Folkeboote im Winterlager nicolas thon: fotografie -schreiben - segeln
Paula
Salty
Martha
Frieda Oliese



Karten neu gemischt - Winter 2023-24

Die Sturmflut hat unsere Karten für den Winter kräftig neu durchgemischt. Eigentlich hatten wir ja schon genug zu tun. Der höchste Wasserstand seit über hundert Jahren - kaum eine Fernsehreportage beginnt ohne einen Betroffenen, der sagt: "So was habe ich noch nie erlebt." Es hat Spuren hinterlassen: In den Häfen, an den Booten, an der Psyche. Ich beschäftige mich viel damit, mir vorzustellen, was los war in jener Nacht, wie die Boote zu kämpfen hatten, wieviel schlimmer es beinahe ausgegangen wäre - es tut mir nicht gut, ich schlafe schlecht, ich sollte das nachlassen und mich auf die Arbeit konzentrieren.




Natürlich frage ich mich auch: Was erwartet uns in der darauffolgenden Saison? Hierzulande berichtet kaum jemand über Dänemark, das viel schlimmer betroffen ist. Es ist kaum vorstellbar, dass die Schäden in vielen Häfen bis zum Frühjahr komplett repariert sein werden. Und die Seekarten dürften, obwohl neu gedruckt, veraltet sein - bis all die neuen Rinnen und Untiefen der dänischen Südsee vermessen sind, wird eine Weile vergehen. Immerhin gibt es hoffnungsvolle Zeichen aus einigen meiner kleinen, liebevoll auf knappem Budget von den locals betriebenen Lieblingshäfen: Der Gamle Havn war gut geschützt und dürfte es überstanden haben (aber was ist mit dem Wasserstand in der Rinne?). Der Thuro Sejlklub, bei Ost ebenfalls gut geschützt, sieht auf der Webcam beinahe unverändert aus. Doch überall, wo die Brandung draufstand, hat es erheblichen Bruch gegeben.




Winterarbeit früherer Jahre



Paula 

Als erstes machen wir endlich mal das seit Jahren klemmende Schiebluk gängig. Irgendwo muss nichtmal ein Millimeter Holz weg - aha, der Mittelsteg der Führung ist ein bisschen...zu...jaaaa! Viel besser!

Weil das so fluffig ging, baue ich gleich noch die Blende von der Elektrik ab - die soll mal vernünftig lackiert werden. Oha, ein größeres Projekt, bis alle elektrischen Teile vom Holz demontiert sind. Die Lackierung muss dann aber auch gelingen, nochmal baue ich das so bald nicht wieder aus.  Den Ruderkopfbeschlag demontiere ich auch. Der rostet. Genauer gesagt rosten viele der jahrzehnte alten Edelstahlbeschläge. Das ist eigentlich nicht erstaunlich, weil die Bohrungen schlecht entgratet und geputzt sind - nur war das lange kein Problem. Erst seit ein paar Jahren rostet es dort.

Ich habe dazu eine Theorie, derzufolge mit der Zeit das Chrom - oder was sonst dem Stahl zur Rostfreiheit verholfen hat - so weit ausgewaschen ist, dass es jetzt eben doch ein Problem ist. Ich bin kein Chemiker. Trotzdem habe ich eine Methode, die dem Problem anscheinend beikommt. Die Fächerscheibe an der Ständerbohrmaschine hilft, aber speziell im Ruderkopfbeschlag kommt sie nicht überall hin. Dafür gibt es dann dieses magische Spray: Vor Jahren hat es ein Vertreter Niels angeboten, und ich stand zufällig daneben. Hab gleich eine Dose gekauft.




 

Salty
Salty wäre schon gerne mitgekommen auf Sommerreise. Sie fand es sogar ein bisschen traurig, zum zweiten Mal hintereinander ein Schmalspur-Ersatzprogramm abzuspulen, weil die Tour nicht ausgebucht war, während ihre Schwestern nach Karlskrona und sonstwohin durften. Jetzt stand sie schon an Land, als die Sturmflut kam - und findet: Man muss nicht jeden Scheiß mitmachen.

