Paulas Törnberichte | ||||||
Mein persönlicher Limfjord (Sommerreise 2021, Episode 3)
Anderswo liegt man einfach nur im Hafen. Langør ist ein
Urlaubsort: Wir liegen direkt an der Badestelle, es ist warm, obwohl es
inzwischen pustet wie hulle. Alle wählen die fünf Folkeboote
in der Abendsonne als Fotomotiv. Ringsum grün, Inseln,
Sandbänke, reichlich Wasser, pure Idylle. Die Gäste speisen
im Café, auf Paula brutzelt der Räucherlachs. Und ich bin
ein glücklicher Mensch.
Juli 2021
Die
Sommerreise wäre nicht komplett ohne einen Besuch in
Langør. Und wir haben es geschafft! Einfach war das nicht:
Gestern standen 44 Meilen an, vom Limfjord nach Grenaa. Grenaa war als
Übernachtungsstopp geplant, mehr nicht, aber das wurde es dann
auch in Extremform. Ich machte mir Sorgen, ob der Wind die Gäste
überfordern würde, angekündigt war Nordost 4, Böen
5, strichweise 6. Bei mitlaufender Strömung klang das nach einer
schnellen, aber schaukeligen Reise. Alle Wetterberichte lagen an diesem Tag grandios
daneben: Für die ersten drei Meilen brauchten wir drei Stunden,
insgesamt waren es zwölf, und alle machten zumindest für eine
halbe Stunde den Motor an, weil die dritte Flaute dann doch ein
bisschen demoralisierend war.
Heute
hatten wir dann wie angekündigt Nordwest 5 Böen 6 und
mitlaufende Strömung und schafften die gut 30 Meilen in
Rekordzeit. Es war schönstes Segeln – begleitet von der
Sorge, ob wir Liegeplätze finden würden und ob den
Gästen das Anlegen gelänge.
Völlig
unbegründet: In Langør gibt es den Außenhafen. Das
ist ein schmaler Schlauch Richtung Nordwest, heute also gegen den Wind.
Zur Rechten sind die Boxen mit Heckpfählen, zur Linken ein
Wellenbrecher und davor eine Reihe Pfähle und ein dickes Tau, das
sie miteinander verbindet. Ganz in der hintersten Ecke gibt es einen
Bereich ohne Heckpfähle, und ich weiß aus Erfahrung, dass
sich kaum jemand traut, hier auch nur reinzufahren, geschweige denn
anzulegen.
Wir fahren einen Aufschießer ans Tau. Ich berge das Groß,
dann ziehe ich Paula Hand über Hand am Tau in die Ecke. Die
Gäste machen es genauso, das geht wesentlich schneller, einfacher
und kontrollierter als mit den Außenborder. Und dann puzzeln wir
unsere bewährte Puzzleecke mal wieder voll. Willkommen im
Paradies! Der morgige Hafentag – 6-7 bei strahlendem Sonnenschein
– ließe sich nirgendwo besser abwettern als hier.
Doch
eigentlich muss ja vom Limfjord die Rede sein. Mein persönliche
Limfjord-Geschichte beginnt im Grunde 1965 – da wurde
nämlich Paula in Struer gebaut. 2010 dann, in unserer dritten
gemeinsamen Saison, segelten wir beide in die Gegend. Natürlich
wollte ich unbedingt auch nach Struer, hoffte sogar, Bootsbauer
Kielstrup-Madsen dort ausfindig zu machen und auf sein altes Boot
einzuladen. Schon am Abend davor erfuhr ich, dass er seit über
dreißig Jahren nicht mehr lebte. Wir fuhren trotzdem hin: Zwanzig
Meilen Außenbordergedröhne mit Schwebfliegeninvasion brachte
uns in einen nichtssagenden Ort, an dem ich mich nicht wohlfühlte.
Auch sonst war ich enttäuscht von der Gegend, erklärte mir
das aber damit, dass die instabile Wetterlage mit vielen Gewittern kaum
eine Ankernacht zuließ, meine defekte EC-Karte aber
Hafenübernachtungen auf ein Minimum reduzierte. Über
Aså und Læsø segelten wir schnell noch in die so
gesehen preisgünstigen Schären.
