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"Das war ne geile Wende" - Folkeboot-Treffen 2023

Sommer, Wärme, eine leichte Brise – das Folkeboot-Treffen erfreut sich bester Bedingungen. Es macht richtig Laune, mit 14 anderen Booten auf der Schlei zu segeln. Vor allem genieße ich, wie emsig sich die neue Vorschoterin um den Fockausbaumer kümmert. Paula und ich lehnen Mitsegler ansonsten kategorisch ab – aber ein cleveres zwölfjähriges Mädchen ist immer eine Bereicherung.

Mai 2023

Noch nie hatten wir es so gut! Das erste Folkeboottreffen 2014 und seine Nachfolger organisierten Mike und ich von A-Z. Es gab eine Liveband, für die wir eine Bühne bauten. Wir sorgten für Flaschenbier, das gekühlt werden musste, und reichlich Grillgut, von dem oft knapp die Hälfte übrigblieb. Nach der Abreise der Gäste räumten wir im kleinen Kreis auf und zählten die erheblichen Verluste. Ich finde immer noch, es war der richtige Weg, um die Veranstaltung zu etablieren – doch viele regelmäßige Teilnehmer boten unermüdlich ihre Unterstützung an.

2018 wählten wir einen anderen Weg: Mike zog sich weitgehend zurück, bestellte aber die Musik. Der Rest war aufgefordert, nach Möglichkeit schon am Freitag anzureisen und ein bisschen mitzuhelfen. Erik kümmerte sich um zwei Fass Bier nebst Zapfanlage sowie Holzkohle. Grillgut und Beilagen fürs Buffet brachte jeder selbst mit. Ergebnis: Pure Entspannung, müheloser Auf- und Abbau. Das Wetter an dem Samstag war vorzüglich, aber viele fürchteten zurecht, am Sonntag nicht nach Hause zu kommen. Ergebnis war eine kleine Anzahl Boote und eine große Gruppe, die auf dem Landweg angereist war. Für die Regatta bekamen wir alle, die es wollten, auf irgendeinem Boot unter. Die Stimmung war prächtig.

Dann kam Corona – kein Folkeboottreffen in 2020 und 2021. Beim Neustart im letzten Jahr verzichteten wir auf bezahlte Livemusik – und stellten fest, dass es viel besser ist, wenn der Eine oder Andere eine Gitarre mitbringt und vielleicht auch noch eine Stimme dazu hat. Dafür gab es statt Regatta zerzauste Haare bei allen, die es für eine schlaue Idee hielten, bei 7er Böen auf der Schlei herumzukajolen. Das war ein bisschen schade. Aber Corona, Wind und Wetter sind Umstände, die wir nicht beeinflussen können.

Um so erfreulicher, dass es dieses Jahr allenfalls zu bemängeln gäbe, es hätte eine Windstärke mehr sein dürfen. Bitte sehr: Im zweiten Teil der Regatta fühlt es sich bei Ost 3 an wie richtiges Segeln. Ich lege mir die Pinne hinter den Rücken und rutsche rüber. Genau im richtigen Moment lasse ich die Fock sausen, hole sie – zack! bumm! - mit einer beherzten Bewegung auf der anderen Seite dicht. Das Segel füllt sich, ohne Geschwindigkeitsverlust saust Paula weiter. „Das war ne geile Wende“, sage ich. Hannah bestätigt: „Die war richtig gut!“ Sie ist komplett bei der Sache. Vorletzten Samstag beim Jugendsegeln ist sie vom Opti auf die Zest umgestiegen – und am Sonntag gleich aufs Folkeboot, indem sie Frieda und mich über die Schlei schipperte. Der schöne Ausflug verlangte nach einer Wiederholung anlässlich der Regatta des Folkeboottreffens.

Regatta soll ich das gar nicht nennen – es geht ja um nichts und ist als Ausflug angemeldet, doch es gibt eine Startlinie, ein Startsignal, eine Bahn und ein Ziel. Dort wird aber nicht gezeitet. Thomas hat das Ganze gut vorbereitet, ist dabei aber von Westwind ausgegangen. Der einzige verfügbare Wind ist eine schwache Thermikbrise aus Ost. Wir starten vorm Wind an Tonne 40, von dort geht es zur Regattaboje, dann halbwinds zu Tonne 47. Es folgt eine Kreuz zu Tonne 41, dann ein Schlenker zurück zur 45 und von mit erneuter Kreuz durchs Ziel und ab in den Hafen.