Sie sagt es mir beim Pickern. Wir wollen den Ballast abnehmen, sämtliche Kiel- und sonstige Bolzen erneuern, die Mastspur umbauen und alles drumherum. Also pickere ich als erste Aktion den Zement aus den Taschen - Maurerarbeit am Folkeboot. Nur mit Fäustel und Meißel geht es miserabel, ist mordsanstrengend und dauert mir zu lange. Mit der Bohrmaschine einen Kranz Löcher gebohrt, schon fliegen ohne großen Kraftaufwand große Brocken aus der Mitte, und der Rest lässt sich recht leicht entfernen.

Dann müssen die Muttern ab. Totaler Scheiß. Salty hat vor meiner Zeit schon zwei neue Kielbolzen bekommen. Die sind der Grund, warum ich das Projekt bisher nicht angegangen bin - die haben ja sicher nach zwei Bolzen aufgehört, weil es nicht akut nötig schien. Seitdem sind aber über zehn Jahre vergangen. Die alten Muttern in den Taschen lassen sich gut bewegen. Die Muttern auf den Bodenwrangen rühren sich nicht, die Flex kommt zu Einsatz - tunlichst ohne die Gewinde allzusehr zu beschädigen. Was die schon erneuerten Bolzen betrifft: Da haben die sehr seltsame Vierkantklötze raufgeschraubt. Schlüsselweite 40mm - das passendste Werkzeug, das ich mir basteln kann, ist eine Rohrzange in ein rechteckiges Stahlprofil gestopft. Der hintere neue Bolzen dreht mit, bis die untere Mutter einfach abfällt. Der vordere dreht sich nicht. Die komische Mutter lässt sich in der Tasche zwar leicht bewegen, aber nur, bis die Ecke gegen die Wand der Tasche stößt. Frustrierend. Feierabend.

Am nächsten Tag stelle ich fest: Da fehlt überhaupt nicht viel! Mit Multimaster, Feile, Fäustel und Meißel arbeite ich die Ecken rund, bis sich das Ding einigermaßen ringsum lässt. Mit so einem bewährten Ding wie einer Sechskantmutter wäre das einfacher gegangen, aber vermutlich hatten sie keine passende, weil sie die neuen Bolzen im alten Zollmaß gebaut haben.

Mütterinnen alle weg - nun sollen die Bolzen raus. Mit Hydraulik. Schon die Pallholzsuche nervt. Der vordere Bolzen rührt sich nicht, ich zerstöre nur die Bodenwrange. Der zweite Bolzen ist aus Niro und kommt mühelos. Der dritte Bolzen ist nicht aus Niro und kommt genauso mühelos - Grund zur Skepsis? Immerhin liefert er den kaum benötigten Beweis, dass diese Aktion ansteht und notwendig ist, denn er ist durchkorrodiert. Der vierte Bolzen offenbar nicht, denn er bewegt sich nicht. Frustriert mache ich Feierabend.

Auf den Frust folgen zwei erfolgreiche Tage in der anderen Halle - ich schleife Olis und Saltys demontierte Kleinteile an und beginne eine Reihe kleiner Baustellen. Am Samtag ruft Niels an: Er ist von der Fortbildung zurück, und ob ich Zeit hätte und etwas dagegen, wenn er Salty eine Knagge an den Achtersteven schraubt als Haltepunkt für den hinteren Gurt. Ich brause von Halle zu Halle. Als ich ankomme, habe die Gurte schon Spannung. Zum Feierabend steht der Trailer mit dem Ballast vor der Halle, Salty steht aufgepallt auf dem anderen Trailer an Paulas Seite.  Ein erfolgreicher Tag!

Wir haben es einfach mal probiert: Boot anheben, vorne beginnend Keile zwischen Ballast und Kiel treiben in der Hoffnung, dass die festsitzenden Bolzen das relativ kurze Stück aus dem Ballast flutschen. Das funktioniert nicht durchgehend, aber mit wenigen Tricks - man kann ja mit einem Meißel auch von unten Druck auf einen Bolzen geben - kriegen wir die Teile Stück für Stück auseinander. Zwei der Bolzen haben wir ein ganzes Stück aus dem Holz gezogen und dann durchgesägt. Danach lassen sie sich später mühelos mit der Hydraulikpumpe rausziehen. Als alles auseinander ist, gibt es ein zusätzliches Problem: Die Halltentore gehen nicht auf, sie stoßen gegen Saltys Heck. Niels wollte sie nach außen öffnend, der Tischler hat sie nach innen öffnend eingebaut, was nicht optimal ist, aber dann hat sich Niels überlegt, dass wir sie öffnen müssen, bevor wir Salty anheben, aber das hatte er seitdem vergessen, und die Türen blieben zunächst zu.