Seitdem
erzähle ich überall herum, dass Paula dort nicht hinwollte,
weil sie ungern in der Vergangenheit wühlt. Auch diesmal hatte ich
den Eindruck, beim Stichwort Limfjord zuckte sie gleich zusammen und
fuhr einen Knoten langsamer. Jetzt endlich habe ich begriffen, dass
Paula zu allem bereit ist, wenn es ausgiebiges Segeln bedeutet, egal
wohin. Dass sie aber stets um mein Wohl und Glücksgefühl
besorgt ist. Damals wollte sie nicht nach Struer, weil sie wusste, dass
es mir dort nicht gefallen würde. Auch diesmal versuchte sie mich
vor unsinnigen Ausflügen zu bewahren. Denn mein persönlicher
Limfjord – wo ich in Zukunft immer wieder hinsegeln und mich
austoben würde – liegt zwischen Aalborg und
Løgstør.
Vor
elf Jahren las ich natürlich den Törnführer aus dem
Delius Klasing Verlag. Sinngemäß erfuhr ich, der flussartig
enge östliche Teil des Limfjord, immerhin vierzig Seemeilen, sei
nur Mittel zum Zweck. Vor allem könne man nur in
Ausnahmefällen mit achterlichem Wind segeln. Westlich von
Løgstør beginne das eigentliche Ding. Inzwischen, und
dafür brauchte ich zwei Anläufe, habe ich es verstanden: Die
sechzehn Meilen von Hals bis Aalborg sind relativ reizlos, aufgelockert
durch Industrieanlagen, und dienen tatsächlich nur für den
unvermeidlichen Approach. Aber mein einzig wahrer Limfjord liegt
zwischen Aalborg und Løgstør. Westlich davon weitet er
sich zu riesigen Wasserflächen mit großen Distanzen. Man
bräuchte viel Zeit, um jede Bucht abzuklappern, und würde
wahrscheinlich feststellen, dass sie alle mehr oder weniger gleich
sind.
Zwischen
Aalborg und Løgstør jedoch liegt ein Revier ganz nach
meiner Fasson: Tonnen suchen, Kursänderungen, Winddreher, kleine
Häfen mit traumhaftem Blick in die Weite (Attrup haben wir
ausprobiert), diverse gute Ankerplätze mit oder ohne Mooring
(davon haben wir auch einen ausprobiert). Als Kontrastprogramm dann
Aalborg mit hübscher Innenstadt, Supermarkt, Erlebnisgastronomie,
Industrieromantik und den beiden Brücken, vor und zwischen denen
man unbefangen beiliegen und herumsegeln kann. Einen erneuten Kontrast
bildet dann das Kattegat mit seinen enormen Distanzen. Aber ach!, die neuen Gäste...
Sven
Schlangenmensch wälzt sich, unter der Pinne auf dem Achterdeck
liegend, vom Bauch auf den Rücken. Seine linke Hand gibt
Vollruder, die rechte dreht am Gasgriff des Außenborders. Mit der
mittleren Hand reißt er versehentlich den Benzinschlauch ab und
steckt ihn gekonnt sofort wieder auf. Währenddessen lauscht er den
Rufen seiner Frau, die vom Vorschiff aus ansagt, an welches Hindernis
sie gerade vertreiben.
Bodo
Bootsvermieter betrachtet das Schauspiel nachdenklich. Es ist ihm wohl
aufgefallen, dass sein Boot sich dem Hafen bereits in extremer Langsamfahrt
näherte, er wollte es schon anfunken und darauf hinweisen, dass
ein bisschen zügigere Fahrt erheblich mehr Ruderwirkung bedeutet,
wenn man gegen fünf Windstärken anmotort. Doch der
Hafenmeister lenkte ihn ab. Jetzt fällt ihm der hilfreiche
Funkspruch wieder ein, doch inzwischen sieht er, wie das Boot im Hafen
längsseits an eine Yacht vertreibt. „Oha“, denkt er
und rennt über den Steg, doch Ehepaar Schlangenmensch kommt mit
vereinten Kräften wieder frei.
Die
nächste Bö treibt sie an die Heckpfähle des Steges, an
dem sie anlegen sollen. Sven wälzt und windet sich. Jetzte kommt Bodo
zum Zuge. Er brüllt: „SCHNELLER! MEHR GAS! MEHR GAS! FAHR
SCHNELLER!“ Er hasst es, durch den Hafen zu brüllen. Aber er
muss die Entfernung überwinden, das Rauschen des Windes und das
Krächzen des Außenborders übertönen und dann auch
noch Sven seinen Träumen entreißen. Endlich nimmt das Boot
ansatzweise Fahrt auf und entkommt seiner misslichen Lage. Sven windet
sich in eine aufrechte Sitzposition und würde nur gerne verstehen,
was er falsch gemacht hat.
