Paulas Törnberichte | ||||||
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"Wir sind gesegelt, wo der Fisch steht" - Das
Folkebootesammeln geht weiter
Eskilsø im Lindelse Noor, kurz vor
Sonnenuntergang: Paula, Pommery und Delit liegen schon seit dreieinhalb
Stunden vor Anker. Martha, Salty und Oliese sind nach und nach
eingetroffen, jetzt kommt
auch Frieda angetuckert. Wir sind komplett: Sieben Folkeboote ankern im
Päckchen.
August 2020
Diesen
Rekord zu brechen, dürfte organisatorischen Aufwand bedeuten -
diesmal hat es sich einfach so ergeben: Wir waren ja schon
fünf
Boote, als der Flottillentörn/Betriebsausflug begann. Pommery
fand, sie wolle sich lieber zu uns gesellen, als allein ins
Smålands Fahrwasser zu segeln. Und Delit wusste noch nichts
von
ihrem Glück, als sie in Korshavn anlegte. Da hatten Erik und
ich
ihr Programm für den Folgetag aber längst
beschlossen.
Wenn Paula und Pommery sich verabreden, meinen sie nicht nur, dass wir
abends im gleichen Hafen liegen werden. Sie meinen, dass wir
gleichzeitig dort eintreffen, auch wenn wir aus entgegengesetzten
Richtungen kommen. Erik ist in Dageløkke auf Langeland
gestartet
und sprach ursprünglich vom Smålandsfahrwasser.
Paula und
ich kommen von Sottrupskov im Als Sund, haben außer Dyvig,
Hesteskoen und Lyø auch die vier Charterboote weit hinter
uns
gelassen und Korshavn, den kleinen Hafen auf Avernakø, in
Sicht.
Das Fernglas verrät zweierlei: Wir haben eine Chance auf
Liegeplätze. Und: Der rote Blitz aus Eckernförde
saust in
voller Schräglage in die Bucht.
Pommery trifft zwei Minuten vor uns ein. Ich beobachte über
die
Außenmole, wie die schlagenden Segel aufstoppen und
runtergehen,
dann bewegt der Mast sich ein Stück vorwärts. Alles
klar,
freie Bahn für uns. Weiß nicht, was die Leute im
Hafen
denken, als kurz hintereinander zwei Folkeboote unter Segeln anlegen.
Nach und nach treffen auch die Charterboote ein, nach einem Segeltag
zum Genießen.
Biggi und Annia auf der Salty kennen Erik schon, von den ersten beiden
Folkeboottreffen, und sie brauchen eine Weile, um zu verstehen, dass
wir uns nicht wirklich hier verabredet hatten. Aber irgendwie ja auch
doch. Wiebke, Ralf, Marcus und Ralf sind Freunde und haben Martha und
Oli gebucht. Christian wollte das Einhandsegeln mal ausprobieren und
hat sich nach meiner Wahrnehmung deutlich übernommen. Einen
Trainingstag hatten die Anderen gebucht, Christian bekam nur die ganz
normale Einweisung, dann ging es los - ein stressiger Start, aber
hätten wir vorab ein Training gemacht, hätte ich
Frieda
bestimmt an die Kette gelegt, anstatt sie mit auf den Törn zu
nehmen, und das wäre schade gewesen: Christian gehört
unbedingt zur Gruppe, ohne ihn wäre es eine andere Reise.
Zum Glück haben wir moderaten Wind und endlich sommerliches
Wetter, auch geht auf Frieda nichts zu Bruch - für
stürmische
Schauerböen oder Defekte hätte Christian keine
Reserven. So
aber besteht kein Anlass zur Sorge: Frieda taucht jeden Tag
spät,
aber zuverlässig am Ziel auf, und Christian sagt hinterher:
"Ging
nich schneller, aber es hat Spaß gemacht. Und das ist ja wohl
das
Wichtigste." Nach dem Segelsetzen mit mehreren Pausen schonmal die
erste halbe Stunde hintenan zu sein, stört ihn nicht: So kann
er
sein Ding machen, anstatt uns einfach hinterherzusegeln.
