Die Sturmflut hat unsere Karten für den Winter
kräftig neu durchgemischt. Eigentlich hatten wir ja schon
genug zu tun. Der höchste Wasserstand seit über
hundert Jahren - kaum eine Fernsehreportage beginnt ohne einen
Betroffenen, der sagt: "So was habe ich noch nie erlebt." Es hat Spuren
hinterlassen: In den Häfen, an den Booten, an der Psyche. Ich
beschäftige mich viel damit, mir vorzustellen, was los war in
jener Nacht, wie die Boote zu kämpfen hatten, wieviel
schlimmer es beinahe ausgegangen wäre - es tut mir nicht gut,
ich schlafe schlecht, ich sollte das nachlassen und mich auf die Arbeit
konzentrieren.
Natürlich
frage ich mich auch: Was erwartet uns in der darauffolgenden Saison?
Hierzulande berichtet kaum jemand über Dänemark, das viel
schlimmer betroffen ist. Es ist kaum vorstellbar, dass die Schäden
in vielen Häfen bis zum Frühjahr komplett repariert sein
werden. Und die Seekarten dürften, obwohl neu gedruckt, veraltet
sein - bis all die neuen Rinnen und Untiefen der dänischen
Südsee vermessen sind, wird eine Weile vergehen. Immerhin gibt es
hoffnungsvolle Zeichen aus einigen meiner kleinen, liebevoll auf
knappem Budget von den locals betriebenen Lieblingshäfen: Der
Gamle Havn war gut geschützt und dürfte es überstanden
haben (aber was ist mit dem Wasserstand in der Rinne?). Der Thuro
Sejlklub, bei Ost ebenfalls gut geschützt, sieht auf der Webcam
beinahe unverändert aus. Doch überall, wo die Brandung
draufstand, hat es erheblichen Bruch gegeben.
Als
erstes machen wir endlich mal das seit Jahren klemmende Schiebluk
gängig. Irgendwo muss nichtmal ein Millimeter Holz weg - aha, der
Mittelsteg der Führung ist ein bisschen...zu...jaaaa! Viel besser!
Weil das so fluffig ging, baue ich gleich noch die Blende von der
Elektrik ab - die soll mal vernünftig lackiert werden. Oha, ein
größeres Projekt, bis alle elektrischen Teile vom Holz
demontiert sind. Die Lackierung muss dann aber auch gelingen, nochmal
baue ich das so bald nicht wieder aus. Den Ruderkopfbeschlag
demontiere ich auch. Der rostet. Genauer gesagt rosten viele der
jahrzehnte alten Edelstahlbeschläge. Das ist eigentlich nicht
erstaunlich, weil die Bohrungen schlecht entgratet und geputzt sind -
nur war das lange kein Problem. Erst seit ein paar Jahren rostet es
dort.
Ich
habe dazu eine Theorie, derzufolge mit der Zeit das Chrom - oder was
sonst dem Stahl zur Rostfreiheit verholfen hat - so weit ausgewaschen
ist, dass es jetzt eben doch ein Problem ist. Ich bin kein
Chemiker. Trotzdem habe ich eine Methode, die dem Problem anscheinend
beikommt. Die Fächerscheibe an der Ständerbohrmaschine hilft,
aber speziell im Ruderkopfbeschlag kommt sie nicht überall
hin. Dafür gibt es dann dieses magische Spray: Vor Jahren hat es
ein Vertreter Niels angeboten, und ich stand zufällig daneben. Hab
gleich eine Dose gekauft.
Salty
Salty wäre schon gerne mitgekommen auf Sommerreise. Sie fand
es
sogar ein bisschen traurig, zum zweiten Mal hintereinander ein
Schmalspur-Ersatzprogramm abzuspulen, weil die Tour nicht ausgebucht
war, während ihre Schwestern nach Karlskrona und sonstwohin
durften. Jetzt stand sie schon an Land, als die Sturmflut kam - und
findet: Man muss nicht jeden Scheiß mitmachen.
Sie sagt es mir beim Pickern. Wir wollen den Ballast abnehmen,
sämtliche Kiel- und sonstige Bolzen erneuern, die Mastspur umbauen
und alles drumherum. Also
pickere ich als erste Aktion den Zement aus den Taschen - Maurerarbeit
am Folkeboot. Nur mit Fäustel und Meißel geht es
miserabel, ist mordsanstrengend und dauert mir zu
lange. Mit der Bohrmaschine einen Kranz Löcher gebohrt, schon
fliegen ohne großen Kraftaufwand große Brocken aus der
Mitte, und der Rest lässt sich recht leicht entfernen.
