Paulas Törnberichte | ||||||
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Silverrudder? Ohne uns!
Einhandsegeln? Immer! Aber non-stop rund Fyn? Im
Regattamodus? Ohne
Wind? In Svendborg vor der Brücke Ankern, um nicht in der
Strömung zurückzutreiben? In Middelfart vom Neerstrom
mit dem Heck voraus durch die Brücke gespült werden?
Fünfzig Stunden ohne Schlaf oder Pause? Das kann Mike auch
nächstes Mal ohne mich machen.
September 2017
Paula und ich müssen in dieser Hinsicht ja auch niemandem mehr
etwas beweisen. Auch uns nicht. 2011 fuhren wir beinahe die gleiche
Distanz, 135 Seemeilen, in einer Rutsche. Aber nicht im Kreis, sondern
von Varberg nach Lundeborg. Das Motto: Wenn der Reservekanister durchs
Cockpit fliegt, ist eindeutig...aber lassen wir die alten Geschichten.
Mike und Admiral Jacob während der Anreise ein Stück
zu begleiten, ließen wir uns jedenfalls nicht nehmen.
Recht spontan fuhren wir los, um
den schönen Wind auszunutzen. Unsere Mission lautete: Von
Kappeln bis
Kappeln den Motor nicht zu benutzen. In Birkholm klappte das
ausgezeichnet trotz ordentlich Wind, wir legten unter Fock an und
ließen uns von Mike längsseits ziehen. Er befand
sich auf der Anreise nach Svendborg zur
„Silverrudder“, der Non-stop-einhand-Regatta rund
Fyn mit vierhundert Teilnehmern. 135 Meilen lassen sich in 30 Stunden
segeln, wenn der Wind entsprechend ist - doch es sah für
Freitag und Samstag recht flautig aus. Erstmal verbrachten wir einen
gelungenen Klönschnackabend, und dann brach Mike trotz des
übertrieben vielen Rotweins früh auf und verholte
sich nach Svendborg, um dort vorzuschlafen.
Paula und ich trödelten ein bisschen,
segelten dann
querfeldein südlich an Skarø vorbei,
kämpften uns vorm Wind und gegen die Strömung durch
den Svendborg Sund (inzwischen unser Heimatrevier, so oft, wie wir
dieses Jahr dort waren) und schafften das Rudkøbing
Løb in der letzten Stunde mitlaufenden Stroms. Gekonnt
wichen wir diversen Schauern aus (und wurden schließlich doch
einige Male nass). In Strynø fuhren wir gegen Wind und
erstaunliche Strömung einen wirklich souveränen
Anleger unter Groß und waren hinsichtlich unseres Projektes
im Plan. Abends wurde dort noch gelungenstes Hafenkino geboten, als
eine Yacht bei einem zugegebenermaßen nicht ganz einfachen
Anlegeversuch die Hafenausfahrt zuparkte. So miserabel, wie das
Manöver aussah, war es im Nachhinein nicht, denn nun konnte
ich mit gezielter Leinenarbeit helfen, die Yacht aus der Klemme zu
zerren und an ihren Liegeplatz zu verholen. Und durfte mir von den
amüsierten Zuschauern die Lorbeeren einheimsen, mein Anleger
sei dann doch ein wenig eleganter gewesen.
Seufzend guckte ich rüber ins Lindelse
Noor, einen der letzten
weißen Flecken auf meiner persönlichen Seekarte. Bei
Westwind dort zu ankern, kam nicht in Frage, Donnerstag war extrem
wenig Wind, doch Freitag mussten wir zurück in die Schlei. Wir
nehmen uns wenig vor: Für die fünf Meilen nach
Marstal brauchten wir gediegene fünf Stunden, aber die waren
wirklich schön. Von Land aus wurden wir fotografiert, wie wir
im Schneckentempo das Hafenbecken aufkreuzten. Nach Sonnenuntergang kam
eine schöne Brise aus Ost auf, mit der wir vermutlich nach
Hause gekommen wären. Doch da war das Hafengeld schon bezahlt,
der Anlegerotwein getrunken, und das Essen stand auf dem Herd.
Es ging also Freitag bei Sonnenaufgang los. Wir brauchten eine Stunde,
um den Hafen zu umkurven und das Fahrwasser zu verlassen. Bis
Vejsnæs Nakke blieb es eine Geduldsprobe. Wir flirteten mit
dem Drittknoten, doch er zierte sich: „Ihr wollt ja gar nicht
zurück. Also helfe ich euch auch nicht.“ Ich schrieb
unmissverständlich ins Logbuch: „Nein, wir wollen
nicht, aber wir müssen.“ Endlich hatte er ein
Einsehen, gesellte sich zu uns und brachte auch seinen Freund, den
Viertknoten, mit. Doch der heuerte schon nach einer Stunde wieder ab.
Als es erneut nur mit nicht mal zweieinhalb Knoten voranging, warf ich
einen Blick auf die Uhr und warf - Projekt schon wieder vermasselt! -
den Motor an. Da glaubte ich noch daran, mit ein bisschen Arbeit Oliese
fit für die nächsten Charterer machen zu
können, hatte es also eilig. Vor der Dämmerung
anzukommen, hätten wir auch unter Segeln geschafft.
Samstag rief Mike an, der seit 29 Stunden ohne Pause Regatta segelte
und immer noch nicht die Hälfte der Strecke geschafft hatte:
Ob ich ihm, dessen Internetverbindung kurz vor Aebelø
schwächelte, einen aktuellen Wetterbericht durchgeben
könne. Der war wenig hoffnungsvoll: Ostnordost 2, Sonntag
Vormittag ostdrehend und zunehmend 3 - kein Wind, der ein absehbares
Ende der Strapazen erhoffen ließ. Er hielt trotzdem durch.
Währenddessen versuchte ich das
plötzlich noch einmal
aufkommende T-Shirt-Wetter zu genießen. Das gelang nur
mäßig, es gab alle Hände voll zu tun.
Oliese kam ziemlich gerupft von einem vierwöchigen
Törn zurück. Eigentlich sollte sie gleich noch einmal
los, aber mit lockerem Radarreflektor, halb durchgescheuertem
Großfall, losen Curryklemmen und weiteren Kleinigkeiten war
sie eher ein Fall fürs Winterlager. Salty übernahm
spontan ihren Job - aber nicht ohne Olieses Außenborder. Ihr
eigener hielt, als er endlich lief, noch bis kurz vors Hauptfahrwasser.
Dann ruderten die Gäste mangels Wind und Motorkraft wacker
zurück, bis Oliese und ich sie in Schlepp nahmen. Und so
ochste ich in der ungewohnten Wärme Außenborder hin
und her, bis mir der Schweiß ausbrach.
Wir trafen Salty in Marstal wieder. Nicht, um Störungen zu
beheben: Paula und ich liefen bei nächster Gelegenheit auch
nochmal aus zur nächsten kleinen Reise. Bei Ostwind.
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und Jubiläum