Jetzt nützt das nichts: Wir müssen Salty nochmal absetzen, bis die Pratzen des Trailer sie stabilisieren, den hinteren Kielbolzen nochmal in den Ballast einfädeln, die durchgesägten Bolzen mit Pallhölzern vor Konflikten bewahren - und dann schieben wir Trailer, Ballast und Boot so weit vor, dass die Türen aufgehen. Boot hoch, runter, vor, zurück, weiter hoch und wieder ganz runter - Salty gefällt dieses lustige Spiel. Leider ist es nun zu Ende, denn wir heben sie wieder an, schieben Ballast und Trailer unter ihr raus. Es folgen ein leerer Trailer und ein paar Hölzer da, wo vorher der Ballast war. Dann schieben wir Salty raus aus der Halle und durchs andere Tor wieder rein an ihren Platz neben Paula.

Mit Trickserei und zweifachem Kappen sind die vier Bolzenreste aus dem Ballast. Den Rost des "kleinen Kielbolzens" bohre ich aus. Dann kann die gute Tonne Gusseisen zum Sandstrahlen. Zwischendurch beschäftige ich mich tagelang mit den Bolzenresten im Rumpf. Niels sagt: "Die Probleme sind beim jedem Boot anders." Nach meiner Erfahrung sind sie bei jedem Bolzen des gleichen Bootes anders. Einer lässt sich ein Stück hochtreiben und auch ein Stück runter - aber immer, wenn dickeres Metall gegen gesundes Holz stößt, geht es nicht weiter. Da hilft nur: Hochtreiben, oben abflexen, runtertreiben, unten abflexen, endlich geht er raus. Manchmal ist es leichter, die Bodenwrange zu demontieren: Dann steckt der Bolzenrest zwar da noch drin, und ich fürchte weitere Mühsal, doch es hilft, die Bodenwrange einfach fallen zu lassen, so dass der überstehende Bolzenrest auf den Betonboden trifft: Wenn er sich erstmal ein kleines Stück bewegt hat, geht er auch bald komplett raus.

Alles Alteisen entfernt! Eine Bodenwrange und zwei Bodenwrangenunterteile sind wirklich nicht mehr zu retten, das ist wenig. Das bedeutet nicht, dass die anderen Bodenwrangen wie neu sind - aber mit Saubermachen, Trocknen und reichlich Imp werden sie genug Festigkeit zurückerhalten. Sämtliche Bolzen sind gemessen (ein Vormittag Arbeit und viel Gehirnschmalz) und bestellt. Im nächsten Schritt bekommt der Achtersteven einen neuen Spund - er ist unten her reichlich angegniedelt. Das hinterste Stück des Kiels ist schon ein Spund neueren Datums. Den hat mal jemand zwischen Stevenknie / Steven und Ballast eingesetzt, weil der Verfall dort wohl fortgeschritten war (der Rest des Kiels sieht enorm gut aus!). Undankbare Aufgabe - die mussten ja von der Seite her an die Bolzen ran (um den Ballast abzunehmen, fehlte vermutlich das Budget - wo doch so viel dafür spricht, alles auf einmal zu erledigen). Die Aussparungen für die Bolzen wurden dann mit Bitumenspachtel verschlossen. War immerhin wasserdicht. Ich bin trotzdem nicht zufrieden. Ein neuer Spund? Wäre wahrscheinlich einfacher gewesen, als ihn in drei Arbeitsgängen mit frischer Eiche auszuspunden und die alte Kontur zu rekonstruieren.



 







Oliese


Special agent Oliese, unser Joker für jegliche Mission, ist ungewohnt kleinlaut dieser Tage. Wahrscheinlich spürt sie, dass meine Stimmung nicht die beste ist. Und auch ihr hat die nächtliche Kollision mit Frieda ihre Verwundbarkeit bewusst gemacht. Jetzt, wo alle Boote in der Halle stehen, kann ich mich vielleicht endlich mit Werkbank und Gerödel ausbreiten und ihr auf die Pelle rücken: Das Vorluk leckt, die Außenhaut auch - nämlich da, wo diese unsäglichen vernagelten Laschbretter sitzen. Die hinteren Gegenstücke dazu habe ich letzten Winter schon erneuert. Jetzt sind Pantry und Koje demontiert, das Ganze ist also zugänglich.