Dann
müssen die Muttern ab. Totaler Scheiß. Salty hat vor meiner
Zeit schon zwei neue Kielbolzen bekommen. Die sind der Grund, warum ich
das Projekt bisher nicht angegangen bin - die haben ja sicher nach zwei
Bolzen aufgehört, weil es nicht akut nötig schien. Seitdem
sind aber über zehn Jahre vergangen. Die alten Muttern in den
Taschen lassen sich gut bewegen. Die Muttern auf den Bodenwrangen
rühren sich nicht, die Flex kommt zu Einsatz - tunlichst ohne die
Gewinde allzusehr zu beschädigen. Was die schon erneuerten Bolzen
betrifft: Da haben die sehr seltsame Vierkantklötze
raufgeschraubt. Schlüsselweite 40mm - das passendste Werkzeug, das
ich mir basteln kann, ist eine Rohrzange in ein rechteckiges
Stahlprofil gestopft. Der hintere neue Bolzen dreht mit, bis die untere
Mutter einfach abfällt. Der vordere dreht sich nicht. Die komische
Mutter lässt sich in der Tasche zwar leicht bewegen, aber nur, bis
die Ecke gegen die Wand der Tasche stößt. Frustrierend.
Feierabend.
Am nächsten Tag stelle ich fest: Da fehlt überhaupt nicht
viel! Mit Multimaster, Feile, Fäustel und Meißel arbeite ich
die Ecken rund, bis sich das Ding einigermaßen ringsum lässt. Mit so einem bewährten Ding wie einer
Sechskantmutter wäre das einfacher gegangen, aber vermutlich
hatten sie keine passende, weil sie die neuen Bolzen im alten
Zollmaß gebaut haben.
Mütterinnen
alle weg - nun sollen die Bolzen raus. Mit Hydraulik. Schon die
Pallholzsuche nervt. Der vordere Bolzen rührt sich nicht, ich
zerstöre nur die Bodenwrange. Der zweite Bolzen ist aus Niro und
kommt mühelos. Der dritte Bolzen ist nicht
aus Niro und kommt genauso mühelos - Grund zur Skepsis? Immerhin
liefert er den kaum benötigten Beweis, dass diese Aktion ansteht
und notwendig ist, denn er ist durchkorrodiert. Der vierte Bolzen
offenbar nicht, denn er bewegt sich nicht. Frustriert mache ich
Feierabend.
Auf den Frust folgen zwei erfolgreiche Tage in der anderen Halle - ich
schleife Olis und Saltys demontierte Kleinteile an und beginne eine
Reihe kleiner Baustellen. Am Samtag ruft Niels an: Er ist von der
Fortbildung zurück, und ob ich Zeit hätte und etwas dagegen,
wenn er Salty eine Knagge an den Achtersteven schraubt als Haltepunkt
für den hinteren Gurt. Ich brause von Halle zu Halle. Als ich
ankomme, habe die Gurte schon Spannung. Zum Feierabend steht der
Trailer mit dem Ballast vor der Halle, Salty steht aufgepallt auf dem
anderen Trailer an Paulas Seite. Ein erfolgreicher Tag!
Wir haben es einfach mal probiert: Boot anheben, vorne beginnend Keile
zwischen Ballast und Kiel treiben in der Hoffnung, dass die
festsitzenden Bolzen das relativ kurze Stück aus dem Ballast
flutschen. Das funktioniert nicht durchgehend, aber mit wenigen Tricks
- man kann ja mit einem Meißel auch von unten Druck auf einen
Bolzen geben - kriegen wir die Teile Stück für Stück
auseinander. Zwei der Bolzen haben wir ein ganzes Stück aus dem
Holz gezogen und dann durchgesägt. Danach lassen sie sich
später mühelos mit der Hydraulikpumpe rausziehen. Als alles
auseinander ist, gibt es ein zusätzliches Problem: Die Halltentore
gehen nicht auf, sie stoßen gegen Saltys Heck. Niels wollte sie
nach außen öffnend, der Tischler hat sie nach innen
öffnend eingebaut, was nicht optimal ist, aber dann hat sich Niels
überlegt, dass wir sie öffnen müssen, bevor wir Salty
anheben, aber das hatte er seitdem vergessen, und die Türen
blieben zunächst zu.
