| Folkeboote im Winterlager | |
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Das
Kranen war anstrengend - immer
hakte etwas: Einen Tag kamen die Boote wie die Armada, lauerten wie die
Geier darauf, an der Reihe zu sein, so dass wir ohne eigenes
Drängeln bis zum Abend hätten warten können.
Mal platzte der Schlauch des Hochdruckstrahlers, mal blieb der Kran
stehen, als Jane gerade auf dem höchsten Punkt hin. Und so
weiter. Aber schließlich war es geschafft, alle unter Dach,
und noch bevor alle ihre endgültigen Plätze erreicht
hatten, waren auch schon die ersten Teile ausgebaut. Gelebtes Chaos!
Nun verengte sich meine Weltsicht wieder auf die schmale Perspektive
des
Dickenhobels. Der ist eine ziemlich gefährliche
Höllenmaschine, aber zuverlässig,
unermüdlich und effektiv. Mein Gefühl geht oft an
einem Tag in Richtung "Oh Mann, wie soll ich das bloß alles
schaffen?", am nächsten frage ich mich, womit ich mir nach
Weihnachten zu Zeit vertreiben könnte. Aber ich mag diesen
extremen Wechsel zwischen Segelsaison und Trockensaison, zwischen
Segeln (lassen) und Bootspflege. Es wird nicht langweilig und nicht zu
einseitig.
Winterarbeit früherer Jahre
Eine
etwas größere Sache gibt
es aber doch noch. Vor
vier
Jahren hatte ich an der Backbordseite die alte Scheuerleiste und
Fußreling recycelt und wieder angebaut - ein Experiment, von
dem
man jedem nur abraten kann: Zu viele Löcher, Risse und zu
stumpfe
Schäftungen. Das wird jetzt korrigiert mit frischem
Holz.
Was als ärgerlicher Mehraufwand begann - "hätte ich
bloß gleich ordentlich..." - erwies sich beim
Abreißen der
alten Leisten als hilfreich. Da sind nämlich zwei Stellen
aufgetaucht, wo der Decksbelag sich gelöst hat von dem nassen,
morschen Sperrholz darunter. Das wird also in bewährter Weise
ausgebessert.
Wo
ich schon dabei bin, Dinge ordentlich zu machen, an
denen ich vor Jahren mangels Erfahrung recht dilletantisch
herumoperiert habe, widme ich mich auch gleich noch den Fenstern und
den Backskisten. Es ist übrigens erstaunlich, wie trostlos und
nach Großbaustelle ein Boot sofort aussieht, wenn man daran
herumbastelt. Im Grunde ist ja gar nicht viel los, aber als da auch
noch die Brocken vom Kajütdach und die Späne
der
Oberfräse herumlagen, sprach der neue Hallennachbar gleich von
"Refit-Projekt".
Nun
aber vom Exkurs zurück zu Paula: Der
Mast war als Erstes an der Reihe - in dieses neue Stück
Göhl
wird sich das Vorliek wieder mit Freude einfädeln lassen
anstatt
mit Mühe.
Wie
ich schon dabei war, habe ich alle Beschläge abgenommen, um
sie
neu - und diesmal vernünftig, d.h. mit angesenkten
Löchern
und ausreichend Gummi - einzudichten. Und da zeigte sich, dass der
Jumpbock nach unten gerutscht war. Ein typisches Phänomen: Die
beiden Bolzen arbeiten sich Spiel in das Loch, in dem sie stecken,
verbiegen dabei und ziehen die restlichen Schräubchen mit.
Abhilfe
schaffen zwei Hülsen, die künftig die Bolzen
aufnehmen. Es
ist ein Experiment: Man sagte mir, zwei Millimeter Wandstärke
müssten sein, aber die Auswahl bestand zwischen einem und
sieben
Millimetern. Letzteres schied aus - ich werde in das schlanke
Mästchen wohl kaum zwei fünfzehner Löcher
jubeln, noch
dazu an neuralgischer Stelle. Also gilt es jetzt abzuwarten, wie sich
das dünnwandige Niro bewährt. Mit ein bisschen Bohren
war es
natürlich nicht getan, weil: Einfach ist nie. Der Mast wollte
auch
gleich noch einen Spund an der Stelle, weil das Holz an der einen Seite
bei Bohren tüchtig ausfranste. Genau genommen könnte
ich den
ganzen Winter mit dem Ausbessern von ein oder zwei Masten verbringen,
danach wären sie perfekt, aber mir sitzen ja schon diverse
Leute
im Nacken, die nicht unendlich lange um meine zwanzig Meter lange
Extrabaustelle drumherum arbeiten möchten. Pünktlich
zum
Lackieren ist es nasskalt geworden, das beschleunigt die Malerei nicht
gerade: Zwei Schichten sind drauf und wirklich hübsch geworden
(wobei das rohe Holz den Lack erstmal tüchtig weggeschlabbert
hat,
aber es ist ja gut, wenn er einzieht), nun ist ein Tag Pause ratsam.