Zur Nachahmung sei dieses Modell nicht empfohlen: Ihr müsst
schon
segeln können, bevor ihr chartert, nochzumal einhand, und
mitbringen solltet ihr ausreichend geistigen oder intuitiven Zugang zu
Trimm, Wind, Motor,
Wetter und allem anderen, um jederzeit den Kopf freizuhaben.
Die Woche beginnt, vom Einweisungstag abgesehen, damit, dass sich die
Boote am Sonntagvormittag träge aus der Schlei schieben. Am
Leuchtturm schreibe ich euphorisch "W4 N-Kurs 5 ½ kn" ins
Logbuch. Dann schlagen die Segel. Lange kommen wir nicht wirklich aus
dem Flautenloch zwischen Gradientwind und Seebrise heraus. Immer mal
wieder hat eines der Boote eine schöne Bö, wir
bleiben dicht
zusammen. Der lange Schlag von Falshöft Richtung Gammel
Pøl
wird zum Bumerang, nach der Wende segeln wir nach Falshöft
zurück. Dann endlich entwickelt sich ein stetiger Nordwest,
und
auf der Kreuz lässt Paula ihre Schwestern schnell hinter sich.
Es
bringt uns wenig, die 18h38-Brücke verpassen wir um
dreißig
Sekunden. Bald segeln vier Folkeboote ihre Kreise. Wir wollen
nämlich den neuen Nordhafen beim Alsik (a.k.a. Steigenberger
Hotel, die Liegeplätze sind gleich beim Swimmingpool)
ausprobieren. 20h01 öffnet die Brücke, Paula huscht
durch. Im
Augenwinkel sehe ich Frieda ankommen. Christian meldet sich
über
Funk, ich sage: "Hallo Frieda, hier ist Paula. Du hast die
Brücke
verpasst."
"Noch ist sie offen."
"Gibst du denn schon Vollgas mit soooo ne Bugwelle?"
"Verstanden."
Und nach einer Minute: "Jetzt hab ich wirklich die Brücke
verpasst."
Ist kein Problem: Vier Boote wollen ja auch erstmal angelegt sein. Ich
schaffe es gerade noch, die Segel zu packen, dann ist Frieda auch schon
da. Bei Nordwest liegen wir im Nordhafen ein bisschen unruhig, das
sollte sich aber im Laufe der Nacht bessern. Christian sagt: "Ist mir
egal. Ich werd schlafen wie ein Stein." Ich antworte: "Liebes Tagebuch!
Heute war der anstrengendste Segeltag meines Lebens." Er lacht. Zu den
Anderen sage ich: "Beim Angeln gibt es eine wesentliche Grundregel: Man
muss da angeln, wo der Fisch steht. Und heute musste man dort segeln,
wo der Wind ist." Marcus gibt zu: "Wir haben wohl eher gesegelt, wo der
Fisch steht."
Dieses Muster wird sich durch die ganze Woche ziehen: Martha und Salty
segeln recht konstant. Welche gerade den besseren Tag hat, bleibt lange
in meiner Sichtweite. Auf Oliese wird sich um Trimm und
ähnliche
Dinge nicht gekümmert, Marcus und Dirk sind gut zufrieden mit
ihrem vierten Platz. Frieda kommt dann später, in dem
beruhigendem
Gefühl, dass beim Anlegen helfende Hände
bereitstehen. Segeln
wo der Fisch steht - das wäre für mich ein Problem,
wenn die
alle ständig nicht klarkämen, ich bei der
Törnplanung
Rücksicht nehmen und immer wieder sorgenvollen Blickes
zurücksegeln müsste. Aber läuft schon.
Für den Montag ist erneut wenig Wind zu erwarten.
