Paulas Törnberichte | ||||||
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Wir
sind sieben! - Flottillentörn 3.-9.
Juni 2017
Dienstagmorgen nordöstlich von Als: Sieben
Folkeboote sausen durch die
aufgewühlte See, wie an einer Schnur aufgereiht, unbeirrbar
und
unerschütterlich. Der frühe Aufbruch hat seinen
Grund: Von Lyø kommend
sollen wir uns in der Mjels Vig vor dem aufziehenden Sturm verkriechen.
Bei Südost fünf ist die See amtlich, der Wind
einstweilen ganz
wunderbar, und er verhilft uns zur erhofften schnellen
Überfahrt. Es
ist schade, dass uns das Sturmtief nach drei phantastischen Segeltages
nun vorläufig eine Pause verordnet und der Rückweg in
die Schlei noch
ein bisschen beschwerlich zu werden droht. Doch andererseits haben wir
schon so viel Grandioses erlebt, dass ein Tag Ausruhen und Verarbeiten
durchaus gelegen kommt.!
Juni 2017
Einiges ist mit dieser Gruppe anders, als
ich es gewohnt bin. Zum Beispiel segelt Paula zu Beginn weitgehend
hinterher. Sie achtet strikt darauf, dass ich das Segeln ausgiebig
genieße, anstatt mit die ganze Zeit Gedanken über
die Anderen zu machen. Also hält sie sich zurück,
damit wir allein und ungestört das Ende bilden -
vornewegfahren ist diesmal nämlich kein Selbstläufer:
Diesen Törn veranstalte ich gemeinsam mit Mike von
„Klassisch am Wind“, und seine Admiral Jacob ist
pfeilschnell. Das liegt an den recht neuen Segeln, zweifellos aber auch
am Können des Eigners.
Doch die Crews der Charterboote bringen
ebenfalls reichlich Segelerfahrung mit. Vom ersten Tag an sind die
Fallen sauber durchgesetzt, die Segel einwandfrei getrimmt, die Schoten
weder zu dicht noch zu offen. Wie geraten nie allzuweit auseinander,
bleiben immer in Sichtweite, und der sich ergebende Abstand ist
nützlich beim Anlegen, damit wir uns dort nicht ins Gehege
kommen.
Die Kooperation mit Mike ist auch der Grund,
warum wir mit so
sagenhaft vielen wunderbaren Booten unterwegs sind. Den schwachwindigen
Samstag nutzen wir nach den Einweisungen zu einer Runde Einsegeln auf
der Schlei und verbringen den Abend in Maasholm, wo die Kollegen schon
auf uns warten. Am Sonntag zu früher Stunde brechen wir auf,
hoch am Wind nördlich um Ærø herum und
dann - rechtzeitig vor dem Aufbrisen des Windes - ins traumhafte Ommel.
Es ist Pfingstsonntag, die populären Häfen wie
Marstal oder Lyø drohen einigermaßen voll zu sein
- doch hier, im Zipfel einer flachen, unbetonnten Bucht, haben wir den
kleinen, schlichten Hafen komplett für uns. Die
Abgeschiedenheit ist ideal für alle, die richtig Abschalten
und den Alltag vergessen wollen. Die Martha-Crew, Thomas und Lennart,
verbringen den Nachmittag mit einem Spaziergang nach Marstal - das kann
man also auch haben, ohne im tatsächlich recht vollen Hafen zu
liegen.
Mike und ich freuen uns besonders über das gelungene
Timing: Wenn wir die Gäste in ihrem Urlaub schon um sechs Uhr
aus der Koje scheuchen, muss es dafür einen berechtigten Grund
geben - und der Wind enttäuscht uns keineswegs, sondern brist
genau in dem Moment auf, da wir Skjoldnæs runden und den
Amwindkurs verlassen. Eine Stunde später hätte es ein
ziemliches Gehoppel mit reichlich Spritzwasser werden können.
Und kaum haben wir die Boote festgebunden, reißt beim
Segelpacken die Wolkendecke auf, und man verwöhnt uns mit
herrlicher Abendsonne.
