bestaunt und bewundert zu werden. Im
überfüllten Anholt einen ungestörten Platz
für uns allein zu finden – sowas können
übrigens nur wir fünf. Die erste Schäre
– beim Anlegen hat keiner den Außenborder benutzt,
und wer nicht dabei war, wird sich fragen: Geht das? Nicolas‘
vor Rührung leuchtende Augen anschließend beim
Segelpacken.
Später sind wir ja noch Regatta gesegelt und hatten meine
zwölfjährige Namensschwester als Taktikerin dabei.
Nicht als "Nummerngirl", wie die Anderen gesagt hatten. Und wir sind
aus der Dyvig gekreuzt. Wir waren uns einig, Nicolas und ich: Geht
nicht, also machen wir’s. Denn ich bringe ihm ja gerade das
Zaubern bei.
Ich könnte jetzt weiter aufzählen: All die
improvisierten Anleger, wir haben ja öfter das Schlauchboot
als Seilfähre benutzt. Das Gewitter vor Falkenberg. Die Kreuz
im Stig Fjord. Oli bei mir im Längsseitsschlepp. Hach, und
dann will ich noch sagen: Gleichberechtigt neben meinen
schönsten Erlebnissen steht die Begeisterung der Charterer.
Ganz egal, was die erwartet hatten – es kam ja ganz und gar
anders. Und sie genossen es. Sie ließen sich darauf ein. Die
haben erlebt, was sie vorher nicht mal ahnten – und das ist
doch eine äußerst befriedigende Bilanz für
mich. Die Veranstalterin. Sozusagen.
Jetzt fragen wir aber
mal deinen Skipper, womit für ihn die Reise begann.
Paula kann zaubern. Überrascht euch das? Nein, den
Zitronenkuchen hat sie nicht gezaubert, den habe ich beim
Bäcker in Ærøskøbing
käuflich erworben. Aber sie hat zum Beispiel die Idee zu dem
Zwischenstopp dort in meinen Kopf gezaubert. Und vor allem hat sie
für eine Woche gesorgt, in der wirklich alles perfekt gelang -
und das, obwohl ich mir überhaupt nichts Konkretes vorgenommen
hatte. Aber der Reihe nach - begonnen hat unser Ausflug in Marstal, wo
wir auf die Schnelle einen inoffiziellen Museumshafen
gründeten, und wo ich feststellte, dass ich mich hier am
allerdollsten zu Hause fühle. Und dann gab es auch noch
phantastische Neuigkeiten...
Von vornherein steht fest, dass es eine
außergewöhnliche Woche wird: Unterwegs mit vier
Booten und vier Personen. Es beginnt mit einem spektakulären
Gewitter, danach segeln die Charterboote stets gerefft. Wir befreien
uns aus der Technikfalle, und dann erlebt Flensburg die
Folkeboot-Invasion.
Es kommt selten vor, dass ein Flottillentörn
ausfällt. Paula
und ich hatten also frei und nahmen uns vor, so lange, so weit, so viel
und so schön wie möglich zu segeln.
Mai
2018
4. Folkeboot-Treffen in Arnis, 26. Mai 2018
Bestes Wetter, fröhliche Stimmung - und Rekordbesuch: Nicht
weniger als 30 Boote folgten diesmal der Einladung, von denen stolze 24
an der kleinen Jedermann-Spaßregatta ohne Startgeld,
Preisverleihung und Ellenbogen teilnahmen. Abends lagen zeitweise neun
Boote im Päckchen - so etwas hatte ich bis dahin noch nicht
gesehen.
Man darf wohl sagen: Die Veranstaltung hat sich etabliert. Als
Veranstalter danken wir fürs Kommen und die warmen Worte, die
uns vor Ort oder hinterher per Mail erreichten. Das Treffen besteht
weniger aus unserer Organisation als vielmehr aus euch, den
Teilnehmern. Also den wunderbaren Booten und ihren Crews.