Außer
Stadtbummel und Einkaufen nehmen wir uns nicht viel vor. Ich finde
allerdings, wir müssen raus aus der Stadt und stattdessen ins
Grüne - wo ginge das besser, als in Sottrupskov? Wir kreuzen
bummelig vier Meilen Als Fjord auf, großer Spaß
ohne
Ermüdungserscheinungen. Ist übrigens gar nicht so
wenig Wind,
das Anlegen (Paula, Salty und Frieda unter Segeln, teilweise aus
technischen Gründen) ist durchaus anspruchsvoll, und wir
hätten auch schön noch weitersegeln können,
aber wohin?
Dyvig/Mjels Vig ist garantiert voll, Augustenborg die falsche Richtung
im Hinblick auf den Folgetag, Haderslev Fjord zu weit, Genner Bugt
schon wieder fünfzehn Meilen Kreuz, und Aabenraa ist jetzt
nicht
wirklich sooo sehenswert.
Wir liegen also beim Nachbau des Nydambootes, dessen Original in
Schleswig im Museum steht, und abends gesellt sich noch das kleine
Winkigerboot aus Haithabu dazu. Es wäre ein traumhaftes Foto:
Fünf Folkeboote und zwei Winkingerboote in der Abendsonne,
umgeben
von grüner und blauer Natur. Leider platziert sich vor der
Fotosafari eine Hanse mitten ins Bild. Dem Skipper sei verziehen, er
darf ja hier anlegen und ist auch sehr sympathisch - aber es
lässt
sich nicht leugnen, dass er absolut einmalige Aufnahmen ruiniert.
Wir haben jetzt aber auch besseres zu tun, denn Biggi und Annia haben
eine Miesmuschelkolonie entdeckt, die Christian aus dem flachen Wasser
emportaucht, während Dirk und Wiebke sich schon der
improvisierten
Gemüsebrühe widmen. Als der luxuriöse Snack
schon auf
den Tellern dampft, werden die harten Fakten gegoogelt: Miesmuscheln
dürfen an der Nordsee für den Eigenbedarf gesammelt
werden,
an der Ostsee ist es streng verboten. In der Laichzeit (jetzt) schmeckt
das Fleisch nicht besonders. Und in warmen Sommern können sich
giftige Algen bilden. Fazit: Den Geschmack habe ich schon
kräftiger erlebt, aber es ist ein Genuss. Und wir
überleben.
War ja auch bisher eher herbstlich, der Sommer beginnt genau jetzt.
Über Sottrupskov ist noch zu sagen: Das Dixiklo ist weg, der
Kasten fürs Hafengeld auch - dies hier ist wirklich Ankern am
Steg.
Dienstag. Oh, ach, was machen wir nur? Geplant habe ich den Haderslev
Fjord. Vielleicht bei Westwind nicht ganz bis in die Stadt kreuzen, der
arme Christian, aber entweder Stagodde gleich am Eingang oder einer der
schönen Ankerplätze. Nur zeichnet sich ja ab, dass
wir
Donnerstag und Freitag Südost haben, also am besten
über
Marstal zurücksegeln, und der Mittwoch ist mir absolut nicht
geheuer: West 4-5 Böen 6, diese Prognose hatten wir oft genug
in
letzter Zeit, und immer war es schließlich eine
Windstärke
mehr und somit ruppig und kein echtes Vergnügen.
Dafür einen
35-Meilen-Schlag einzuplanen, finde ich gewagt und denke eher an einen
Hafentag. Und das bedeutet: Heute gleich rüber in die
Südsee.
Also nach Korshavn. Ein Gefühl (oder ist es Paula?) sagt mir,
dass
wir da freie Plätze finden. Ist ja keine
Selbstverständlichkeit in diesen Tagen.
