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Svendborg. Classic Regatta. Und der magische Grill

Unsere Augustreise war wie ein rundum gelungenes Grillfest: Es gab reichlich von Allem - Salziges, süße, warme Köstlichkeiten wie aus Blätterteig, saftig-feuchte Steaks, mitunter auch feurig-scharfe Kostproben. Es war eine ausgewogene Mischung aus Fleisch und Gemüse, vitaminreich und mit der richtigen Dosis Ballaststoffe und ungesättigte Fettsäuren - gesund, erfrischend und perfekt abgestimmt.

August 2017

Am Grillplatz tummelten sich in wechselnder Besetzung Freunde und überaus sympathisches zahlendes Publikum, doch es war kein chaotisches Kommen und Gehen: Damit alle zur gewünschten Zeit einen Platz am reichhaltig gedeckten Tisch und einen gefüllten Teller vorfanden, bedurfte es einer raffinierten Planung. Sie gelang vortrefflich. Bewusst beschränkten wir uns auf Spezialitäten der regionalen Küche, anstatt Abstecher in exotisches Terrain wie den Kleinen Belt, Samsø oder Lolland zu unternehmen - denn Frieda, Martha und Paula hatten ein besonders erlesenes Hauptgericht geordert: Die Svendborg Classic Regatta.

Am Wind, vorm Wind, Starkwind, Schwachwind - am liebsten bunt durcheinander mit wahlweise Senf oder Ketchup, Salzwasser oder Gischt. Gut und schön. Der Vergleich eines Segeltörns mit einer Grillparty endet an einem entscheidenden Punkt: Beim Grillen schlägt man sich den Bauch voll, doch irgendwann ist man pappsatt und bekommt keinen Bissen mehr herunter. Beim Segeln, insbesondere diesmal, ist jeder Bissen ein neuerlicher Appetitanreger, und man möchte überhaupt nie mehr damit aufhören.

Dass sich der Vergleich überhaupt aufdrängt, lag an Claus von der Frieda-Crew. Damit fing es nämlich an: Mit dem Samstag. Morgens um neun war die Vercharterer-Welt noch alltäglich und unspektakulär, denn ich besorgte in Kappeln schnell noch einen neuen Zirkel für Martha. Zurück in Arnis, waren Saltys Gäste eingetroffen. Nach der Einweisung parkten wir ihr Auto um nach Süderbrarup Hauptbahnhof, denn das Boot sollten sie nach einer Woche in Svendborg abgeben und mit dem Zug zurückreisen. Dieses Kettencharter-Experiment bewährte sich vollauf: Vater und Sohn waren hellauf begeistert davon, bei der Törnplanung ziemlich aus den Vollen schöpfen zu können, anstatt spätestens Dienstagmorgen an den Rückweg denken zu müssen. Mittags legten sie ab, um als erste seglerische Aktion in Maasholm Freunde zu treffen.

Gleichzeitig traf Marthas Crew ein, im Frühjahr durch ein Skippertraining bereits gründlich eingewiesen. Und weil der Rest der Flotte, Frieda und Oliese, erst nachmittags ihre Gäste bekamen, schickte ich Martha & Co. gleich mal zu einer Spaßrunde auf die Schlei. Für die Spätankommer reichte es nur noch zu Einweisung und Stauen, dann war der Tag gelaufen. Das war kein Problem, sondern wir verabredeten uns zum Abendessen bei „Godewind“.