Jetzt nützt das nichts: Wir müssen Salty nochmal absetzen,
bis die Pratzen des Trailer sie stabilisieren, den hinteren Kielbolzen
nochmal in den Ballast einfädeln, die durchgesägten Bolzen
mit Pallhölzern vor Konflikten bewahren - und dann schieben wir
Trailer, Ballast und Boot so weit vor, dass die Türen aufgehen.
Boot hoch, runter, vor, zurück, weiter hoch und wieder ganz runter
- Salty gefällt dieses lustige Spiel. Leider ist es nun zu Ende,
denn wir heben sie wieder an, schieben Ballast und Trailer unter ihr
raus. Es folgen ein leerer Trailer und ein paar Hölzer da, wo
vorher der Ballast war. Dann schieben wir Salty raus aus der Halle
und durchs andere Tor wieder rein an ihren Platz neben Paula.
Mit
Trickserei und zweifachem Kappen sind die vier Bolzenreste aus dem
Ballast. Den Rost des "kleinen
Kielbolzens" bohre ich aus. Dann kann die gute Tonne Gusseisen zum
Sandstrahlen. Zwischendurch beschäftige ich mich tagelang mit den
Bolzenresten im Rumpf. Niels sagt: "Die Probleme sind beim jedem Boot
anders." Nach meiner Erfahrung sind sie bei jedem Bolzen des gleichen
Bootes anders. Einer lässt sich ein Stück hochtreiben und
auch ein Stück runter - aber immer, wenn dickeres Metall gegen
gesundes Holz stößt, geht es nicht weiter. Da hilft nur:
Hochtreiben, oben abflexen, runtertreiben, unten abflexen, endlich geht
er raus. Manchmal ist es leichter, die Bodenwrange zu demontieren: Dann
steckt der Bolzenrest zwar da noch drin, und ich fürchte weitere
Mühsal, doch es hilft, die Bodenwrange einfach fallen zu lassen,
so dass der überstehende Bolzenrest auf den Betonboden trifft:
Wenn er sich erstmal ein kleines Stück bewegt hat, geht er auch
bald komplett raus.
Alles Alteisen entfernt! Eine Bodenwrange und zwei
Bodenwrangenunterteile sind wirklich nicht mehr zu retten, das ist
wenig. Das bedeutet nicht, dass die anderen Bodenwrangen wie neu sind -
aber mit Saubermachen, Trocknen und reichlich Imp werden sie genug
Festigkeit zurückerhalten. Sämtliche Bolzen sind gemessen
(ein Vormittag Arbeit und viel Gehirnschmalz) und bestellt. Im
nächsten Schritt bekommt der Achtersteven einen neuen Spund - er
ist unten her reichlich angegniedelt. Das hinterste Stück des
Kiels ist schon ein Spund neueren Datums. Den hat mal jemand zwischen
Stevenknie / Steven und Ballast eingesetzt, weil der Verfall dort wohl
fortgeschritten war (der Rest des Kiels sieht enorm gut aus!).
Undankbare Aufgabe - die mussten ja von der Seite her an die Bolzen ran
(um den Ballast abzunehmen, fehlte vermutlich das Budget - wo doch so
viel dafür spricht, alles auf einmal zu erledigen). Die
Aussparungen für die Bolzen wurden dann mit Bitumenspachtel
verschlossen. War immerhin wasserdicht. Ich bin trotzdem nicht
zufrieden. Ein neuer Spund? Wäre wahrscheinlich einfacher gewesen,
als ihn in drei Arbeitsgängen mit frischer Eiche auszuspunden und
die alte Kontur zu rekonstruieren.
Oliese
Special agent
Oliese, unser Joker für jegliche Mission, ist ungewohnt kleinlaut
dieser Tage. Wahrscheinlich spürt sie, dass meine Stimmung nicht
die beste ist. Und auch ihr hat die nächtliche Kollision mit
Frieda ihre Verwundbarkeit bewusst gemacht. Jetzt, wo alle Boote in der
Halle stehen, kann ich mich vielleicht endlich mit Werkbank und
Gerödel ausbreiten und ihr auf die Pelle rücken: Das Vorluk
leckt, die Außenhaut auch - nämlich da, wo diese
unsäglichen vernagelten Laschbretter sitzen. Die hinteren
Gegenstücke dazu habe ich letzten Winter schon erneuert. Jetzt
sind Pantry und Koje demontiert, das Ganze ist also zugänglich.