Mai 2018
Drama-Queen Jane reist ab...
...allerdings nicht nach Stockholm, sondern zunächst ins
Sanatorium Grödersby. Die alte Dame sollte eigentlich eine
dreimonatige Reise unternehmen, mit Aaland-Inseln, Göta-Kanal
und allem drum und dran. Erfahren, wie sie ist, trat sie im letzten
Moment auf die Bremse: Als erster Dämpfer sauste auf dem Weg
zur Folkeboot-Treffen-Regatta das Achterstag vom Mast. Nach dem
Probeschlag am folgenden Tag lief die Bilgepumpe alle zwei Minuten, und
so gab es gar nichts zu diskutieren: So kann Jane nicht nach Stockholm
segeln.
Nun steht sie also erstmal in der beruhigenden Kühle der
Grödersbyer Werft und lässt sich an Sponungen,
Kalfaten, Steven und allem, was sonst noch nach neuralgischen Stellen
aussieht, gründlich pflegen. Vorsichtige Prognose: Nach
dreiwöchiger Verzögerung wird sie fit genug sein, um
doch noch die lange geplante Reise antreten zu können.
Ist nicht immer so einfach mit den Booten - aber das macht sie ja so
sympathisch: Genau wie Menschen sind sie keine Roboter. Eigner
Björn trägt die Misere bisher
äußerlich gelassen -
wünschen wir ihm, dass er für seine Geduld reichlich
belohnt
wird.
Update nach einer Woche stationären Aufenthalts: Der
Achtersteven ist tiefgründig morsch. Aber wird
schon.
Update nach fünf Wochen: Jane schwimmt wieder. Erfolgreicher
Probeschlag. Und Björn, nicht zu entmutigen, bricht auf.
Update am Ende der Rückkehr: Ein begeisterter Eigner hat die
Route
notgedrungen ein bisschen abgekürzt, hier und da Schwerpunkte
gesetzt und dann einfach wieder Strecke gemacht - normale
Spielfilmlänge statt Director's Cut. Aber die bisher
längste
Segelreise seines Lebens hat stattgefunden. Keine Schäden am
Boot.
Und allein schon ein ausgiebiger Aufenthalt auf Gotland rechtfertigt in
meinen Augen den Aufwand. Den Rest
muss Björn selbst erzählen.
Mai 2018 Knappe Kiste - Paulas erster Ausflug
Vor
lauter Skippertrainings kamen Paula und ich bisher kaum aus der
heimatlichen Box. Das werde ich nächstes Jahr anders regeln,
so geht das einfach nicht. Immerhin fanden wir drei
Tage Zeit für ein gemäßigtes
Ærø rund:
Hørup Hav, Birkholm, dann zurück. Der Wind reichte
immer
nur bis
mittags, das schenkte mir aber zwei Stunden meditativen Segelns mit
einem halben Knoten, bevor die Abendbrise uns nach Birkholm
spülte. Nicht spektakulär, aber ein gelungener
Auftakt. Die
großen Highlights kommen ja auch erst.
April
2018 Wenn das Boot fröhlich schwimmt,
freut sich der Mensch
"Aber
aber wo wo wo ist Oli? Und wo ist das Wasser?" Auf ihre selbstbewusste
Schwester und Klassensprecherin musste Salty ein halbes
Stündchen
warten, bis auch sie aufgeladen, festgezurrt und abfahrbereit vor die
Halle gestellt war. Bis es endlich wieder Hafenwasser zu sehen gab,
verbrachten sie noch zwei Nächte hinter Gittern. Die
restlichen
Boote drehten und wendeten wir einen Sonntagvormittag lang mit
Schwerlastrollen und Hubwagen (Dank an Stephan und Martin!!), bis alle
so standen, dass man unter fahren und aufladen konnte - sozusagen plug
and play.