Und dort erwähnte Claus, er habe einen „besonderen Grill“ im Gepäck. Mit Stephan von der Oliese und mir saßen da natürlich zwei passionierte Sprücheklopfer am Tisch, die die Formulierung zielsicher zerpflückten, und bald war klar: Normalerweise versuchen wir ja in seglerischer Hinsicht einen besonderen Törn hinzubekommen, doch diesmal war das unnötig - denn zumindest hatten wir ja einen besonderen Grill. Stephan war da wohl schon neugierig auf unsere späteren Berichte - Oliese nahm nicht an Flottille und Regatta teil, sondern fuhr nach Tagesform einen individuellen Törn. Und für Claus waren die letzten Zweifel ausgeräumt, ob er angesichts der vollen Vorpiek der überladenen Frieda den Grill nicht doch im Auto lassen sollte - jetzt musste er erst recht mit. Später stellte sich heraus, dass es wahrhaftig nicht irgendein Grill ist, auch kein einfach nur irgendwie „besonderer“ Grill, sondern ein magischer Grill, der als treuer Gefährte neben Grillmeister und Essern auf dem Tisch steht, in Windeseile Köstlichkeiten produziert und gleichzeitig aus wechselnden personellen Besetzungen immer wieder harmonische Gruppen zaubert. Dass tut er mit einer Selbstverständlichkeit, dass der beobachtende Vercharterer schnell gar nicht mehr sagen kann, wer hier wen erst seit gestern kennt oder wie lange wir eigentlich schon gemeinsam unterwegs sind.

Am Sonntag segelte Oliese irgendwohin, doch Frieda, Martha und Paula fingen an zu zaubern. Die erste seglerische Grillspezialität war extrem deftig gewürzt: Nach Sønderborg bei West 5, zeitweise 6, mit entsprechend dramatischer Welle auf dem Kalkgrund. Wir hatten gerefft - eine gute Idee. Logbucheintrag: „14h40 LT Kalkgrund. Paula wühlt sich durch die See.“ Um 16 Uhr erreichten Paula und ich Sønderborg, es wäre eine Punktlandung für die Brücke gewesen, doch es schien uns korrekter, und an einem der Pfähle bei den Fischern festzubinden und auf die Anderen zu warten. Um 17 Uhr ging die Brücke wieder auf, und danach gab es zur Nachspeise den lieblichen Als Sund und das beschauliche Sottrupskov.

Leider schnabulierten wir das mit einem leicht bitteren Beigeschmack. Denn auch Martha wühlte sich eher durch die See, als dass sie wie ein Vogel darüber wegflog - doch ihre elektrische Lenzpumpe fiel aus. Das Wasser - im Wesentlichen kam es über die Kante - schwappte bei dieser Schräglage nicht in der Bilge, sondern unter der Steuerbordkoje. Das wiederum wäre der Crew aufgefallen, hätte sie nicht aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, so dass ich auch nicht bei der Einweisung davor gewarnt hatte... - also jedenfalls hatten die die Niedergangstür zu und keine Sicht unter Deck. Also lenzten sie auch nicht mit der vortrefflich funktionierenden Handlenzpumpe, sondern schöpften das Wasser, als wir gegenüber vom Schloss an den Dalben lagen, pützenweise raus. Polster, Schlafsack und diverse andere Dinge waren vorläufig triefnass. Doch Wind, Sonne und Optimismus ließen dieses Problem schon am nächsten Morgen bei weitem nicht mehr so gravierend erscheinen. Die Pumpe hatte ich binnen fünf Minuten in Gang - ein Büschel Haare steckte im Impeller, von unidentifizierbaren Vorgängercrews von der Kopfhaut gebürstet und auf unergründlichen Wege beim dem Geschaukel in die Bilge geraten. Ich denke darüber nach, parallel zum Rauchverbot unter Deck auch ein Bürstverbot an Bord zu erlassen.