Zumindest sind die neuen Hülsen superpraktisch, wenn es darum
geht, den Mast zum Malen auzuhängen.
Zwei
weitere Tage Arbeit galten dem Schiebeluk. Die beschäftigen
mich
dieses Jahr bei allen Booten außer Salty - und Paulas hatte
ja
vor nicht allzu langer Zeit eine neue Oberfläche aus
Mahagoni-Furnier bekommen. Fazit: Geht nicht. Nicht bei waagerechten
Flächen mit hoher Sonneneinstrahlung. Es arbeitet zu doll,
dadurch
entstehen Risse im Furnier und im Lack. Wir versuchen es als
Nächstes mit einer zusätzlichen Lage Sperrholz. Zuvor
ersetzten großzügige Dübel das
geschädigte Furnier
- so musste ich es nicht komplett entfernen, sondern nur plan
schleifen.
Und
dann traten PU-Leim und Schraubzwingen in Aktion.
Mitte
Januar sah Baustelle Paula schon wesentlich aufgeräumter aus.
Wenn
noch das Deck zumindest grundiert ist und alles scheckige wieder
einfarbig und dezent wirkt, lässt sich die übliche
Schönheit wieder erahnen. Für der
nächste geeignete
Wetterperiode (kalt und trocken) dachte ich an den Klarlack,
denn die Dachleisten, die ich nebst Proppen dabei mitbearbeiten
möchte, waren ja jetzt montiert. Wenn der Trend eher in
Richtung
nasskalt geht, würden wir erst die Bilge machen und
das Deck grundieren - da kommt das nicht so drauf
an. 
Und
ob sie mich erinnerte. Und zwar an den Balkweger, die halben
Decksbalken und die Unterseite des Decksperrholzes, die etwas labile
Ruderbank und die überhaupt nicht eingedichteten Schrauben der
Winschpodeste. Wie ich da nun maikäferartig auf dem
Rücken
kauerte, mangels Cockpitboden immer wieder Richtung Bilge rutschte,
über Kopf mit Schwingschleifer, Dreieckschleifer, Ziehklinge
und
sonstwas hantierte und mich immer wieder selbst vor die einzige Lampe
wälzte, fiel mir noch ein zustätzliches Problem auf:
Ein
Nagel, der das Hauptschott mit der Schlinge verbindet.
Ein
ziemlich
unsinniger Nagel, würde ich denken. Ein hässlicher
Nagel,
insofern er schräg eingeschlagen ist von der Innenseite des
Schotts, und vor dem Erreichen der Schlinge ein Stück in der
Luft
hängt. Und ein reichlich problematischer Nagel, denn er war
aus
Stahl und rostete schon gewaltig. Jetzt war zweifellos der passendste
aller Momente, den Kram beiderseits aus dem Holz zu operieren und die
entstehenden Löcher zu verpfropfen. Ausnahmsweise hatte ich
passende Proppen sogar noch liegen. Ihr ahnt, was ich mit den langen
Ausführungen sagen möchte: Drei Tage, und Frieda
wartete immer
noch darauf, dass sie endlich an die Reihe kam mit dem Schleifen.
Nach
dem Schleifen ging es dann endlich los mit dem Lackieren: Fenster,
Aufbausüll, Dackbalken sowie Balkweger und Schlinge im Cockpit
brauchten ja einen komplett neuen Lackaufbau. Das dauert. Und da konnte
ich auch mal wieder keine Rücksicht aufs Wetter nehmen -
pünktlich nach den ersten Pinselstrichen nistete sich erstmal
der Frost ein, was kein Problem ist, wenn man ausreichend Zeit
lässt zwischen den einzelnen Lackaufträgen. Und so
wird das Schritt für Schritt alles wunderbar
glänzend. Hach - wie gerne hätte ich in
diesem Stil bis zum Schluss weitergemacht. Aber Paula war ja immer als
Erste dran. Als Versuchskaninchen. Je miserabler - beinahe
hätte
ich nen ruppigeren Ausdruck gebraucht - der Lack bei ihr lief, desto
besser gelang es an Frieda. Ich fürchte, ich werde das die
ganze Saison sehen. Aber ich weiß auch, was die Anderen sagen
werden: "Oh, wie schön du wieder lackiert hast!" Jaja....