(Auszug aus „Die Erlebnisse von Bodo Bootsvermieter und Charlie Charterer“)
Samstag
ist ein perfekter Anreisetag: Die alte Gruppe verlässt uns nach
und nach, die Kuchenbuden sind aufgebaut, es regnet in Strömen.
Nachmittags kommt die Sonne raus, und die neuen Gäste treffen ein.
Programm des restlichen Tages: Einkaufen und Einweisung – ab
morgen wollen wir ja segeln. Meine naheliegende Idee ist, wo wir
schonmal in Aalborg sind, uns ein paar Tage die Zeit im Limfjord zu
vertreiben, bevor wir hoffentlich rechtzeitig den Weg nach Süden
einschlagen. Das Timing ist nicht ganz einfach: Spätestens in
Grenaa erreichen wir die Zone der in dieser Jahreszeit
überfüllten Häfen, wo die auf gleich fünf
Folkeboote auf einmal nicht unbedingt warten. Die Optionen sind also
begrenzt. Außerdem genieße ich es, in einer Gegend zu sein,
wo man nicht jede Woche hinkommt, und gönne auch den Gästen
diesen Genuss. Gleichzeitig müssen wir rechtzeitig in Svendborg
eintreffen zum nächsten Crewwechsel. Ein Tag zu lange
gezögert, ein Starkwindtag zuviel, und es droht uns die Grenaaer
Woche wie vor zwei Jahren. Wir wollen aber auch nicht gleich am ersten
Tag über die Rückreise sprechen.
Die
Prognose ist mittelmäßig ungünstig: Sonntag West 5-6,
danach zwei bis drei Tage Ostwind, das bringt uns frühestens
Donnerstag ans Kattegat, und dann haben wir es wirklich eilig. Im
Nachhinein, nachdem ich die Gruppe kenne und dank Paulas Hinweisen den
Limfjord verstanden habe, wäre das beste Szenario gewesen, den
Sonntag mit Übungsmanvövern zu verbringen, am Montag mit dem
Wind nach Løgstør zu segeln, den Dienstag dort zu
verbringen, und Mittwochnachmittag den Weg zurück nach Osten
anzutreten. So ähnlich haben wir es auch gemacht. Nur sind wir
Sonntag westwärts gestartet, haben vierzehn Meilen Limfjord
aufgekreuzt – und die Gruppe damit ziemlich gefordert.
Didaktisch
lässt sich das gut begründen: Ich muss ja erstmal wissen, mit
wem ich es zu tun habe. Ich kann nur Fragen beantworten, die mir
gestellt werden. Kann nur Fehler kommentieren, die ich beobachtet habe.
Kann nur Probleme lösen, die aufgetreten sind. Wir können nur
über Erlebnisse reden, nachdem sie stattgefunden haben. Olieses
Gäste bezeichnen sich als Anfänger. Mit dieser
Selbsteinschätzung haben sie einen großen Vorteil: Sie sind
in vielerlei Hinsicht ein unbeschriebenes Blatt, auf das ich nach
Belieben schreiben kann – sie sind dankbar für meine
Ratschläge und setzen sie um. Leider ist Segeln zu komplex, um
alles, was über das Standardprogramm des
Sportbootführerscheins hinausgeht, in fünf Minuten zu
erklären.
Die
anderen Crews machen zunächst einen deutlich erfahreren Eindruck:
Die Marthas segeln seit Jahrzehnten regelmäßig zusammen,
allerdings hauptsächlich auf dem Ijselmeer. Einer der Saltys hat
ein eigenes Folkeboot am Rhein. Die Friedas waren letztes Jahr schon
zusammen mit uns unterwegs. Alle haben Lust zu segeln, also tun wir
das. Zunächst in den vor Seegang geschützten Limfjord
einzutauchen, scheint allen eine gute Idee, mit der wir auslaufen.
Der
Limfjord ist aber ein fieser Bursche: Auf den ersten zwei Meilen von
Aalborg westwärts fehlt jegliche Betonnung. Über steile
Kanten haben wir bein obligatorischen Briefing gesprochen - wenn in der
Seekarte die Tiefenlinien in eins fallen, wird es schnell flach. Auf
Martha geht das so: Zehn Meter Wassertiefe – „Lass mal
wenden.“ Fünf Meter Wassertiefe: „Okay, ist
klar.“ Ein Meter zwanzig Wassertiefe: Ruderlegen und Festkommen.