Dass wir überhaupt bei so viel Wind eine Strecke wählten, auf der wir zeitweise so hoch am Wind laufen mussten, erhielt erst nachträglich seine Rechtfertigung - bei der Regatta segelten wir die letzte Wettfahrt bei ähnlichen Verhältnissen. Der ursprüngliche Grund, nämlich am Montag bei Südwind nach Middelfart, am Dienstag bei Südost nach Haderslev und am Mittwoch bei Südwest in die Dänische Südsee zu segeln, zerschlug sich, als DMI für den Mittwoch eine Starkwindwarnung verbreitete. Damit fehlte uns ein Tag, und wir sausten sicherheitshalber direkt in den Einzugsbereich unseres Wochenziels Svendborg. Genauer gesagt: nach Ommel. Das ist eine sichere Bank, Liegeplatz beinahe garantiert (obwohl wir diesmal zu dritt im Päckchen lagen), und es ist ein phantastischer Ort, vergleichbar einer Auswahl aus sonnengereifter Wassermelone, Tiramisu und Apfeltorte mit Vanillesoße zur Nachspeise. Der Hauptgang war ein abwechslungsreicher Mix aus allen Kursen zum Wind, ruppigen Böen, dödeligen Schwachwindphasen in alter Welle und einer fabulösen Kreuz in die flache, unbetonnte Bucht. Paula und ich legten unter Segeln an, die Anderen staunten, beobachteten, lernten und wählten die sichere Variante mit 5 PS. Zaubermeister Claus hielt seinen magischen Grill vorläufig noch unter Verschluss, spielte aber einen anderen Trumpf aus: Auf mein Stichwort hin, es gebe im Ort eine Kneipe, mobilisierte er die ganze Gruppe zu einem Besuch dort. Wir wollen sagen: Rustikal. Aber sehenswert. Und total Kult. Wirt und Wirtin waren zu betrunken, um unfallfrei deutsch zu sprechen oder zwischen Kronen und Euro umzurechnen. Als wir gingen, war uns das egal, weil es uns kaum besser ging. Und die dänische Schlagermusik hatte sich vom Störfaktor zur Bereicherung gewandelt.

Ich übertreibe hier ein wenig, wir tranken in Wirklichkeit jeder nur zwei Bier, aber es war nett und eben rustikal. Unspektakulär ging es dann nach Faaborg, wo wir dann den Starkwindtag verbrachten. Die Warnung wurde zurückgenommen, vormittags hätten wir auch segeln können, aber nachmittags pustete es wie hulle - und abends bekam dann gruppendynamisch wertvoll der magische Grill seinen ersten großartigen Auftritt. Vorteil des Geräts: Der Griller sitzt mit am Tisch und isst, nach und nach werden die Sachen heiß und perfekt gar, und zwar in Rekordzeit, und so mampften wir uns durch Lamm, Steak, Würstchen, Pilze und Zucchini und verschmähten mangels weiterem Platz im Magen die gute Melone. Unterdessen leiteten die Stationsmeldungen befreundeter Folkeboote das unangefochtene Hauptgericht ein: Jane lag in Troense. Lovis und Pommery lagen gemeinsam mit dem M30 in Hjortø. Havfruen lag in Rudkøbing. Wir legten um zehn Uhr in Faaborg ab und gönnten uns den Abstecher nach Hjortø, wo uns allerdings ausschließlich Havfruen entgegen segelte, während die Anderen noch nicht in Gang kamen. Abends jedenfalls tummelte sich an der Promenade in Svendborg ein illustres Feld aus Folkebooten, Knarrs und anderen Klassikern.

Meine Chartergäste hatten bis zuletzt durchblicken lassen, sie würden wohl gerne das Ambiente genießen und vielleicht ein bisschen ums Regattafeld segeln, aber teilzunehmen trauten sie sich nicht zu. Ich hatte bereits spekuliert, einen Vorschoter shanghaien zu können. Doch als es ernst wurde, stand die Regattateilnahme gar nicht mehr in Frage. Nach einer Woche Folkeboot war der Trimm natürlich nicht konkurrenzfähig, aber das hatten sie auch nicht erwartet. Frieda verzichtete nach der ersten Runde am Samstag auf den Rest, die Crew gönnte sich lieber einen Stadtbummel. Aber da war berechtigter Stolz im Spiel. Und jede Menge Wertschätzung dafür, welche Möglichkeiten und unvergesslichen Erfahrungen ihnen diese recht außergewöhnliche Charterveranstaltung bot. Wie es Paula und mir ging, sei an anderer Stelle berichtet.