Zuerst treiben wir, dann kreuzen wir. Als wir Salty überholen,
sagt Annia: "Und jetzt erklär mal." Was mir auffällt:
Die
Fock hängt zu hoch (das geht nur bei meinen Booten), und Salty
läuft zuviel Höhe. Das geht nicht ohne
Geschwindigkeitsverlust. Ich kann ja jetzt nicht zugeben, dass Salty
schlicht keine Rennziege ist. Frieda fährt das Groß
zu offen
und die Fock zu dicht, das Groß fällt am Vorliek
ein, aber
Christian korrigiert den Fehler. An diesem Tag hält Martha am
besten mit Paula mit. Die Staffelung, die sich ergibt, ist gar nicht
schlecht: Ein Boot legt in Ruhe an, das nächste kommt in
Sicht.
Schließlich wimmelt es im kleinen Hafen von Folkebooten.
Am nächsten Abend wimmelt es noch mehr: Das benachbarte
Motorboot
legt ab. Christian und Erik paddeln Frieda in die freigewordene Box.
Endlich liegen wir alle nebeneinander. Da wäre ja Platz
für
noch ein Folkeboot - und F GER 26 kommt ja auch schon angesegelt. Das
sind also Delit und Jan-Hinnerk. Er ist dieser Streber, der
während des Lockdowns bei Michaels
"Trockensegelei"-Bilderrätselreihe fehlerlos den ersten Platz
gemacht hat. Er wirkt aber gar nicht so streberhaft. Eher sympathisch.
Das finden auch die Charterer, die gerade unseren Grillabend
vorbereiten: Er ist eingeladen. Leider verkriecht er sich gerade an
Bord von Delit, um weitere Kartoffeln zu kochen, als das Lamm und die
anderen guten Speisen fertig sind. Als er mit seinen Kartoffeln
ankommt, sind die besten Sachen alle.
Zeitgleich bildet sich eine weitere Gruppe deutscher Segler, von der
ich denke, sie sei hier verabredet, bis sich herausstellt, dass sie
sich genauso zufällig getroffen haben wie so manche hier. Auf
zwei
E-Scootern schleppen Halbwüchsige und Grauhaarige in
Affentempo
Brennholz heran, dann haben wir ein Lagerfeuer mit Klampfenmusik und
Superstimmung. Die besten Dinge kann man nicht planen, und es werden
keine Einladungen verschickt, sie ergeben sich einfach. Wir sind ja
schließlich in Korshavn.
Nun möchten Biggi und Annia ankern. Erik und ich und die
zugehörigen sechs Boote möchten ins Lindelse Noor -
im
Frühjahr hat es meinen da gut gefallen, Frieda war nicht mit
und
will nun auch. Also gibt es einen Plan. Dem sich Delit und Jan-Hinnerk
anschließen müssen. So ist wohl Eriks Formulierung.
Zu erwarten ist Südost drei, letztlich wird es im Schnitt eine
Spur weniger. Wir machen das übliche morgendliche Briefing:
Ostkurs nach Skarø, durch Højestene
Løb, dann das
Mørkedyb aufkreuzen. Am besten und sichersten bei
fünf
Metern Wassertiefe wenden. Südlich an Strynø
vorbei, "und
dann kommt der interessante Teil": Zu den Steinen und Untiefen im
Lindelse Noor gebe ich den Gästen eine Reihe von Kursen,
Koordinaten und Wegpunkten mit auf den Weg. Und dann mal los!
Die Charterboote
überholen wir bei Skarø. Pommery und vor allem
Delit sind
mit Vorsprung gestartet, und ich muss zugeben, dass sie ihn bis hierhin
ausgebaut haben. Ausgangs des Fahrwassers luven wir an. Wenn man
zurückliegt, muss man etwas anders machen als die
Vorausfahrenden.
Ich versuche also gar nicht erst, Pommerys Höhe mitzulaufen,
sondern wähle einen Kurs, auf dem Paula sich
wohlfühlt. Delit
wendet. Pommery wendet. Paula fährt stoisch geradeaus Richtung
Aerøskøbing. Die Brise ist hier ausnahmsweise
schön
stetig, und auf dem ausgedehnten Flach vor uns läuft keine
Gegenströmung. Ergebnis: Vor Birkholm treffen sich die drei
Boote
auf engem Raum.