Wer den Sturmflutschaden beseitigt, entscheidet sich noch zwischen Versicherung, Bootsbauer und mir. Was ist noch? Ach ja, die Macke am Vorsteven, Resultat eines dynamischen Anlegeversuchs. Zwei offene Schäftungen. Und größere Klampen auf dem Achterdeck soll Oli haben statt dieser filigranen Motorbootklampen, die von einer Leine schon voll sind - wir liegen ja auch mal im Päckchen.  Was ich da aus dem Hause Toplicht käuflich erworben habe ist toll, denn die zwei Unterteile sind separat, der Abstand beliebig wählbar - es sind keine neuen Löcher im Deck nötig, ich bohre die vorhandenen nur auf, weil die Bolzen etwas dicker sind.

Das Vorluksüll erweckt zunächst einen mühsamen Eindruck, aber dann ist es plötzlich ganz einfach: Ich demontiere es komplett. Als von unten die Schrauben entfernt sind, lässt es sich mit Holzkeilen und Geduld zerstörungsfrei entfernen (außer den Schrauben verbindet es nur ziemlich alte Gummidichtmasse mit dem Deck), und dann zerfällt es in Innen- und Außenteil. Der Leim hat altersbedingt aufgegeben, kein Wunder, dass Wasser eindrang, aber im Wesentlichen geht es nur noch darum, die Klebeflächen zu säubern, alle Teile neu zu verkleben und frisch zu lackieren, schon kann das Lukensüll wieder an seinen Platz.

Der Spund für den Vorsteven ist auch recht schnell an dem Punkt, an dem Oli wieder sagt: "Hör auf, besser wird es nicht mehr." Ich habe einen Eichenrest gefunden, der für die eine Seite des Spundes schon die perfekte Schmiege hatte. Weil Oli mich rechtzeitig davon abhält, es zu gut machen zu wollen und es komplett zu vermasseln (was leicht passieren kann bei solchen Arbeiten), erreiche ist in einer halben Stunde eine ausreichende Passgenauigkeit für eine Verklebung mit Epoxidharz. Bevor ich das Zeug anrühren kann, kommt der Anruf von Niels, und ich eile zu Salty. Zwei Tage später beim Einkleben wird es doch noch viel besser: Ich gucke nochmal genau hin, steche einen Span weg, schon wackelt da nichts mehr, sondern wir können einkleben.

Auflager für den Salonboden, eine schmale Fichtenleiste: Hier etwas abgeplatzt, dort gerissen, ist ja auch klar, wenn sie nur punktuell aufliegt und an der entscheidenden Stelle Spiel hat. Mit Tape, Pappe und der alten Leiste baue ich schnell eine prima Schablone, dann kommt die neue Stichsäge ins Spiel, und die sägt so genau, dass das neue Teil auf Anhieb wackelfrei passt. Vielleicht noch ein bisschen Schmiege hier und da...







Frieda


Frieda ist dann doch deutlich ramponierter von der Sturmflut, als es auf den ersten Blick aussah. Sie hat sich nicht nur hilfesuchend an Martha geworfen, sondern auch mit dem Heck Oli einen verpasst beim Herumwirbeln, und an beiden Stellen hat es Frieda Planken eingedrückt. Vorne an Bb sind es die oberen zwei, aber StB achtern ist die obere Planke auch gerissen, auf Anhieb kaum zu sehen direkt unterhalb der Scheuerleiste.  Es hätte so unendlich viel schlimmer kommen können - aber auch so erheblich besser. Ich weiß nicht, in welcher Wagschale das Riesenglück ins Spiel kommt, das wir hatten oder nicht hatten. Es war jedenfalls möglich, diese Katastrophe unbeschädigt zu überstehen, aber es war keine Selbstverständlichkeit.

Weil es also doch ausufert, wende ich mich vertrauensvoll an die Versicherung. Zufällig ist unser Hallenbetreiber diesen Winter noch nicht komplett ausgelastet, sondern hat demnächst Zeit für einen Kostenvoranschlag und dann auch für den Reparaturauftrag. Ich müsste ihn nicht bezahlen, wenn es die Versicherung tut - und behielte genügend Zeit für die eigentlich vorgesehenen Dinge.