Am sonnigen Sonntag reiste Martha ab, um planmäßig den Rest der zweiten Woche auf eigene Faust zu verbringen. Wir Anderen warteten auf die neue Salty-Crew und vertrieben uns die Zeit mit einem Tagestörn rund Taasinge. Und der hatte es in sich: Im Svendborg Sund gab es eine spritzige Kreuz gegen die Strömung, im Højestene Løb drehte der Wind, so dass wir immer noch mächtig Höhe laufen mussten, und es waren gut und gerne fünf Beaufort. Danach gab es dann eine der coolsten Aktionen, die man in der Dänischen Südsee machen kann: Damit die Strecke nicht zu lang wird, segelten wir nördlich an Birkholm und Strynø vorbei. Dort ist es breit und tief genug. Aber unbetonnt. Niemand sonst ist dort unterwegs. Und es gibt am Anfang eine Untiefe, nämlich den Claus Grund (!!), die es dringend zu umrunden gilt, und am Ende ein Flach von 1,50m Tiefe, wo man auch nicht unbedingt rüberschrabbeln muss. Paula war der partout keine Höhe laufenden Frieda so weit davon gesegelt, dass ich sie nicht einmal mehr sehen konnte und vermutete, die seien inzwischen umgekehrt. Also warteten wir auch nicht auf sie, sondern machten uns auf den Weg ins Unbetonnte. Als wir schon Strynø querab und das betonnte Fahrwasser nach Rudkøbing in Sicht hatten, erkannten wir Frieda - die unverkennbare Silhouette eines Folkebootes vorm Wind mit ausgebaumter Fock in einem Seegebiet, das kaum jemand durchfährt - hinter uns im Gegenlicht. Als wir das Fahrwasser erreichten, kam uns euphorisch winkend Martha entgegen. Und dann schrammelten wir hoch am Wind über die Regattastrecke in den Svendborg Sund und zurück in den Hafen - wo eine Stunde nach uns endlich Frieda ankam, dicht gefolgt von der per Bahn anreisenden Salty Crew. Salty hatte keineswegs untätig herumgelegen, sondern tapfer unseren bahnhofsnahen Liegeplatz verteidigt. Wir lagen zu dritt im Päckchen, und es war bemerkenswert, wie sich der Ort gewandelt hatte, seit alle sonstigen Regattateilnehmer abgereist waren, aber doch weiterhin unser Ort blieb.

Allerdings nur bis Montag Mittag. Nach ein bisschen Einkauf und Aufklaren gingen wir noch gemeinsam ins Dänische Segelsportmuseum, um uns die schönen Bilder der Folkebootausstellung anzusehen, dann legten wir ab. Schwachwindig, mitlaufender Strom - wir wollten nach Ristinge. Wieder mal so einem Hafen, der traumhaft ist, aber abseits der üblichen Routen und ohne Luxus. Es wurde ein wunderbarer Dämmertörn daraus, weil wir zwar im Rudkøbing Løb zeitweise gerade so die Position halten konnten, dafür aber später ohne Schräglage und Welle hoch am Wind mit fünfeinhalb Knoten unserem Ziel entgegenstrebten. Und das wirkte aus der Ferne unscheinbar. Von Nahem ist Ristinge ein Traum: Blick in die weite Weite der Inselwelt, Sonnenuntergang inklusive, und ein Ambiente aus Nebenerwerbsfischern und Nichts - genau was der (Folkeboot segelnde) Mensch braucht, und noch ein Spur extra. Wenn es im Nachhinein etwas zu bemängeln gibt, wäre das wohl unser Anleger: Wir sausten mit vier Knoten in, unerwarteterweise, die völlige Abdeckung. Da gelingt ein Aufschießer mäßig bis schlecht, das Boot wird einfach nicht langsamer, und so mussten die Fender und ich zwei Tonnen Paula in knapp drei Knoten Fahrt von Hand aufstoppen. In einem zwar winzigen, aber chronisch leeren Hafen ist das gleichwohl unproblematisch.

Dann kam wieder unser magischer Grill zum Einsatz. Er tat es nicht ohne kurzes Hakeln: Wir hatten zwar darüber gesprochen, an diesem absehbar schönen Abend zu grillen, aber keine konkreten Absprachen über Einkäufe getroffen. Einkaufen gingen alle: Frieda (also ihre Crew) kaufte einen neuen Schlafsack und eine Vorrichtung zum Nudeln Abgießen. Paula (also ich) kaufte Vorräte für die nächsten Tage. Salty (also wiederum die Crew) kaufte....es war ja von Grillen die Rede gewesen, also besorgten sie Würstchen und Dies und Das für den magischen Grill. Nach dem Anlegen gab es kurz lange Gesichter, aber als wir Brot und Kartoffeln und alles, was an Bord war, zusammenpackten, wurde klar: Alle würden satt werden von super Leckereien. Und - dem magischen Grill und den phantastischen Booten und vor allem den wunderbaren Gästen sei Dank - es spielte überhaupt keine Rolle mehr, ob jetzt Salty oder vorher Martha oder immer noch Frieda Paula begleiteten.