Wir segeln jetzt nicht einfach jeder für sich ins Lindelse
Noor.
Wir segeln Regatta. Ich knipse ein paar Fotos, das kostet Zeit, aber
dann konzentriere ich mich aufs Segeln. Wenig Wind, schwache
Strömung gegenan, mehr als dreieinhalb Knoten sind selten
drin.
Wenden auf fünf Metern? Delit und Pommery fahren die
Schläge
aus, bis es nicht weiter geht. Das können wir auch. Es ist
erstaunlich wenig Verkehr, wo sind die bloß alle?, aber mir
soll
es Recht sein, wir haben die enge Rinne fast für uns.
Delit haben wir bald im Sack, sie läuft trotz krachneuer Segel
nicht die gleiche Höhe. Wir sind ein bisschen schneller als
Pommery. Aber Erik weiß, wie er es schafft, in Luv zu
bleiben.
Irgendwann ist die Situation so, dass wir auf Steuerbordbug
fünf
Bootslängen voraus sind und eine in Lee. Nach Regattaregeln
wäre es so: Wenn das Vorsegel auf dem neuen Bug steht, gilt
die
Wende als vollzogen, und wir haben Vorfahrt. Habe ich schon gelesen und
halb begriffen, Erik erklärt es mir später erneut -
aber wir
haben ja nichts dergleichen vereinbart. Nach KVR sehe ich es so, dass
wir Pommery nicht einfach vor den Bug wenden dürfen. Unter
normalen Umständen würde ich mit Handzeichen unsere
Wende
ankündigen. Aber normal ist das hier ja auch wieder nicht.
Also
wenden wir und liegen bei, um Pommery vorbeizulassen.
Erik hat die Wende erwartet und auch erwartet, dass Pommery dann
einfach hinter uns durchgeht, direkt danach ebenfalls wendet und in Luv
bleibt. An der ist eben einfach nicht vorbeizukommen. Aber unser
Beiliegen führt dazu, dass Pommery früher wendet. Wir
sind
vorbei. War so nicht geplant, ich wollte ja nur Rücksicht
nehmen,
aber es ist ein kleiner Moment in einer Fülle kleiner Momente
eines grandiosen Segeltages. Ich hatte noch nie so viel Spaß
bei
spärlichen drei Knoten! Ich sage: "Aber sonst ist n ganz
schöner Segeltag." Erik antwortet: "Total geil."
Beim Einlaufen ins Lindelse Noor - rechts und links Steine, man muss
sich konzentrieren und genau treffen - läuft auf Pommery Speed
King von Deep Purple. Der rote Blitz nimmt Fahrt auf und rauscht
vorbei. Ich wollte mich eigentlich auf die Navigation konzentrieren,
nebenbei den Anker klarieren und es ansonsten ganz in Ruhe angehen.
Doch plötzlich ist Wind aufgekommen, den ich jetzt nicht mehr
unbedingt gebraucht hätte. Wir sind mit drei Knoten
hergesegelt,
jetzt segeln wir mit sechs Knoten rein ins Untiefenparadies.
Irgendwie ist Pommery also als erste drin, danach wir und
schließlich Delit. In dieser Reihenfolge umkurven wir die
Untiefen und nähern uns Eskilsø. Erik birgt die
Segel und
wirft den Anker raus. Wir liegen bei. Wir haben es jetzt nicht eilig,
der soll mal erstmal alles fertigmachen, bevor wir ins
Päckchen
gehen. Auf einmal kommt uns Jan-Hinnerk fast ins Gehege, dann geht er
längsseits. Das machen wir daraufhin auch. Ist ein
hübsches
Dreierpäckchen. Nur dass der Anker nicht hält: Er
rutscht mit
fünf Metern Leine übers Seegras. Erik war sowieso der
Meinung, zu früh geankert zu haben, also zu weit weg von der
Insel.