Vorm Start treffen wir Erik und Pommery. Erik zeigt gleich mal, was alles passieren kann, wenn man beim Segeln nach hinten guckt: Eben haben wir noch über Tonne 40 gesprochen, nun räumt Pommery sie ab. Hannah ist im Wesentlichen für den Fockausbaumer eingeplant. Sie übt das gleich mal. „Kenne ich, sowas haben wir auch“, sagt sie. Sie findet intuitiv ihre eigene Technik: Sie hält den Ausbaumer in beiden Händen, öffnet den Beschlag und angelt das lose baumelnde Schothorn. Ich mache das anders. Aber als ich mich darauf einstelle, indem ich die Fockschot erst löse, wenn das Schothorn eingehakt ist, klappt es prima. Sobald der Ausbaumer beidseitig eingepickt ist, tänzelt Hannah aus den Schoten, so dass ich sie sofort dichtholen kann.

Paula startet ausgezeichnet, liegt – ungewohnt für mich – sogar mal kurzzeitig in Führung. Startschiff Lord Jim nutzt die ruhigen Bedingungen, um, während die Anderen starten, die Fock zu setzen und Anker auf zu gehen. Sie reiht sich nahtlos ein. Wir segeln dicht an dicht, und ich genieße es total, in diesem Gedrängel nicht von der Pinne zu müssen für den Ausbaumer. Beim letzten Mal in Svendborg hat dieses Problem eine bessere Platzierung gekostet.

Auf der Halbwindstrecke und der anschließenden Kreuz hadere ich mit dem wenigen Wind. Es geht um nichts, aber Hannah zuliebe möchte auch ich meinen Job gut machen. Ich verpasse diverse Winddreher und sowieso konsequent den günstigen Wind, mit dem die anderen Segeln. Doch als wir an Tonne 41 abfallen, ist plötzlich eine Windstärke mehr. Das ist Paulas Wind! Wir schließen auf dem Downwind zum Feld auf und machen auf der Kreuz vier Plätze gut. Das ist spannendes, schönes, angenehmes Segeln und macht richtig Laune. Ich habe den Eindruck, Hannah ist sehr zufrieden. Nach dem Ziel darf sie für die letzte Meile wieder ans Ruder.


Nach dem Anlegen geht das Folkeboottreffen in den Cockpits und am Grillplatz weiter. Erik hatte die weiteste Anreise, ganz von Aerø, überraschend hatte er doch keine Wochenendbereitschaft auf der Werft. Er hat vorzüglichen Rhabarberkuchen vom Bäcker in Søby mitgebracht. Ich stelle schnell noch mein Nähzeug zur Verfügung für die „Reparatur“ eines Außenborders – kein Kühlwasserkontrollstrahl, das ist meistens schnell behoben. Lovis ist da, besetzt von Henri und Thorsten. Vincent hat mit Saga zwei Fass Bier und die Zapfanlage antransportiert. Sven, der neue Kollege von „Klassisch am Wind“, lässt sich zum Klönschnack blicken. Seine und meine Chartergäste mischen sich unters Volk. Überhaupt sind ganz viele da, alte Bekannte und ganz neue Gesichter, die sich hoffentlich gut integriert fühlten.

Wie viele Boote und Menschen wir sind, ist wie immer schwer zu schätzen. Wenn man die Holzmasten im Hafen zählt und die einsamen Boote abzieht, sind es wohl gut zwanzig. Der Grill ist in Gang, allmählich wird es kühl und dunkel. Ulf (ex-Folkeboot Sjov) packt wie versprochen die Klampfe aus. Zuerst denke ich noch, unser Musikant brauche ein wenig Support, aber nach dem ersten Stück kommt Beifall. Beim zweiten Stück sitzt ein Mitstreiter neben ihm, der beim dritten Stück in den Backgroundgesang einsteigt und beim vierten Stück fragt: „Darf ich auch mal?“

Fast überflüssig zu erwähnen ist die soziale Kompetenz: Beim Aufräumen sammle ich fünf Zigarettenfilter, einen Taschentuchfetzen und einen Abriss einer Schokoriegelverpackung ein. Detlef hat bei seinem Rundgang eine ähnliche Ausbeute, danach ist der Spielplatz sauber. Der einzige Raucher, der schon letztes Jahr seinen Dreck fallen ließ und sich zum Glück sehr stationär an einem einzigen Punkt aufhielt, darf sich gerne angesprochen fühlen – ansonsten bin ich mit dem minimalen Aufwand an Vor- und Nachbereitung sehr zufrieden.

Und wünsche Hannah viel Erfolg in ihrer anstehenden Englischarbeit. Wenn ich jetzt noch einen Weg finde, auch mit ihrem ebenso begeisterten Vater eine Runde Folkeboot zu segeln, bin ich ein rundum glücklicher Mensch.

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Man soll den Kopp nich vor'n Abend innen Sand stecken


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