Der Montag ist unser „easy
going“-Tag: Keine große Strecke muss
bewältigt, keinem drohenden Starkwind aus dem Wege gegangen
werden, das Ziel Lyø ist nur zwölf Meilen Luftlinie
entfernt. Es werden dann 22 gesegelte Meilen, weil wir munter zwischen
den Inseln herum und durch die engen Fahrwasser sausen, stressfrei bei
3-4 und nur gelegentlich mehr Beaufort. Lyø ist immer ein
Reise wert und natürlich ganz anders als Ommel. Unsere Boote,
alle nebeneinander am vorher fast komplett leeren Steg, fallen positiv
auf.
Dann also, den nur für diesen Tag zu erwartenden
Südost voll und ganz nutzend, verholen wir uns in die Mjels
Vig - die wunderschöne Bucht findet großen Anklang,
und als es nachmittags wie der Teufel zu pusten beginnt, liegen wir
einigermaßen kuschelig.
Paula hat sich unterdessen anders
besonnen: Nach reibungslosem Ablegen als letztes Boot sowie
routiniertem, zügigen Segelsetzen fahren wir erstmal vorneweg.
Überholen tut uns nur, unvermeidlicherweise, Admiral Jacob.
Zeitweise fahren wir satte sieben Knoten, und das über eine
längeren Zeitraum, es ist nicht nur das Surfen auf den Wellen.
Die Strömung, die uns da schiebt, versetzt uns aber auch
gehörig - aus einem Vorwindkurs wird es beinahe halber Wind,
so sehr müssen wir vorhalten zum Wegpunkt
„Hesteskoen“. Das ist übrigens ein Stein
mit einem halben Meter Wassertiefe, während es drumherum gut
dreißig Meter tief ist.
Auf der Kreuz gelingt es Paula sogar,
den guten Admiral einzufangen - der allerdings mit gerissenem
Unterliekstrecker wirklich gehandicapt ist. Wir brettern mit voller
Schräglage auf die Dyvig zu. Inzwischen sind es wohl sechs
Beaufort, die uns auf die Seite drücken, aber im Wissen, dass
es nur um ein halbes Stündchen geht, macht es einen
Riesenspaß. Und kaum sind die Segel im Schutz der
Bäume geborgen, tuckern wir - welch ein Kontrast! - durch die
lieblichste und beschaulichste Landschaft, die man sich vorstellen
kann. Zwischen sanften Hügeln finden wir unseren ruhigen
Liegeplatz.
Gegen einen Tag Pause hat
überhaupt niemand etwas
einzuwenden, sind wir doch immer einigermaßen früh
aufgestanden, sind zwar nicht überdurchschnittlich weit
gesegelt, aber in Verbindung mit dem anschließenden Landgang
war es dann doch sehr aktive Aktiverholung. Ausschlafen,
Füße Hochlegen und Lesen gehen auch bei Regen ganz
gut, der vorzügliche Gemeinschaftsraum im Hafen gleicht das
mittelschöne Wetter mehr als aus.
In einer Regenpause
entschließen Mike und ich uns trotzdem zu einem Spaziergang
zur Dyvig. Kein Fehler, aber auch kein glorreicher Plan: Der
nächste Schauer beginnt nach wenigen Minuten, und dann biegen
wir falsch ab, indem wir uns für die Fahrspur durch ein
Rapsfeld entscheiden. Am Anfang ist das breit und kommod, wenngleich
hölle rutschig auf dem durchtränkten Lehmboden, doch
nach der ersten Biegung waten wir durch abgebrühten,
klatschnassen Raps, der uns um einige Zentimeter überragt. Mit
nassen Hosen nehmen wir - etwas steif und unsicher - auf den edlen
Biedermeierstühlen in dem Luxushotel in Dyvig Platz und
bestellen Kaffee und Kuchen bestellen. Schließlich machen wir
es uns dann doch bequem und genießen den exzellenten
Schokoladenkuchen.