Wir probieren alles durch, bis zum Funkspruch an Lyngby Radio, bevor
eine Motoryacht von der Schlei Martha im zweiten Versuch in tiefes
Wasser schleppt. Nun sind alle sensibilisiert, trotzdem kommt es zu
weiteren Grundberührungen. Die Navigation erfolgt im weiteren
Verlauf nach Echolot, Fahrwassertonnen werden eher beiläufig zur
Kenntnis genommen. Schließlich erreichen wir Attrup, alle haben
viel gelernt, und es ist der Beweis erbracht, dass man mit
entsprechender Erfahrung, Kenntnis und Konzentration mit einem
Folkeboot den Limfjord durchaus aufkreuzen kann.
Auf
dem Weg nach Glyngøre werde ich nachdenklich. Der Wetterbericht,
den ich in Reichweite eines Sendemastes erhasche, klingt eher doof
– Mors rund ist zu weit, morgen zurück nach
Løgstør haben wir gegenan. Wir hätten, endlich ahne
ich es, uns diesen Abstecher sparen sollen. Außerdem drückt
mir das kollektiv desaströse Ablegen auf den Magen, und ich
beschließe, vor dem nächsten Segeltag eine Theorieeinheit
einzuschieben mit dem Thema „Was macht der Wind mit dem Boot? Wie
können wir das nutzen, wie können wir es kompensieren?“
Die Idee kommt zu spät, um das Hafenkino zu verhindern, das wir in
Glyngøre zum Besten geben. Aber wie sagte Erik so schön?
Wer gerne Hafenkino genießt, muss auch mal welches bieten.
Als
Oliese in der hehren Absicht, tunlichst langsam zu fahren, ohne
Ruderwirkung hierhin und dorthin vertreibt, ist meine Laune längst
im Keller. Bei allen Anderen hatte ich den Plan, dass sie sich erstmal
an die Pfähle legen, damit wir in Ruhe besprechen, was der Wind
bewirkt, welche Leinen nötig sind, und wie das Boot in die Box
kommt. Keiner hatte eine Leine nach Luv, niemand war sich im Klaren,
dass der Bug beim Nachbarn in Lee kratzen würde ohne
Gegenmaßnahmen – und ich beharrte darauf, das Boot
zunächst regungslos in sicherer Postition zu fixieren, damit wir
das in Ruhe besprechen können. Alle ließen ihr Boot langsam
und leinenlos in die Box treiben und verstanden nicht, dass das einen
fundamentalen Unterschied bedeutet zu: Regungslos fixiert. Das ist
etwas anderes, als ganz langsam zu treiben. Nämlich so lange zu
vertreiben, bis die nächste Bö etwas zu fassen bekommt und
gegen den leewärtigen Nachbarn pustet.
Es
gibt also einiges Gebrüll und Aggewaars, bis alle Boote fest sind.
Am nächsten Morgen machen wir eine Stunde Theorie, dann kreuzen
wir zwanzig Meilen wieder auf, die wir gestern abgelaufen sind.
Ergebnis: Inklusive kabbeliger See und Tonnensuchen ist es eine gute
Erfahrung. Løgstør ist dann eine Offenbarung, vor allem
am flautigen nächsten Vormittag: Unbedingt einen Besuch wert! Es
ist so schön da! Ein absolutes Muss auf einem Kattegattörn.
Und ich behaupte, der Limfjord westlich davon hat nichts Besseres mehr
zu bieten.
Løgstør
als Ort ist ruhig, malerisch, bietet alles Nötige an Versorgung
und eine aktive Künstlerszene. Mir hat es der Kanal besonders
angetan, der in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts
den Schiffen als Weg durch das seichte Flach diente. Das
Kanalwärterhaus gehört heute dem Limfjordmuseum und ist ein
hübscher Blickfang in der Weite der Landschaft. Wir haben auch
originelle Liegeplätze vor der Slipbahn gefunden. Ungemütlich
wird es erst am nächsten Vormittag, als der Schwell der
Motoryachten unerträglich wird und ich Angst um meine bös
schaukelnden und hüpfenden Boote bekomme. Wir verholen hastig in
den Kanalhafen, die Gäste gehen baden, mittags laufen wir aus, dem versprochenen Wind entgegen.