Das bisherige Muster mag bereits aufgefallen sein: Wir segelten auf und ab. Das lag zum Teil am Fixpunkt Svendborg, ein bisschen an der Tatsache, dass die Dänische Südsee schön und vielfältig genug ist, um viel Zeit hier zu verbringen und reichlich kurzweilige Meilen dabei zu versegeln, aber vor allem daran, dass der Wind hin und her pendelte und kein Fernziel suggerierte, das wir hätten erreichen und auch rechtzeitig wieder verlassen können. Nach Ristinge wurde es bei strammem Südost Falsled in der bezaubernden Helnæs Bugt. „Wilder Ritt“, hieß es von der Salty nur knapp, nachdem wir angelegt hatten. Wir wollen sagen: Vorm Wind ging das ganz gut - als wir in der Bucht drei Meilen lang richtig Höhe laufen mussten, hätten wir die sechste Windstärke nicht unbedingt gebraucht, aber der Plan, im Lee der 15 Meter hohen Insel Vigø die Großsegel zu bergen, ging voll und ganz auf. Die abendlichen Gewitter waren eine Show, bis zu dem Moment, als der Regen auch uns erreichte und vorübergehend unkommunikatives Schließen der Kuchenbuden veranlasste.

Mittwoch war ein typischer Flauten-Dödel-Tag: Zwischenhoch, hier und da ein Brischen, dort und hier jedoch auch null Wind und Vertreiben in der leichten Strömung. Und noch viel mehr. Paula hatte einen Fahrgast, der vielleicht und hoffentlich in Zukunft einmal Skippertraining, Flottillentörn und sonstige Spezialitäten ordern wird, vorläufig aber mit seiner Familie auf Avernakø weilte und uns gern einmal für ein paar Seemeilen kennenlernen wollte. Claus und Steffi hatten definitiv beschlossen, was sie schon nach ihrem allerersten Eindruck von der fabelhaften Frieda in Erwägung gezogen hatten: Sie hängten eine Woche an. Und weil es keinen Sinn ergab, mit uns und Salty zurück zur Schlei zu reisen, legten sie unter Segeln ab und wandten sich nordwestwärts. Paula und Salty warfen vor Hornenæs für eine halbe Stunde den Außenborder an, dümpelten sich ansonsten aber wacker durch das flautendurchzogene Meiste der fünfundzwanzig Meilen, bis zwischen Lyø und Avernakø (wo wir Andreas absetzen und zum Dank Räucherfisch übernehmen sollten) allmählich die Abendbrise einsetzte. Und die war wie typisch stetig und verlässlich bis kurz vor Sonnenuntergang.

Paula legte also in Korshavn kurz an, per Aufschießer unter Groß, das auch während des kurzen Klönschnacks mit Andreas' Familie und den sonstigen Bekannten vor Ort (Amazone war da) nicht geborgen wurde, und dann segelten wir Salty hinterher, die keineswegs den Eindruck machte, aus Angst vor einschlafendem Wind oder bedrohlichen Untiefen hier übernachten zu wollen.

Unser Ziel war nämlich ein mindestens so besonderes wie der magische, inzwischen in Assens eingetroffene Grill: Der alte Hafen an der Nordseite von Drejø. Den kannte ich bisher nur vom Hörensagen, und was ich hörte, besagte, dass wir da trotz einer Solltiefe von 1,20m problemlos ein- und auslaufen können. Zumindest bei ruhigem Wetter.