Beim
Frühjahrskranen war ich sonst immer ein bisschen
nervös, und
letztes Jahr hochgradig überrascht, dass wir alle
fünf Boote
am gleichen Tag schafften. Dieses Jahr hatte ich es so geplant, und es
war auch gar keine Zeit für Emotionen: Um neun Uhr zuckelte
Oliese
rückwärts dem Trecker hinterher, zwischendurch war
Spanngurte
ab, Krangurte unter, Verholen und Lansdtrom Legen, dann wieder
Transportgeschirr ran, Spanngurte fest, kurze Fahrt zum Hafen,
Spanngurte ab, Krangurte ran.... um dreizehn Uhr tauchte als Letztes
Marthas Ballast in langersehnte kühle Nass. Man darf sagen: Es
lief ganz gut. Danach war Zeit für ein erstes
Kaffeekränzchen
in Paulas Cockpit, sowie für eine dringend benötigte
Mittagsstunde nach der langen Schufterei der vergangenen drei Wochen,
die diesen Erfolg möglich machte.
Als
ich Frieda in ihrem ungeliebten Schwebezustand sogar noch
fotografierte, fragte mich ein freundlicher Mit-Hafenbenutzer, ob er
mir beim Verholen helfen solle - zu zweit sei es ja einfacher. Ich
lehnte freundlich ab: Erstens hatte er zwar Recht, aber Frieda und ich
waren ja bereits zwei. Zweitens hatte ich lange genug auf den
Spaß verzichtet, um ihn mir nicht mit jemand Fremdem zu
teilen.
Und außerdem hatte ich vor einer Dreiviertelstunde schon
Paula
direkt aus den Gurten in die Box gefahren, und alles, was ich dazu
brauchte, war ein kurzer Ruck an der Achterleine und rechtzeitiges
An-Bord-Werfen der Vorleine. Mit Frieda lief es dann genauso - erst
noch an der Kranplatte Festmachen ist etwas für Leute, die
entweder schlecht vorbereitet sind oder nicht Boot fahren
können!
Oder für ungünstigeres Wetter, als wir es
uns ausgesucht
hatten: Sonnig, warm, trocken, einigermaßen windstill - was
sollte uns aufhalten? Mit Martha schipperte ich gleich noch einmal
rings um den Steg auf den künftigen Platz von Folkeboot Tzefix
-
in der Hoffnung, dass die möglichst spät anreist aus
dem
Schleswiger Winterschlaf.
Alle
fünf - auch und vor allem die mit Reparaturen im
Unterwasserbereich - waren so dicht, dass Normalbetrieb der eingebauten
Lenzpumpen von Anfang an reichte. Marthas sprang während des
ganzen, langen Verholens keinmal an, die mitgebrachten Tauchpumpen nahm
ich gleich wieder von Bord. Nun müssen die Masten zum Hafen,
ebenso die Außenborder und die Ausrüstung, und ein
paar neue
Töpfe und Pfannen von Ikea soll ich auch noch organisieren vor
dem
Saisonstart. Aber heute Abend darf ich kurz durchatmen und ein
Gläschen Portwein auf die phantastischen Boote trinken.
Danach
wollten aber Masten gestellt (tausend Dank an Anouk und Jens
fürs
Knöpfchendrücken!!), Segel angeschlagen, Staub
weggespült und Ausrüstung gestaut werden. Darauf
folgten die
Probeschläge: Saltys Außenborder ging gleich in die
Werkstatt, Paula stellte ihren gerne leihweise zur Verfügung.
Friedas Traveller musste ich unterwegs neu einscheren. Ansonsten lief
alles glatt.
Und
inzwischen sind die ersten Charterer bei sommerlichem Aprilwetter
fröhlich unterwegs, und ich vertreibe mir mit Skippertrainings
die
Zeit. Wir sind alle neidisch auf Frieda und Salty, die bereits nach
Dänemark durften, und fühlen uns verwöhnt
von
wundervollen Menschen, die bei und mit uns segeln - so darf es gerne
weitergehen.