Jan-Hinnerk und ich starten die Außenborder. Eriks
Reparaturversuch an Pommerys Schmuckstück ist gerade gestern
gescheitert. Mit einem knappen Knoten tuckert der Dreimast-Trimaran auf
Eskilsø
zu, bis der Abstand paddelbar erscheint und die Wassertiefe zwei Meter
unterschreitet. Erik hat den Anker gesäubert und
lässt ihn
erneut fallen. Jan-Hinnerk und ich eilen nach vorne und werfen unsere
daneben. Ich treffe ein großes Stück unverkrauteten
Schlicks. Was Jan-Hinnerk trifft, weiß ich nicht, aber Delits
Fünfkiloanker wirkt eher symbolischer Natur. Den
würde ich
höchstens für unser Schlauchboot verwenden. Ist egal,
zwei
gut eingegrabene Anker sollten erstmal reichen, mit den weiteren Booten
kommen zusätzliche ins Spiel.
Das
entpuppt sich als nicht so einfach: Salty, Martha und Oli sind
eingetroffen - erstaunlicherweise all meinen Hinweisen zum Trotz auf
ziemlich direktem Weg, der sie direkt über Untiefen und Steine
hätte führen müssen, aber das klappte
zumindest beim heutigen Wasserstand
ohne Grundberühung - und ins Päckchen gegangen. Erik
und ich
ziehen an
Pommerys und Paulas Ankerleine die Folkeboot-Insel vor, bis die
Büge über den Ankern liegen. Annia und Marcus lassen
ihre
Anker fallen. Das Päckchen treibt zurück. Ich
versuche Marcus
zu erklären, was er später (nämlich wenn
Paulas und
Pommerys Ankerleinen wieder steif gekommen sind) tun soll: An der Leine
die Kette auseinanderziehen und mit einem kräftigen Ruck den
Anker
eingraben. Er zieht jetzt schon an der Leine und hält sie
fest.
Olis Anker schlurt über den Grund, sammelt fleißig
Seegras
und - ich bin nicht überrascht - gräbt sich nicht
ein. Marcus
darf ihn wieder aufholen und einpacken: "War nur ne Übung.
Drei
Anker reichen." Der Wind schläft langsam ein, das
Päckchen
liegt ruhig und sicher.
Paula, Pommery und Delit haben sechs Stunden für zwanzig
Seemeilen
gebraucht. Ist ja schon nicht besonders schnell. Frieda trifft nach
fast zehn Stunden ein - das finde ich wirklich eine harte Nummer. Sie
ist ein Profi und trägt das mit Fassung - aber wie muss sich
Christian fühlen angesichts dieses seglerischen Debakels? Er
ist
müde, aber guten Mutes, und freut sich über die
Portion
Nudeln mit Sauce, die auf Salty für ihn bereitsteht. Leider
muss
er über sechs Boote taumeln, um die Einladung wahrzunehmen.
Und
dann halte ich ihm im Licht der Taschenlampe auch schon die Seekarte
vor die Nase, um ihm die Strecke der Rücktour zu
erklären.
Auslaufen um sieben. Eigentlich wollte er ja nur Urlaub machen....
Irgendwann zwischendurch rudern Erik und ich mit unseren Schlauchbooten
nach Eskilsø. Fazit: Klein, grasbewachsen und
unspektakulär. Jedoch mit schönem Blick auf unsere
selbstgebaute Insel, und im Osten tut sich noch ein ganzes
Stück
des Lindelse Noor auf, das ich jetzt zum ersten Mal sehe. Ich fasse
einen Plan: An einem flautigen Tag kann man hier von Ankerplatz zu
Ankerplatz segeln und dabei gefahrlos die beinahe unbegrenzten
Möglichkeiten ausloten, die diese traumhafte Bucht bietet.
Nach
dreizehn Jahren wird die dänische Südsee keineswegs
langweilig - der Spaß fängt gerade erst richtig an!
weiter: Vier
Wochen