Das Echolot machte mich durchaus nervös auf dem Weg zum Hafen - mit fünf Knoten segle ich nicht gerne auf knapp zwei Meter Wassertiefe. Aber das war alles richtig so, es ist dort eben flach, aber ohne steile Kanten oder fiese Steine, und irgendwann bekamen wir sogar den Prickenweg zum Hafen in Sicht. Salty motorte schon mal hinein. Und wir näherten uns sicht- und spürbar der Abdeckung. Bei Südwest muss man ordentlich Höhe laufen, um unter Segeln in dieses Häfchen zu kommen, und darf durchaus die bereits geborgene Fock noch einmal setzen, damit ein bisschen mehr Tuch oben ist. Die Sonne stand schon tief. Vor uns lag wie gesagt ein Häfchen, umgeben von Kiefern und Pappeln, ein Ensemble, wie es in Dänemark äußerst selten ist. Bereits von einer Seemeile Entfernung, also lange, bevor sich Details erkennen ließen, wusste ich: Hier ist alles, aber auch wirklich alles, liebevoll gemacht und improvisiert. Dass die grüne Markierung unseres freien Liegeplatzes in Paula-gemäßer Herzform aus Sperrholz ausgeschnitten war, ahnte ich natürlich noch nicht - aber genau so ist dieser Hafen. Und einen Kilometer landeinwärts beim Kaufmann gibt es ab morgens um acht, was der Mensch über Idylle hinaus auch noch dringend braucht.

Als sich nichts mehr kräuselte, segelten wir trotzdem noch über einen Knoten, und der Hafen war in Hörweite. Die Stimmung war traumhaft um uns herum, orange und rot und hellblau und dunkelblau und pure Entspannung mit Vogelgeschnatter. In der Hafeneinfahrt war die Fock wieder geborgen, und wir liefen 0,4 Knoten. Kommentar eines überaus sympathischen Motorbootkapitäns: „N büschn Fahrt machste ja noch.“ Nun, sie reichte, um neben Salty in die Box zu schleichen. Mit dem letzten Schluck Wind der Abendbrise anzulegen, ist so mit das Tollste überhaupt. Und es hat den Vorteil, sofort nach dem Festmachen Sonnenuntergangsfotos knipsen, aufgeregte SMS verschicken und ein Glas Anlegerotwein trinken zu können. Die SMS gingen an alle, von denen ich hoffte, dass es sie interessierte, und enthielten den Tenor, dies sei definitiv der coolste und schönste Hafen Dänemarks. An Salty übergab ich den in Korshavn erbeuteten Räucherfisch, und es wurde ein Abendessen mit Schwarzbrot und Butter vorbereitet. Bevor wir da gemeinsam spachteln konnten, hatte ich aber noch etwas zu erledigen: Das Großsegel wollte nun doch noch geborgen werden...

Vermissten wir Martha und Frieda? Ein bisschen schon. Doch es tat auch gut, nach dem ganzen Aggewaars von Regatta, Freunden, Fahrgästen, Windrichtungen, wechselnden Flottillenbesetzungen und Chartercrews endlich einmal zur Ruhe zu kommen und an diesem prächtigen Abend mit Salty und ihrer seit drei Jahren vertrauten Crew allein zu sein, Räucheraal und -makrele zu genießen und den Mücken bis Mitternacht zu trotzen. Wer noch nie in diesem Hafen war, hat etwas verpasst! Das Gleiche könnte ich auch über die Svendborg Classic Regatta, Ommel, Ristinge und neunundneunzig Prozent der 258 Meilen dieses Törns sagen.

Es ging dann morgens aus dem Hafen und zielstrebig nach Hørup Hav - nicht der Bringer im Vergleich, aber ein schöner Segeltag mit acht Meilen hoch am Wind bei fünf Windstärken und einem Meter Welle und einem günstigen Ausgangspunkt für den unvermeidlichen Rückweg in die Schlei. Salty reichte ein exzellentes Nudelgericht rüber, als der Regen aufhörte. Und ich schrieb meinen Törnbericht und fragte mich, ob es mir auch in den folgenden Jahren weiterhin gelingen würde, mich und das Drumherum immer wieder neu zu erfinden, um die Spannung und Begeisterung auf diesem enorm hohen Niveau zu halten.

Ein Segelurlaub vom magischen Grill - was könnte nächsten Sommer darauf folgen? Paula und Salty verhalten sich dazu ganz ruhig - es scheint so, als hätten sie bereits Ideen, von denen ich noch nichts ahne, die ich aber bald auf telepathischem Wege eingeimpft bekommen werde.

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