Februar
2018
Wir halten zusammen. Immer. Oliese
braucht eine Reparatur an der Außenhaut. Sofort
erklärt sich
Frieda solidarisch, weil sie es nicht erträgt, dass ihre
Schwester
als Sorgenkind dasteht. Dann aber helfen alle fleißig mit:
Beim
Einsetzen von Brettlaschen haben beide etwas Geeignetes im Cockpit
liegen - einen leeren Mischbecher, ein passendes Flurbrett, eine
für einen anderen Zweck geliehene und tunlichst an Bord
behaltene
Teleskopstütze - und halten zuverlässig von
innen gegen,
während ich von außen bohre und schraube. Das spart
mir die
Hilfsperson. Und sorgt für extrem gute Laune. Wenn ich beim
Lackieren die zwei Stellen an Friedas Heckspiegel vergesse, was ja
leicht passiert, wenn ich mit Vorluk, Aufbau und Cockpitsüll
fertig bin, von der Leiter steige und gedanklich schon bei der vor mir
stehenden Martha angekommen bin - dann hält Frieda mir als
Gedächtnisstütze ihre Achterstagtalje ins Gesicht.
Die
hängt schon seit Wochen herunter, ist mir aber nie im Weg, und
renne auch nie dagegen. Außer gestern, als ich die Halle
verlassen wollte und die zwei Stellen noch nicht bearbeitet hatte.
Martha wiederum, immer gut für zusätzliche
Einträge in die To-do-Liste, hält sich bescheiden
zurück, wo doch jetzt Frieda zusätzlichen Aufwand
beantragen
musste.
Ich weiß wirklich nicht, was andere Bootseigner immer zu
meckern
haben über die viele mühsame Arbeit - Boote sind
wunderbar,
und sie segeln, lackieren und reparieren sich mit ein wenig
Unterstützung fast von selbst!
Wer mit diesen Zeilen nichts anfangen kann, hat unseren Winterarbeits-Blog nicht
gelesen...
Oktober
2017 Winterlager
Alles unter Dach. Einschließlich der Patenkinder Jane, Pondus
und Snugga. Ich bin erleichtert - es war ein Angang wie noch nie. An
irgendetwas hakte es immer. Es ging aber auch immer
schließlich weiter, und mit ein bisschen Galgenhumor gab es
sogar etwas zu lachen. Nun heißt es: Boote
auseinanderpuzzeln,
alles heile und hübsch machen, wieder zusammensetzen. Fertig,
der
Frühling kann kommen. Wie es läuft, verrät
der Winterlager-Blog.
Oktober
2017 Absegeln. Aber richtig.
Absegeln - das geht so: Man segelt aus dem Hafen, und wenn man
zurückkommt, ist alles bereit zum Mastlegen. Wäre der
Mastenkran nicht belegt gewesen, hätten wir gleich dort
angelegt - sogar der Heißstropp war schon bereit. weiterlesen...
September
2017 Geburtstag und Jubiläum
Ich
hatte unterwegs
Geburtstag. Verbrachte ihn auf die
bestmögliche Weise: Mit Paula. Sie schenkte mir das
langersehnte Ankern im Lindelse Noor. Sie musste sich erhebliche
Mühe geben, das zu bewerkstelligen. Ihr
größtes Hindernis war meine Engstirnigkeit! weiterlesen...
September
2017 Silverrudder? Ohne uns!
Einhandsegeln? Immer! Aber non-stop rund Fyn? Im Regattamodus? Ohne
Wind? In Svendborg vor der Brücke Ankern, um nicht in der
Strömung zurückzutreiben? In Middelfart vom Neerstrom
mit dem Heck voraus durch die Brücke gespült werden?
Fünfzig Stunden ohne Schlaf oder Pause? Das kann Mike auch
nächstes Mal ohne mich machen. Aber wir nutzten den
schönen Wind, ihn bei der Anreise ein Stück zu
begleiten. weiterlesen...
