Paulas Törnberichte | ||||||
Teddybärs
Reisen
Kurz vor Mommark ändern sich die Bedingungen: Der
Südostwind dreht auf Süd, nebst Abdeckung durch den
Hafen. Wir müssten die Rinne aufkreuzen, doch
Strömung und eine erhebliche Grundsee haben etwas dagegen:
Segelnd kommen wir null voran. Außenborder bei einem Meter
Welle? Ginge nur mit stützenden Segeln - doch die
stützen nicht, wenn sie keinen Druck haben. Fazit: Einlaufen
für uns unmöglich. Es war auch sowieso ein halbherziger
Versuch, in die urdeutsche Campingplatzatmosphäre vorzudringen.
Fyns Hav ist nur vier Meilen
entfernt, erheblich netter, besser geschützt auch bei
nördlichen Winden - und problemlos anzusteuern.
Mai 2022
Paulas
Saisonstart mag für unsere Verhältnisse
unspektakulär klingen. Im April waren wir eingesperrt zwischen
zwei kaputten Brücken und sind nur einmal auf der Schlei
spielen gegangen. Zwischen Arnis und Sieseby auf und abzusegeln, finde
ich ja eher unbefriedigend, aber Frieda leistete uns Gesellschaft, und
dadurch war es kurzweilig. Außerdem die Erkenntnis: Die neue Fock
verhält sich wie ein Paar neue
Schuhe: Drückt noch ein bisschen. Das Groß ist toll und
trägt endlich wieder Paulas richtige Segelnummer, nämlich die
dänische. Neue Schuhe trage ich
tatsächlich: Dachdeckerschuhe mit weißen Sohlen -
das Deck bleibt von schwarzen Streifen verschont. Und es gibt eine
weitere Neuerung, aber davon später.
Unser erster Ausflug nach Dänemark hat einen besonderen
Anlass: Erik ist nach Marstal umgezogen und überführt
Pommery nach sechzig Jahren in Eckernförde zum neuen
Liegeplatz. Es ergibt sich ein abendliches kleines Fest, Erik und
Pommery haben noch mehr Besuch außer uns. Am Sonntag huschen wir gemeinsam rüber nach Strynø.
Pommery segelt abends wieder zurück, Paula und ich bleiben
über Nacht, dann geht es zurück nach Arnis. Aber
nicht für lange, denn es folgt der erste
Flottillentörn der Saison. Es ist eine abgespeckte Version -
eine Crew hat storniert, Oli holt den letzten Coronaausfall auf der
Schlei nach. Salty, Frieda und Paula machen sich...naja...Samstagabend
auf den Weg.
Törnplanung: Der Brückenärger ist noch nicht ausgestanden - in Sønderborg
wird der Straßenbelag erneuert, keine Durchfahrt bis 31. Mai. Der
Wind - anfangs Nordwest, denn tagelang Ost, absehbar gegen Ende Drehung
auf West - hätte eine Runde über Marstal und Mjels Vig
nahegelegt, aber das wird nix, und östlich um Als herum passt
erheblich schlechter, weil es bei Ost mühsam wäre und
für einen einzigen Tag schwachen Westwind zu weit. Ich
liebäugele lange damit, endlich mal wieder nach Albuen zu segeln.
Doch es gibt Anlass zu großer Vorsicht: Friedas Crew pendelt
zwischen
Nervosität und Angst, es gilt Traumata der Vergangenheit zu
konfrontieren und zu verarbeiten, und dazu brauchen wir
Erfolgserlebnisse und keine Überforderung. Saltys Einhandsegler
wirkt
souverän, lässt aber durchblicken, dass er seine
innere Unruhe einfach nur besser verbirgt. Und auch auf Paulas
Passagiere gilt es Rücksicht zu nehmen: Die beiden Teddys
lagen über zehn Jahre weitgehend unbeachtet in meinem Bett.
Diesen Winter haben wir uns angefreundet und beschlossen, dass die
beiden zum Segeln mitkommen.
