Folkeboot Paula:
Folkeboot-Treffen
nicolas thon: fotografie -schreiben - segeln
home fotos
texte
segeln über mich kontakt & impressum



Folkeboot-Treffen in Arnis, 21. Mai 2022

Als die Anderen auslaufen, bin ich so entspannt wie selten: Keines dieser Boote gehört mir, für niemanden dieser Menschen trage ich irgendeine Verantwortung. Der einzige Faktor, den wir nicht beeinflussen können, bleibt das einzige Manko des Folkeboot-Treffens: West 5 Böen 7 genau in den zwei Stunden, in denen wir gemeinsam segeln wollten. Paula und ich haben morgens endgültig beschlossen, im Hafen zu bleiben.


* Die Fotos stammen aus 2019 und sind von Björn und Robert (ex-Folkeboot Lotte) - ich habe auch diesmal einfach genossen und konsequent kein einziges Bild gemacht *



Ich weiß nämlich schon, wie sich das anfühlt, in kleinen Schlägen mit rasantem Speed und Schräglage, dass das Wasser ins Cockpit fließt, gegen erhebliche Strömung an der Badestelle vorbeizukreuzen. Zweifellos machbar oder jedenfalls überlebbar, aber wem hätte ich es nötig, das zu beweisen? Die lustige, entspannte Regatta, auf die ich mich gefreut habe, gibt es heute nicht. Ich liebäugele mit ein bisschen Mittagsstunde, doch daraus wird nichts, denn nach zwanzig Minuten kommen die Ersten zurück. Ich bin nicht überrascht und mache mich nützlich, indem ich Leinen annehme und das Päckchenbilden koordiniere.

Zweimal fiel das Folkeboottreffen wegen Corona aus. Nun sind erstaunliche 20 Boote dabei, plus einige Crews (Lovis, Pauline, ...) auf dem Landweg. Vorbereitet haben wir so gut wie nichts: Auf die bisher übliche Livemusik verzichten wir, weil es keinen Freiwilligen gab, der sich darum gekümmert hätte. Und weil es im Herbst, als der Termin feststand, noch allzu ungewiss war, ob es überhaupt ein Treffen geben würde. Eine kleine Bühne zu bauen und mit Strom und Wetterschutz zu versorgen, war bisher immer der bei Weitem größte Aufwand, und dann spielte die Band, ohne dass so richtig jemand zuhörte.

Vincent (Folkeboot Saga) kümmert sich um die Getränke. Ich mich um Grills, Tische und Bänke sowie helfende Hände, die mal eben so etwas durch den Hafen rollern. Thomas (Lord Jim) um die gemeinsame Ausfahrt mit inoffiziellem Regattacharakter, die gerade in den heftigen Böen gerupft wird. Sogar Thomas hat angesichts der Bedingungen lieber darauf verzichtet, ankernd eine Startlinie zu markieren und ein Signal zu geben. „Lasst uns versuchen, halbwegs gleichzeitig an der Tonne zu sein, und einfach ein schönes Bild abzugeben.“ Er sagt auch: „Entschieden wird auf dem Wasser.“ Anderswo würde ich entschieden widersprechen - über die Frage, ob man überhaupt ausläuft oder im Hafen bleibt, kann man ja auf dem Wasser nicht mehr entscheiden, und es gibt Situationen, in denen Seegang, Strömung oder sonst etwas die Rückkehr erschwert oder unmöglich macht. Nicht so auf der Schlei - wer sich genug die Haare zerzaust hat, kann jederzeit umkehren und in der WSG geschützt und einigermaßen stressfrei anlegen.

Auch wenn Einzelne behaupten, die komplette Bahn abgesegelt zu sein, darf als gesichert gelten, dass niemand auch nur die Starttonne erreicht hat. Egal - es gibt keine Schäden, manche genießen eine neue Erfahrung, und für zusätzlichen Gesprächsstoff sorgt das Erlebnis auf jeden Fall. Während die anderen noch ihre Segel packen und die blauen Flecke zählen, taucht zu meiner großen Freude die komplette Familie Lovis auf und hat Kaffee und Kuchen mitgebracht. Nebenbei drapieren Paula, Henri und ich die noch fehlenden Tische auf den Spielplatz. Thomas startet inzwischen den Grill.

Als die Holzkohle weiß glüht, packen die Ersten ihr Grillgut rauf. Es entwickelt sich ein angenehm anarchisches Chaos, in dessen Zentrum alles gewendet wird, was eine Wendung braucht, und jeder zufrieden mit vollem Teller wieder an seinen Tisch zurückkehrt. Corona, Ukraine, Klimaveränderung, jünger werden wir alle auch nicht, und manch einer ist vielleicht aus gesundheitlichen Gründen diesmal nicht mit dabei. Doch die Veranstaltung ist unbeschwert, ein Treffen aus alten Bekannten und neuen Gesichtern in Vorfreude auf die weitere Segelsaison, und ich kann gar nicht deutlich genug schreiben, wie sehr ich das genieße. Ich genieße es so sehr, dass ich zu faul bin, ein einziges Foto zu knipsen. Das ist ein bisschen schade, erzeugt es doch den völlig falschen Eindruck, es habe keine würdigen Motive gegeben.

Als alle satt sind, treibt kurzer Nieselregen die Ersten ins Auto oder unter die Kuchenbude. Die Verbliebenen rücken dichter an den einzigen überdachten Grillplatz. Dort ist Platz für nur zwanzig Leute, und als die zusammensitzen, packt Koko seine Gitarre aus, weil die Stimmung danach verlangt. Zumindest er und Ulf können darauf spielen und haben auch eine Gesangsstimme. Dargeboten wird eine gesunde Mischung aus den üblichen Lagerfeuerschnulzen und selteneren Titeln - auf meinen Wunsch hin spielt Koko sogar ´39 von Queen. Gegen mangelnde Textsicherheit hilft Google.

Morgens um neun oder zehn koordiniere ich den Rücktransport der Tische zu ihren eigentlichen Plätzen. Nebenbei sammele ich den Müll auf: Zwei Schaschlikspieße. Sieben Kronkorken. Ein einziger Raucher hat es für eine schlaue Idee gehalten, die Filter auf den Rasen zu werfen. Doch er hat nicht allzuviel geraucht und verhielt sich den Abend über recht stationär - der Job dauert zwanzig Sekunden, dann ist alles sauber und aufgeräumt. Warum ich es überhaupt erwähne? Weil es bemerkenswert ist, dass man ein Fest mit um die 70 Leuten feiern kann, und das Aufräumen dauert keine fünf Minuten. Ich möchte zu Protokoll geben: Folkebootsegler mögen, jeder auf seine Art, schrullige Individualisten sein - doch im Durchschnitt verfügen sie über erhebliche soziale Kompetenz.

Als die Boote ablegen, werde ich mehrfach angesprochen: „Na - nun sind alle wieder weg, ne?“ Ich sage: „Die haben mich nicht gestört, die hätten gerne noch bleiben dürfen.“


Nächster Folkeboot-Termin: KLINKER-CUP in Faldsled und der Helnæs Bugt, 8.-10. August. Hey, und Paula hat sich als Allererste angemeldet zur anschließenden Svendborg Classic Regatta.