Wer
den Sturmflutschaden beseitigt, entscheidet sich noch zwischen
Versicherung, Bootsbauer und mir. Was ist noch? Ach ja, die Macke am
Vorsteven, Resultat eines dynamischen Anlegeversuchs. Zwei offene
Schäftungen. Und größere Klampen auf dem Achterdeck
soll Oli haben statt dieser filigranen Motorbootklampen, die von einer
Leine schon voll sind - wir liegen ja auch mal im Päckchen.
Was ich da aus dem Hause Toplicht käuflich erworben habe ist toll,
denn die zwei Unterteile sind separat, der Abstand beliebig
wählbar - es sind keine neuen Löcher im Deck nötig, ich
bohre die vorhandenen nur auf, weil die Bolzen etwas dicker sind.
Das Vorluksüll erweckt zunächst einen mühsamen Eindruck,
aber dann ist es plötzlich ganz einfach: Ich demontiere es
komplett. Als von unten die Schrauben entfernt sind, lässt es sich
mit Holzkeilen und Geduld zerstörungsfrei entfernen (außer
den Schrauben verbindet es nur ziemlich alte Gummidichtmasse mit dem
Deck), und dann zerfällt es in Innen- und Außenteil. Der
Leim hat altersbedingt aufgegeben, kein Wunder, dass Wasser eindrang,
aber im Wesentlichen geht es nur noch darum, die Klebeflächen zu
säubern, alle Teile neu zu verkleben und frisch zu lackieren,
schon kann das Lukensüll wieder an seinen Platz.
Der
Spund für den Vorsteven ist auch recht schnell an dem Punkt,
an dem Oli wieder sagt: "Hör auf, besser wird es nicht mehr." Ich
habe einen Eichenrest gefunden, der für die eine Seite des Spundes
schon die perfekte Schmiege hatte. Weil Oli mich rechtzeitig davon
abhält, es zu gut machen zu wollen und es komplett zu vermasseln
(was leicht passieren kann bei solchen Arbeiten), erreiche ist in einer
halben Stunde eine ausreichende Passgenauigkeit für eine
Verklebung mit Epoxidharz. Bevor ich das Zeug anrühren kann, kommt
der Anruf von Niels, und ich eile zu Salty. Zwei Tage später beim
Einkleben wird es doch noch viel besser: Ich gucke nochmal genau hin,
steche einen Span weg, schon wackelt da nichts mehr, sondern wir
können einkleben.
Auflager für den Salonboden, eine schmale Fichtenleiste: Hier
etwas abgeplatzt, dort gerissen, ist ja auch klar, wenn sie nur
punktuell aufliegt und an der entscheidenden Stelle Spiel hat. Mit
Tape, Pappe und der alten Leiste baue ich schnell eine prima Schablone,
dann kommt die neue Stichsäge ins Spiel, und die sägt so
genau, dass das neue Teil auf Anhieb wackelfrei passt. Vielleicht noch
ein bisschen Schmiege hier und da...
Frieda
Frieda ist dann doch deutlich ramponierter von der Sturmflut, als es
auf den ersten Blick aussah. Sie hat sich nicht nur hilfesuchend an
Martha geworfen, sondern auch mit dem Heck Oli einen verpasst beim
Herumwirbeln, und an beiden Stellen hat es Frieda Planken
eingedrückt. Vorne an Bb sind es die oberen zwei, aber StB achtern
ist die obere Planke auch gerissen, auf Anhieb kaum zu sehen direkt
unterhalb der Scheuerleiste. Es hätte so unendlich viel
schlimmer kommen können - aber auch so erheblich besser. Ich
weiß nicht, in welcher Wagschale das Riesenglück ins Spiel
kommt, das wir hatten oder nicht hatten. Es war jedenfalls
möglich, diese Katastrophe unbeschädigt zu überstehen,
aber es war keine Selbstverständlichkeit.
Weil es also doch ausufert, wende ich mich vertrauensvoll an die
Versicherung. Zufällig ist unser Hallenbetreiber diesen Winter
noch nicht komplett ausgelastet, sondern hat demnächst Zeit für einen
Kostenvoranschlag und dann auch für den Reparaturauftrag. Ich
müsste ihn nicht bezahlen, wenn es die Versicherung tut - und
behielte genügend Zeit für die eigentlich vorgesehenen Dinge.