Frieda ist traumatisiert, doch sie bleibt tapfer, ihrer Retterin Martha für ewig dankbar, sowieso geduldig, und sie weiß kleine Aufmerksamkeiten zu schätzen. Also widme ich mich ihrem Backskistendeckel: Furnieren ist nicht einfach, man kann Fehler machen, und dann wirft man entweder alles in den Müll und wandert aus auf die Bahamas - oder man bessert nach. Ich bessere nach, ein Fall für die Oberfräse. Beim Bündigfräsen, so fluffig, wie das klappt, bekomme ich richtig gute Laune.

Während wir noch darauf warten, dass der erkrankte Bootsbaumeister wieder die Kraft hat, sich den Schaden anzugucken und in Worte und Zahlen zu fassen, gibt es aber auch schlechte Laune. Noch ein Stündchen Zeit bis Feierabend - da könnte ich doch mal eben die Backskisten und das Schiebeluk fürs Lackieren anschleifen... Ich schaffe eine Backskisten und dann ein bisschen, bevor ich sehe, dass die zweite Backskiste auseinanderfliegt. Ich hatte das schonmal neu verleimt, hat nur ein paar Jahre gehalten. Ich finde auch den Grund: Ein Holzkrümel ist in die Leimfuge geraten und hat die Fügefläche erheblich reduziert. Die neue Verleimung verschiebe ich auf den nächsten Tag, an dem eigentlich das Aufarbeiten von Saltys demontierten Bodenwrangen dran ist.

Nach der Backskiste und vor den Bodenwrangen schnappe ich mir das gestern liegengebliebene Schiebeluk. Ist ja nur schnell anschleifen...nein, ist es nicht. Es sieht typisch aus nach Baum draufgekracht. Oder volles Körpergewicht. Auf jeden Fall nach einer Reparatur in mehreren kurzen Arbeitsgängen und danach größerem Lackieraufwand. Danke, wäre nicht nötig gewesen.









Martha


Martha ist unsere Heldin. Sie hat Frieda aufgefangen im Moment höchter Not, hat ihre Scheuerleiste geopfert und Schlimmeres verhindert. Eine bessere, treuere Gefährtin ist unvorstellbar. Gleichwohl möchte auch sie wieder ein paar Dinge gemacht haben. Andere Dinge möchte ich. Natürlich müssen Scheuerleiste und Fußreling neu in dem betroffenen Bereich. Sie möchte: Dass ich mal nach der Umgebung des Vorluks gucke, wo die Formverleimung sich auflöst und Feuchtigkeit eindringt. Und dass der Unterliekstrecker endlich funktionsfähig wird in dem Sinne, dass man ihn auch bei gesetztem Großsegel von komplett lose aus durchsetzen kann - das, so habe ich im Laufe der vergangenen Saison gelernt, ging bisher nicht. 

Ich möchte: Die Ruderbank umbauen. Beweglich aufliegend statt fest verschraubt, mit genug Platz für Schrubber, Bootshaken und Stechpaddel - und freiem Zugang, um die Außenhaut zu lackieren in einem Bereich, wo die verleimte Unterkonstruktion der Ducht das bisher verhindert. Eigentlich ist das keine große Sache, ich muss ja nur nachbauen, was Paula, Frieda und Oli immer schon hatten und inzwischen auch Salty bekommen hat. Aber ich will ihr die praktischen Schwalbennester erhalten. Die erste Hürde lauert im Baumarkt: Ein-Meter-Edelstahlrohre mit 20mm Durchmesser konnte man bisher dort einfach kaufen. Jetzt sind sie nicht mehr im Sortiment.

Gerne hätte ich auch mehr Platz in dem Fach für den Kocher - so viel Platz, dass man ihn aufklappen kann zum Nachfüllen oder zur Einweisung. Ein Traum wäre, die Pinne höher anheben zu können. Dazu fehlt mir bisher die Idee: Soll ich im Koker rumpickern oder die Pinne schwächen? Ach ja die Decksfugen, Dauerthema des Winterarbeitsblogs - diesmal bin ich ehrlich und verkünde, dass wir das vorerst nicht machen! Ich möchte nämlich auch mal Zeit haben für Dinge, an die mich der vorbeirumpelnde Uerdinger Schienenbus der Kappelner Museumsbahn gerade erinnert.