September
2017 Die kurze Anna
Mal ein Urlaub, keine Dienstreise: Paula und ich mussten unbedingt
nochmal nach Musholm - und entdeckten erstaunliche Dinge. weiterlesen...
August 2017
Der magische Grill
Unsere Augustreise war wie ein rundum gelungenes Grillfest: Es gab
reichlich von Allem - Salziges, süße, warme
Köstlichkeiten wie aus Blätterteig, saftig-feuchte
Steaks, mitunter auch feurig-scharfe Kostproben. Es war eine
ausgewogene Mischung aus Fleisch und Gemüse, vitaminreich und
mit der richtigen Dosis Ballaststoffe und ungesättigte
Fettsäuren - gesund, erfrischend und perfekt abgestimmt.
Die erste Kreuz lief gut. Bewusst zurückhaltend gestartet,
lagen wir an der Wendetonne zurück, aber in Reichweite.
Raumschots kam Paula auf einmal mächtig auf. „Wie
machst du das?“ fragte Eric rüber, als wir Pommery
ein bisschen den Wind klauten und plötzlich neben ihr
auftauchten. Gemeinsam saßen wir Lovis im Nacken. Hinter uns
war Jane, bereits dicht gefolgt von den fünf Minuten nach uns
gestarteten Knarrs. „Was machst du denn?“ fragte
ich Paula, die uns an der zweiten Wendetonne mitten ins Gewühl
gesegelt hatte, das wir doch eigentlich vermeiden wollten. Endlich
verstand ich, was sie mir die ganze Zeit hatte mitteilen wollen. weiterlesen...
Juli
2017
"Fahrt
da bloß nicht hin! Es
ist ganz schrecklich da!" Sommerreise für acht Erwachsene und
fünf Folkeboote
Wieder einmal jede Menge Dinge zum ersten Mal ausprobiert: Ein
Zweiwochen-Flottillentörn Mitte Juli, in der Zeit der vollen
Häfen. Locker-entspannt rund Fyn mit kleinen Abstechern und
ohne übertrieben lange Schläge. Neue Häfen
und Naturhafen-Hopping. Ankern zu fünft im Päckchen.
Bustour auf Ærø und
Fährüberfahrt nach Svendborg, ganz neue Sichtweisen
also - zehn Jahre lang habe ich landseitig nur die
Hafenstädtchen gesehen, die Inseln nur aus dem Cockpit, auch
die Bugwelle der Fähre kannte ich nur in der Form, von ihr
durchgeschüttelt zu werden. Als kulturellen Höhepunkt
gab es in Svendborg diese Fotoausstellung über Folkeboote zu
bewundern, in der auch meine Boote eine Rolle spielten. Lassen wir sie
zu Wort kommen und erzählen, wie sie die Reise erlebt haben.
Anfang Juni war es wieder einmal so weit: Mit mehreren Booten brachen
wir gemeinsam nach Dänemark auf. Diesmal waren es nicht
weniger
als 7 Folkes, die in den Häfen für Begeisterung
sorgten. Viel
Wind, nicht immer Traumwetter - doch es gelang ein ereignisreicher,
begeisternder Törn. Zwei Wochen später war die
Arithmetik
ganz ähnlich - und doch anders: Diesmal waren wir mit
fün. Dafür aber mit sieben Personen.
Skippertrainings, Bootsübergaben, Termine im
schwülheißen Binnenland - der Mai lieferte keinen
Stoff
für umfangreiche Törnberichte. Es reichte immerhin
für
eine schöne Runde ums Sperrgebiet Schönhagen und
anschließendes Ankern im Wormshöfter Noor. Und dann
war da
ja auch noch das 3. Folkeboot-Treffen - nicht nur den Veranstaltern hat
es diesmal besonders gut gefallen.