Frieda
ist traumatisiert, doch sie bleibt tapfer, ihrer Retterin Martha
für ewig dankbar, sowieso geduldig, und sie weiß kleine
Aufmerksamkeiten zu schätzen. Also widme ich mich ihrem
Backskistendeckel: Furnieren ist nicht einfach, man kann Fehler machen,
und dann wirft man entweder alles in den Müll und wandert aus auf
die Bahamas - oder man bessert nach. Ich bessere nach, ein Fall
für die Oberfräse. Beim Bündigfräsen, so fluffig,
wie das klappt, bekomme ich richtig gute Laune.
Während wir noch darauf warten, dass der erkrankte Bootsbaumeister wieder die Kraft hat,
sich den Schaden anzugucken und in Worte und Zahlen zu fassen,
gibt es aber auch schlechte Laune. Noch ein Stündchen Zeit bis
Feierabend - da könnte ich doch mal eben die Backskisten und das
Schiebeluk fürs Lackieren anschleifen... Ich schaffe eine
Backskisten und dann ein bisschen, bevor ich sehe, dass die zweite
Backskiste auseinanderfliegt. Ich hatte das schonmal neu verleimt, hat
nur ein paar Jahre gehalten. Ich finde auch den Grund: Ein
Holzkrümel ist in die Leimfuge geraten und hat die
Fügefläche erheblich reduziert. Die neue Verleimung
verschiebe ich auf den nächsten Tag, an dem eigentlich das
Aufarbeiten von Saltys demontierten Bodenwrangen dran ist.
Nach der Backskiste und vor den Bodenwrangen schnappe ich mir das
gestern liegengebliebene Schiebeluk. Ist ja nur schnell
anschleifen...nein, ist es nicht. Es sieht typisch aus nach Baum
draufgekracht. Oder volles Körpergewicht. Auf jeden Fall nach
einer Reparatur in mehreren kurzen Arbeitsgängen und danach
größerem Lackieraufwand. Danke, wäre nicht nötig
gewesen.
Martha
Martha
ist unsere Heldin. Sie hat Frieda aufgefangen im Moment höchter
Not, hat ihre Scheuerleiste geopfert und Schlimmeres verhindert. Eine
bessere, treuere Gefährtin ist unvorstellbar. Gleichwohl
möchte auch sie wieder ein paar Dinge gemacht haben. Andere Dinge
möchte ich. Natürlich müssen Scheuerleiste und
Fußreling neu in dem betroffenen Bereich. Sie möchte: Dass
ich mal nach der Umgebung des Vorluks gucke, wo die Formverleimung sich
auflöst und Feuchtigkeit eindringt. Und dass der Unterliekstrecker
endlich funktionsfähig wird in dem Sinne, dass man ihn auch bei
gesetztem Großsegel von komplett lose aus durchsetzen kann - das,
so habe ich im Laufe der vergangenen Saison gelernt, ging bisher
nicht.
Ich
möchte: Die Ruderbank umbauen. Beweglich aufliegend statt fest
verschraubt, mit genug Platz für Schrubber, Bootshaken und
Stechpaddel - und freiem Zugang, um die Außenhaut zu lackieren in
einem Bereich, wo die verleimte Unterkonstruktion der Ducht das bisher
verhindert. Eigentlich ist das keine große Sache, ich muss ja nur
nachbauen, was Paula, Frieda und Oli immer schon hatten und inzwischen
auch Salty bekommen hat. Aber ich will ihr die praktischen
Schwalbennester erhalten. Die erste Hürde lauert im Baumarkt:
Ein-Meter-Edelstahlrohre mit 20mm Durchmesser konnte man bisher dort
einfach kaufen. Jetzt sind sie nicht mehr im Sortiment.
Gerne
hätte ich auch mehr Platz in dem Fach für den Kocher - so
viel Platz, dass man ihn aufklappen kann zum Nachfüllen oder zur
Einweisung. Ein Traum wäre, die Pinne höher anheben zu
können. Dazu fehlt mir bisher die Idee: Soll ich im Koker
rumpickern oder die Pinne schwächen? Ach ja die Decksfugen,
Dauerthema des Winterarbeitsblogs - diesmal bin ich ehrlich und
verkünde, dass wir das vorerst nicht machen! Ich möchte
nämlich auch mal Zeit haben für Dinge, an die mich der
vorbeirumpelnde Uerdinger Schienenbus der Kappelner Museumsbahn gerade
erinnert.