Ich pickere erstmal in der Pantry herum. Aha, m-mh, soso, hier sitzt also eine sinnlose rostige Schraube, die mein gutes Stecheisen ruiniert. Und ach so, wenn ich das hier wegsteche, entsteht ein Loch, da kommt also später etwas vor, aber nehmen wir doch mal den Kocher und stellen ihn rein und probieren es aus, und aha, ach ja, wenn ich es ernst meine, muss das hier auch noch weg, aber dann geht es: Dann kann man ihn frei bewegen und aufklappen, reinigen und nachfüllen, und alles ist so toll, wie es immer schon hätte sein können, wenn sich damals jemand mehr Mühe gegeben oder ich bisher schon die Zeit dazu gefunden hätte. Aber das ist jetzt nicht so wichtig: Der Anfang ist gemacht, die Späne liegen herum, es gibt also kein Zurück mehr, aber nun ist Saltys Ballast dringender.

Gerade beim Innenausbau kann man sich wunderbar verzetteln, ergebnislose Stunden verbringen oder in unwesentliche Details abdriften. So viel Vorhandenes wie möglich erhalten zu wollen, führt zu planlosem Vorgehen, mühsamem Gestocher und schlechten Kompromissen. Die Arbeit ist mühsam, denn der Weg zur Werkbank ist weit. Ich finde aber, was Martha und ich zaubern, ist eine deutliche Verbesserung der Benutzbarkeit und der Optik. Ich finde es auch wichtig, dass eine Pantry (wie auch eine Backskiste) mit dem Lösen weniger Schrauben demontierbar ist - zum Saubermachen oder für Reparaturen. Da sind wir auf einem guten Weg - kein 1000-Teile-Puzzle und auch kein komplett verleimter Schrank, der nicht durch den Niedergang passt. Es ist ganz praktisch, das fast immer, wenn ich ein Stück Holz brauche, ein passendes Stück schon in der Restekiste liegt.

Das Vorluksüll ist einigermaßen unkompliziert. Es wäre ein Fall für die kleine Oberfräse von Makita - aber das ist echt nicht meine Maschine. Nach dem Erstgebrauch bekam ich den Fräser nur mit der Gripzange aus dem Futter (und konnte ihn wegwerfen). Inzwischen kenne ich den Grund, einen kleinen Grat an der Klemmhülse, der den Fräser nicht mehr freigab. Nach stundenlangem Bau von Anschlägen und Hilfskonstruktionen löst sich jetzt das - fest angeknallte - Futter während des Fräsens, der Fräser rutscht langsam runter, die Nut wird tiefer und tiefer. Ich nehme lieber den guten, alten Simshobel. Hätte ich gleich machen sollen - nach zehn Minuten bin ich fertig. Was ist jetzt noch? Ach ja, die Duchtauflage. 20mm-Edelstahlrohre gab es letztes Jahr noch im Baumarkt zu kaufen, jetzt muss ich sie im Internet bestellen. Nun liegen sie an Deck und warten darauf, dass ich Zeit für sie habe.

Als ich die Zeit mir nehme, wird es eine hübsche Bastelarbeit. Die alte Auflage muss aus mehreren Gründen raus: Weil ich es unpraktisch finde, weil ich so die Planken nicht lackieren kann - aber auch, weil vor lauter rostenden Schrauben der Kram sowieso bald auseinanderfiele. Das alte Auflager fällt wie die Halbschotten unter dem Hauptdecksbalken roher Gewalt (Multimaster / Hammer) zum Opfer. Es lässt sich aber noch gut als erstes Modell verwenden für das neue Auflager - ich brauche ja irgendeinen Bezugspunkt.

Angenehm schnell bringt mich das noch am gleichen Tag zu einem zweiten Modell aus 5mm Sperrholz. Am nächsten Tag ist das neue Auflager fertig, und ich kann mich dem Rest widmen: Erstens soll Martha ja die Schwalbennester behalten, auch wenn sie eine Spur kleiner werden. Zweitens ist die alte Ruderbank jetzt erheblich zu kurz. Ich will aber keine komplett neue bauen - das Ziel kann ja nicht sein, reichlich gutes Holz unbrauchbar zu machen. Sie bekommt eine ausreichend breite Unterlage aus Fichte und Füllstücke an den Seiten. Für die Füllstücke lassen sich gut die Reste der alten Auflage verwenden.

Das Ergebnis wird aus meiner Sicht auf jeden Fall praktischer sein als bisher. Stabil genug auch auf Dauer sowie optisch ansprechend wäre auch erstrebenswert. Wenn es weiterhin zügig geht und Spaß macht, bin ich mit dieser Baustelle sehr zufrieden.