Als wir in Rabelsund die Segeln bargen, fragte
ich Paula, ob wir je
schonmal am 9. April auf der Ostsee waren. Ich habe noch nicht die
alten Logbücher studiert, aber ich erinnere mich eher an
Segelanschlagen im Juni oder Frühjahrstörns im Mai
ohne vorausgehenden Probeschlag. Dieses Jahr hat Manches
unvergleichlich gut geklappt, so dass wir bei frühsommerlicher
Wärme und idealem Wind - SW 3-4 - so früh segeln
gehen konnten wie nie. Ein Tag Gedümpel auf der Schlei bis
100m vorm Leuchtturm mag nicht besonders spektakulär
erscheinen, aber nach fünf Monaten Entzug hat er zweifellos
seine eigene Magie. weiterlesen
Februar
2017
Happy New Year, und: Gut Lack!
Das Schleifen und Abkleben vor dem Endlack will gründlich und
gewissenhaft erledigt werden. Der Zeitplan von einem Tag pro Boot ist
ambitioniert, doch er passt - vorausgesetzt, ich verzichte auf die
Mittagspause und nehme mir für den Abend nichts vor. Die
Untergrundvorbereitung ist das A&O, und sie fällt
gerade in den Übergang vom Dauerfrost zu günstigen
Lackiertemperaturen.
Beim Eintreffen der Warmfront passiert das Übliche, wenn
relativ feuchte und warme Luft auf noch kalte Boote trifft: Sie
beschlagen. Lackieren geht dann erst nach zwei, drei Tagen, wenn sich
die Temperatur angegelichen hat. Schleifen hat aber auch
seine Tücken: Wenn man die triefende Außenhaut nicht
vorher
trockenwischt, reicht ein Bogen Schleifpapier nicht mal für
einen
halben Meter.
Als wir uns damit abmühen, kommt ein anderer Bootseigner in
die
Halle, um mal wieder einen Blick auf sein Schätzchen zu
werfen.
"Moin", sagt er, "oha - ein einsamer Bastler."
"Nee, nee", antworte ich, "wir sind ja zu viert."
Er: "Ach so, vier Leute - na das schafft ja ordentlich was!"
Ich: "Naja, geht so - die anderen drei sind Boote."
Einsam habe ich mich jedenfalls im Winterlager
noch nie gefühlt...
Dezember
2016
Wellnesswinter
Folkeboot Lene hatte sich den Wellness-Aufenthalt in der Bootswerft
Grödersby anders
vorgestellt. Sie dachte an behutsame Lackpflege, hübsch
aufpoliertes Holz und vielleicht ein bisschen Massage und andere
Streicheleinheiten - doch zuerst verordnete man ihr eine radikale
Diät, die sie in zwei Tagen der Hälfte ihres
Gewichtes beraubte, und anschließend kam der Zahnarzt an
Bord!
Oder jedenfalls der Bootsbauer in
Begleitung des
Bohrers. Genauer gesagt: eines ziemlich langen Kernbohrers. Der Ballast
war schon zum Sandstrahlen abtransportiert, die Kielbolzen entfernt,
die maroden Bodenwrangen abgenommen, die neuen Spanten laminiert.Nun
wurden auch
noch die Stevenbolzen ausgebohrt, und sie widersetzten sich mit
konstruktiver Hartnäckigkeit, hatte man sie doch
schräg eingesetzt, dann die Wrange
darübergestülpt und das Ganze gerade gebogen. Lene
ertrug die Operation schweigend und seufzend, aber Entspannung war es
nicht. Zu guter Letzt wurde auch noch eine gerissene Planke im
Bugbereich erneuert - in diesem Zusammenhang kam zumindest endlich die
ersehnte Wärmelampe zum Einsatz.
Das Loch in der
Außenhaut bot freien Durchblick vom Vorsteven bis unters
Achterdeck - aus dieser Perspektive wirkte das Folkeboot unglaublich
groß und geräumig. Der Eindruck relativierte sich
freilich, wenn man dem Bootsbauer zusah, der von innen die Nieten
austrieb: Sein Körper füllte den Arbeitsplatz
vollständig aus.