Ich pickere erstmal in der Pantry herum. Aha, m-mh, soso, hier sitzt
also eine sinnlose rostige Schraube, die mein gutes Stecheisen
ruiniert. Und ach so, wenn ich das hier wegsteche, entsteht ein Loch,
da kommt also später etwas vor, aber nehmen wir doch mal den
Kocher und stellen ihn rein und probieren es aus, und aha, ach ja, wenn
ich es ernst meine, muss das hier auch noch weg, aber dann geht es:
Dann kann man ihn frei bewegen und aufklappen, reinigen und
nachfüllen, und alles ist so toll, wie es immer schon hätte
sein können, wenn sich damals jemand mehr Mühe gegeben oder
ich bisher schon die Zeit dazu gefunden hätte. Aber das ist jetzt
nicht so wichtig: Der Anfang ist gemacht, die Späne liegen herum,
es gibt also kein Zurück mehr, aber nun ist Saltys Ballast
dringender.
Gerade beim Innenausbau kann man sich wunderbar verzetteln,
ergebnislose Stunden verbringen oder in unwesentliche Details
abdriften. So viel Vorhandenes wie möglich erhalten zu wollen,
führt zu planlosem Vorgehen, mühsamem Gestocher und
schlechten Kompromissen. Die Arbeit ist mühsam, denn der Weg zur
Werkbank ist weit. Ich finde aber, was Martha und ich zaubern, ist eine
deutliche Verbesserung der Benutzbarkeit und
der Optik. Ich finde es auch wichtig, dass eine Pantry (wie auch eine
Backskiste) mit dem Lösen weniger Schrauben demontierbar ist - zum
Saubermachen oder für Reparaturen. Da sind wir auf einem guten Weg
- kein 1000-Teile-Puzzle und auch kein komplett verleimter Schrank, der
nicht durch den Niedergang passt. Es ist ganz praktisch, das fast
immer, wenn ich ein Stück Holz brauche, ein passendes Stück
schon in der Restekiste liegt.
Das Vorluksüll ist einigermaßen unkompliziert. Es wäre
ein Fall für die kleine Oberfräse von Makita - aber das ist
echt nicht meine Maschine. Nach dem Erstgebrauch bekam ich den
Fräser nur mit der Gripzange aus dem Futter (und konnte ihn
wegwerfen). Inzwischen kenne ich den Grund, einen kleinen Grat an der
Klemmhülse, der den Fräser nicht mehr freigab. Nach
stundenlangem Bau von Anschlägen und
Hilfskonstruktionen löst sich jetzt das - fest angeknallte -
Futter während des Fräsens, der Fräser rutscht langsam
runter, die Nut wird tiefer und tiefer. Ich nehme lieber den guten,
alten Simshobel. Hätte ich gleich machen sollen - nach zehn
Minuten bin ich fertig. Was ist jetzt noch? Ach ja, die Duchtauflage.
20mm-Edelstahlrohre gab es letztes Jahr noch im Baumarkt zu kaufen,
jetzt muss ich sie im Internet bestellen. Nun liegen sie an Deck und
warten darauf, dass ich Zeit für sie habe.
Als ich die Zeit mir nehme,
wird es eine hübsche Bastelarbeit. Die alte Auflage muss aus
mehreren Gründen raus: Weil ich es unpraktisch finde, weil ich so
die Planken nicht lackieren kann - aber auch, weil vor lauter rostenden
Schrauben der Kram sowieso bald auseinanderfiele. Das alte Auflager
fällt wie die Halbschotten unter dem Hauptdecksbalken roher
Gewalt (Multimaster / Hammer) zum Opfer. Es lässt sich aber noch
gut als erstes Modell verwenden für das neue Auflager - ich
brauche ja irgendeinen Bezugspunkt.
Angenehm
schnell bringt mich das noch am gleichen Tag zu einem zweiten Modell
aus 5mm Sperrholz. Am nächsten Tag ist das neue Auflager fertig,
und ich kann mich dem Rest widmen: Erstens soll Martha ja die
Schwalbennester behalten, auch wenn sie eine Spur kleiner werden.
Zweitens ist die alte Ruderbank jetzt erheblich zu kurz. Ich will aber
keine komplett neue bauen - das Ziel kann ja nicht sein, reichlich
gutes Holz unbrauchbar zu machen. Sie bekommt eine ausreichend breite
Unterlage aus Fichte und Füllstücke an den Seiten. Für
die Füllstücke lassen sich gut die Reste der alten Auflage
verwenden.
Das
Ergebnis wird aus meiner Sicht auf jeden Fall praktischer sein als
bisher. Stabil genug auch auf Dauer sowie optisch ansprechend wäre
auch erstrebenswert. Wenn es weiterhin zügig geht und Spaß
macht, bin ich mit dieser Baustelle sehr zufrieden.