Nachdem
wir die Aggersund Bro passiert haben, warten wir bei Flaute gegenan
geduldig ab, bis die ersehnte Brise sich entfaltet. Es wird einer der
schönsten
Segelnachmittage und -abende der Reise. Östlich von Gjøl
finden Paula und ich eine freie Mooring, es gelingt im ersten Versuch,
sie anzusegeln und zu erhaschen, obwohl ich lange die Strömung
unterschätze, und schließlich liegen wir im
Fünferpäckchen in der Strömung, mit Wind von der Seite
und der Mooring querab. So in diesem Teil des Limfjords zu liegen an
einem lauschigen Sommerabend, ist ein wirkliches Geschenk –
Badespaß, Klönschnack und Idylle. Irgendwann sind der
Zementfrachter und die letzten Motorboote nebst ihrem Schwell dann auch
durch, und wir
liegen wirklich ruhig.
Nach
diesem Höhepunkt müssen wir einigermaßen dringend
Meilen nach Süden zurücklegen. Zuvor gönnen wir uns noch
ein Spektakel: Beim Warten vor und zwischen den Brücken in Aalborg
nimmt niemand die Segel runter, alle sausen mit Vollzeug durch. Am Ende
eines im weiteren Verlauf heißen und windarmen Tages
verabschieden wir uns in Mou vom Limfjord. Hier treffen wir auch
Pommery wieder. Erik will noch in die Schären und leiht sich
unsere Seekarten und Ankerplatzführer.
Von
Langør bewegen wir uns in 25-30-Meilen-Schlägen weiter.
Kerteminde ist Mittel zum Zweck, als der Wind abflaut. Nyborg hat
schon wesentlich mehr Charme. Nun wollen wir das Programm mit einer
kleinen Insel komplettieren, die Wahl fällt auf Strynø. Wir
laufen extra früh aus in der Hoffnung, gegen Mittag noch
Plätze im Hafen zu finden. Jedes Mal, wenn der Wind
schwächelt, spüre ich den Zeitdruck – es ist die Zeit
der vollen Häfen, dieses und letztes Jahr ist es wirklich krass im
südfynschen Inselmeer. Eigentlich kann man nur noch nachts segeln,
damit man frühmorgens, wenn die ersten auslaufen, einen Hafen
erreicht.
Um
dreizehn kreuzt Paula tapfer den schmalen, vollen Hafen auf – um
festzustellen, dass es sinnlos ist. Das verschafft uns immerhin einen
letzten zauberhaften Reisehöhepunkt: Ich berge das Groß, um
mit der Fock wieder rauszusegeln, bereite aber schnell noch den Anker
vor. Was die Charterer nicht wissen, ich aber zumindest ahne: Lene und
Lovis gesellen sich zu uns. Fünfzig Meter von der Außenmole
beginnt unser imposantes Siebenerpäckchen – wenn die Insel
uns nicht haben will, bauen wir eben unsere eigene. Zwei Schlauchboote
und Henri als Fährmann sorgen dafür, dass Toilette, Kaufmann
und fester Boden erreichbar sind. Hille und Michael haben mit
Lene noch nie geankert, nun überzeugt der Gruppenzwang. Aber
Ankern im Päckchen mit guten Freunden ist ja auch ganz anders als
ankern allein - sie sind glücklich und genießen. "Mit dir
erlebt man immer aufregende Sachen", sagt Michael beim Anker-auf-Gehen.
Die Chartergäste kennen das schon.
Wir
ankern dann gleich nochmal, diesmal im Thurø Bund, wo es das
winzige, unbewohnte Kieholm zu entdecken gilt. In Svendborg endet die
Sommerreise. Und für Paula und mich beginnen einige Wochen
unbeschwerten Müßiggangs, unterbrochen vom
Regattawochenende. Habe ich es schon erwähnt? Die Gäste sind
inzwischen vertraut mit den Booten, An- und Ablegen klappt ruhig und
gestittet und beinahe ohne ein Wort der Korrektur. Beim Segeln bleiben
wir auch viel dichter zusammen als zu Beginn. Wir haben das Angestrebte
mal wieder erreicht: Eine tolle, abwechslungsreiche Reise mit steiler
Lernkurve.
weiter: Nach der Sommerreise