Willkommene Pause hin oder her, am
nächsten
Morgen sind alle voller Tatendrang. Unser Tagesziel ist
Sønderborg. Doch Martha ist noch die ganze nächste
Woche gechartert und verlässt uns nordwärts, geplant
ist ein 60-Meilen-Schlag nach Bogense. Und der Frieda-Crew
genügen 14 Meilen nicht, sie möchte außen
um Als rum. Alles schön und gut, doch nach dem Sturm ist das
Wasser gefallen - Martha und Oliese sitzen auf Grund. Nach allerlei
Gezerre an Leinen und Gekränge an Wanten verschieben wir die
Abreise um eine Stunde, in der hoffentlich das Wasser weiter
aufläuft. Schließlich läuft Frieda, der
untätigen Unentschlossenheit überdrüssig,
einfach mal aus. Wir zerren Oliese seitwärts in die nun leere
Box - und auch sie läuft aus. Auch Paula und ich
räumen unseren Liegeplatz, so dass Martha ebenfalls seitlich
in tieferes Wasser gezogen werden kann. Zuletzt hilft Mike seinen
Charterern noch aus der Box, dann sind wir endlich unterwegs.
Eine
weitere Verzögerung ergibt sich, als Jacarandas Crew ein
Tonnenpaar auslässt und munter aufs Flach zuhält.
Zwar gebe ich noch einen Hinweis über Funk, aber da eine
sofortige entschlossene Reaktion ausbleibt, gibt es dann noch ein wenig
Schaukeln und Rückwärtsmotoren. Höhepunkt
des Tages ist eine blitzsaubere Kreuz im engen Als Sund. Admiral Jacobs
behelfsmäßiger Unterliekstrecker hat längst
aufgegeben, trotzdem segelt Mike allen davon - außer Paula.
Wir holen unterdessen die mit großem Vorsprung gestartete
Oliese recht locker ein.
Die Herausforderung besteht in dem
beständigen Wechsel aus Böen und Abdeckung - immer
wieder schlagen die Segel. Wir bleiben einfach auf Kurs, warten
geduldig ab, bis Fahrtwind und wahrer Wind wieder zueinanderpassen. Die
Anderen fallen ab und ab und ab, bis die Segel wieder stehen, vergessen
aber in der anschließenden Bö das Anluven und fahren
unendlich viele Holeschläge anstatt nur vier wie die clevere
Paula. Hinter der Hochbrücke brauchen wir überhaupt
keinen Holeschlag mehr und überholen auch noch die Bavaria,
die wir uns schon die ganze Zeit zum Ziel ausgeguckt hatten.
Sønderborg als dänische Kleinstadt rundet unser
Besichtigungsprogramm ab - nun können wir den Rückweg
in die Schlei genießen. Und der ist wirklich ein Genuss
anstelle der mühsamen Kreuz bei Südost, die ich
insgeheim befürchtet habe.
Fazit: Viele fragten hinterher, wie
es uns in diesem unerträglichen Schietwetter ergangen sei,
doch wir hatten fünf wunderbare Segeltage. Keiner wie der
andere, sondern jeder mit eigenem Charakter und anderen
Herausforderungen - die die Boote und Crews bestens und vor allem mit
großer Freude bewältigten. Es gab
ungewöhnlich wenig Gruppenzusammenhang: Kein gemeinsames
Grillen, Landgänge rein individuell, selbst bei
Restaurantbesuchen waren wir nie vollzählig - doch das war
überhaupt kein Manko, es war in unserem friedlichen Hort der
großen Freiheit nicht anders gewünscht, und die
Gäste äußerten sich sämtlich
begeistert. Im Hafen hielten wir trotzdem zusammen. Und freuten uns
gemeinsam an dem schönen Bild, das sieben Holzfolkebooten zum
Sonnenuntergang abgeben.
Für mich: Endlich mal wieder mit
Paula in Dänemark unterwegs. Segeln in allen Facetten.
Pflegeleichte, interessierte Gäste mit großer
Segelkompetenz. Eine angenehme Arbeitsteilung mit Mike. Und wieder
einmal eine gelungene Törnplanung bei anspruchsvollen
Windverhältnissen. Der nächste
Flottillentörn kann kommen!
weiter: Schon wieder sieben. Einmal sogar acht.