Den großen habe ich einst
aus der Elbe gefischt, wo er vermutlich einem Kind auf einer
Hafenfähre vom Arm gefallen ist. Woher ich den kleinen habe,
erinnere ich nicht, aber vielleicht hatte auch er schon schlimme
Erlebnisse am Wasser. Seekranke, verzweifelte Teddys möchten wir
nicht, es soll unseren neuen Gefährten ja bei uns gefallen. Bei
siebener Böen
laufen wir also schonmal nicht aus, sondern erst abends, als jemand
dort oben die Thermik abgeschaltet hat. Leider ist dann auch wirklich
nur noch sehr wenig Wind - gegen die Strömung brauchen wir
zwei Stunden bis Schleimünde und legen statt in der
Dämmerung schon in ziemlicher Dunkelheit an. Hafen voll,
Folkebootecke frei, aber vor Topp und Takel reintreibend wird Paula
ganz
schön sportlich schnell. Nix für die Gäste - Salty und
Frieda verbringen die kurze
Nacht ohne Landzugang an den Pfählen. Es ist kein Verlust: Letztes
Jahr schon hatte nicht nur ich den Eindruck, Schleimünde habe sich
zum Schlechten verändert. Nun zahlen wir saftige 16 Euro Hafengeld
(bzw. sportliche 20, weil mir Kleingeld fehlt). Die Klotüren sind
neu, beim ersten Gebrauch habe ich sofort die lose Türklinke in
der Hand. Jetzt, wo Pommery umgezogen ist, behaupte ich: Marstal ist
unser neues Schleimünde.
Volles, doofes Schleimünde am Abend war aber ein Muss -
Sonntagmorgen um fünf ist in der Schlei null Wind zu erwarten. Vom Hafen
zum Leuchtturm braucht Paula eine halbe Stunde. Rüber nach
Marstal läuft es dann viel besser als gedacht - um zehn Uhr
sind wir an der Südrinne. Diese bei nachlassendem und später einschlafendem Wind gegen
ordentlich Strömung aufzukreuzen, gelingt Paula besser als den
Anderen, die irgendwann den Motor anreißen. Erik
empfängt uns zunächst an der Hafeneinfahrt, ist dann
per Fahrrad schneller am Yachthafen als wir, und springt am Stegkopf
auf, um sein exzellentes Programm mit Segelberge- und -packservice zu
beginnen. Kuchen hat er auch schon besorgt, Paula kocht Kaffee, die
Gäste gesellen sich auch endlich dazu. Stadtführung
mit Einkauf, Grillen mit Bier - man muss gar nicht immer den kompletten
Tag mit Segeln verbringen.
Montag möchten wir das aber ausgiebig tun. Ost bis Nordost 3-4
und strahlender Sonnenschein lassen den besten Segeltag der Woche
erwarten. Ich finde die direkte Strecke zu kurz und schlage einen Umweg
durch
den Svendborg Sund vor. Meuterei: So spontan, ohne ausgiebige
navigatorische Vorbereitung, möchten die Gäste das
auf keinen Fall. Und gedanklich vorbereitet sind sie nur auf die
direkte Strecke nach Ommel. Nun denn, zweieinhalb Stunden
später sind wir am Ziel. "Du hattest Recht, das war wirklich
ein bisschen kurz...." Für den Weg nach Lyø
bereiten wir uns schon abends darauf vor, dass die Strecke durch eine
Kreuz im Højestene
Løb
verlängert und aufgelockert wird - also doch noch ein ganz
normaler, richtig schöner, ausgiebiger Segeltag.
Am
Mittwoch warten wir geduldig ab, bis der Wind und die
Böigkeit...es ist nur 4 Böen 5, wir könnten
auslaufen, aber erst zwischen 16 und 17 Uhr hält der
Wetterbereicht das für klug. Bis Skjoldnaes
kommen wir super voran, dann wird es stampfig. Gelting schaffen wir so
im Hellen nicht. Auf Mommark haben Paula und ich keine Lust, aber es
ist so praktisch gleich gegenüber. Nun, wir müssen ja
nicht hin, weil wir es nicht in den Hafen schaffen. Somit also Fyns
Hav. Schön zu sehen, dass die Gäste beim Anlegen inzwischen
zwar lange noch nicht gelassen und entspannt sind, aber schon einen
erheblich ruhigeren Eindruck machen.
Donnerstag
bleiben wir bei Flaute und Gewitterwarnung, wo wir sind. Der
Rückweg wird erneut eine Early Bird-Nummer angesichts der
drohenden Flaute. Aber wir wollen festhalten: Mit etwas Phantasie
lassen sich 6er Böen durchaus vermeiden. Und die Teddys? Wie die
heißen? Als Fundsachen aus Elbe und häuslichem Bett
könnten sie beide gut Findel heißen. Finde ich. Aber ich
nenne sie manchmal Jungs und meistens Teddys. Der große passt
immer gut auf den kleinen auf. Nachdem sie ihre ersten gut 100
Seemeilen unter Deck verbracht und heil überstanden haben,
trauen sie sich immerhin zu einem ersten Landgang.
weiter: Sechs Richtige