Rechtzeitig vor Weihnachten war Lene wieder glüklich: Ihr
geliebter Ballast wurde angeschraubt. Selig und in voller Tonnage
setzte sie sich zurück auf ihren Trailer.
Unterdessen störte sich Jane nicht im Geringsten am Umzug in
Halle zwei, wo sie dem größten Trubel entging und
sich in Sichtweite von Frieda und Martha in bester Gesellschaft
wähnte. Die beiden dienten hier und da auch als
Anschauungsobjekt
für die Bootsbauer. Jane nahm auch keinen Anstoß an
der
Tatsache,
dass diesen Winter Lene die höchste Rechnung aller in der
Werft befindlichen Folkeboote ausgestellt bekommen würde - sie
sah sich in dieser Hinsicht in keinem Wettbewerb. Oder vielleicht doch:
Als Eigner
Björn ein rares Wochenende in der Werft verbrachte, an sich in
der Absicht, dem Werftpersonal Platz für die geplanten
Arbeiten zu schaffen, sah sie sich dennoch berufen, auf die
Prioritätenliste Einfluss zu nehmen.
Björn und Jane sind ein lustiges Gespann. Jahr für
Jahr
schreibt zuerst er seine Wunschliste von Dingen, die er
geändert
oder repariert haben möchte, und wenn Jane endlich zu Wort
kommt,
geht es los mit "...und hier tut das auch weh!" Sie sagte: "Ist ja
schön, dass wir die neuen Schwalbennester haben - aber guck
mal der Spant hier." Wie sie schon einmal begonnen hatte, darauf
hinzuweisen, wo es sie zwickte und zwackte, fielen ihr noch einige
weitere Problemstellen ein. Neues Schiebeluk? Niedergangstür?
Ja, aber die maroden Brettlaschen, und dann vor allem die gebrochenen
Decksbalken - "sieh mal schön zu, dass das mal zuerst gemacht
wird, ja?" Als Björn an diesem Tag zum ersten Mal "ach du
scheiße" sagte, kündigte er selbst gleich an, dass
er es noch öfter tun würde, ahnte gleichwohl selbst
kaum, wie Recht er behalten sollte, doch schließlich
überwog dann die Einsicht: "Wat mutt, dat mutt." Zu einem der
von Jane gestellten Aufgaben sagte ich mitfühlend: "Ziemlicher
Aufwand."
Björn fand es nicht so schlimm,
schließlich sei das ganze Leben mit Aufwand verbunden, "mal
mehr, mal weniger." - "Genau", stimmte ich zu, "weniger oder mehr ist
ganz egal. Hauptsache Aufwand!"
Christopher und ich erkannten später mit Augenmaß,
Zollstock
und kritischem Blick eine bemerkenswerte Besonderheit Janes: Ihr
Niedergang ist um eineinviertel Zentimeter außermittig.
Für
ein neues Schiebeluk und eine Niedergangstür hat das
erhebliche
Konsequenzen, die Wahl zwischen Pest und Cholera bezieht sich hier
nämlich darauf, ob man Lukendeckel oder Tür
schräg baut.
Am nächsten Tag gelang Frieda und mir die Lösung
eines der letzten Rätsel der christlichen Seefahrt: Wir fanden
die Ursache ihrer erheblichen Kompassablenkung. Es waren nicht, wie
ursprünglich vermutet, die Schrauben der Curryklemmen, die
dicht am Kompass im Decksbalken steckten, aber ansonsten lag ich mit
diesem Decksbalken schon ganz richtig: Die Leisten des
Kajütdachs waren mit Eisennägel vernagelt. Es folgte
auch
hier ein gewisser Aufwand, aber der Zeitpunkt, einen neuen Decksbalken
zu bauen, war ideal: Ich sägte ihn aus einem
Reststück vom
Bau von Lenes Bodenwrangen.