Salty mag ihren Fensterplatz. Dort kann sie die sonnige Wärme
der letzten Oktobertage ausgiebig genießen. Trotzdem ist sie
nicht böse darum, sich in wenigen Stunden vom segelklaren Boot
in eine Baustelle verwandelt zu haben: Es werden Tage kommen, an denen
wir froh sind, an der geschützten Seite des Fensters zu sein.
Und es gibt ja auch dringende Arbeiten zu verrichten:
Salty
soll nun endlich ihr Echolot eingebaut bekommen. Vorerst
liegt es immerhin schon auf dem Trailer. Das Ruderblatt braucht
Pflege, und das Kajütdach auch. Kaum ist die ringsum
verlaufende
Teakleiste ab, schon zeigt sich: Höchste
Zeit! Da ist schon
reichlich Feuchtigkeit unters Glasfasergewebe gekraucht und hat dem
Süll zugesetzt.
Die
äußere Leiste des Kajütdachs war folglich
nicht mehr zu
retten - sie ließ sich mit recht wenig Mühe abpulen.
Der
Aufwand bleibt damit im Rahmen, zumal es auf der Steuerbordseite
wesentlich besser aussieht.
Außer
einem Streifen Glasfasergewebe ringsum verlangte das Kajütdach
nach weiterer Bearbeitung: Bisher war es eine bergige Landschaft. Ein
Geologe hätte seine Freude daran - so viele Schichten von
unterschiedlichem Zeugs. Das Einebnen (Lack abkratzen, dann
gründlich schleifen) förderte stellenweise schon GFK
zutage,
dicht daneben blieb die oberste Lackschicht unberührt. Uneben
ist
gar kein Ausdruck für so ein Drama, und dabei war da
keineswegs
nur Farbe drauf, sondern durchaus auch mal ein Versuch des Spachtelns.
Der Versuch ist aber nur so gut wie die Mühe, die man sich
beim
anschließenden Schleifen gibt. Ich werde nun also versuchen,
das
nicht nur besser, sondern wirklich ordentlich hinzubekommen. Bis dahin
sieht es scheckig aus, fühlt sich aber schon wesentlich
glatter an
als all die Jahre.
Zwischen
den großen Aufgaben (Saltys Kajütdach, Marthas und
Paulas
Mast) war immer mal wieder Zeit für die Kleinigkeiten. Dazu
gehörte der Salonboden. Verkratzt und unansehnlich
geworden, hielt ich es für angemessen, die Flurbretter mal
wieder
aufzuarbeiten: Alten Lack ab, Löcher neu senken, die
Aussparung
für den Mast an dessen korrekte Position anpassen, hier und da
ein
Loch schließen.
Es
folgten die ersten von zehn Lackschichten. Es bietet sich an, das so
früh - schon Ende November - zu erledigen. Bei den kalten
Temperaturen (ich möchte die Teile nicht unbedingt im
Schlafzimmer
aushärten lassen...) und der chronisch hohen
Lösungsmittelkonzentration im Lackraum dauert es endlos, bis
der
Lack wirklich voll belastbar ist. Epifanes bleibt relativ lange
"offen", das heißt ohne Anschleifen überstreichbar,
und bis
man da mit Schuhen draufrumtrampeln kann, ohne Macken zu hinterlassen,
gehe ich tatsächlich eher von Monaten aus. Das Lackieren
selbst
geht einigermaßen zügig, wobei es sich empfielt, hin
und
wieder mal einen Tag zu warten mit der nächsten Schicht. Einen
Zwischenschliff gibt es vor den letzten beiden Schichten. Es soll ja
Menschen geben, die vor jeder
Schicht schleifen - scheint mir komplett widersinnig: Ich
möchte da ja etwas draufkriegen,
da werde ich ja nicht den größten Teil gleich wieder
wegnehmen. Außerdem verlängert es die Gesamtdauer
über
Gebühr. Ein Zwischenschliff genügt vollkommen, um die
Oberfläche einzuebnen.
Oliese
überwinterte in bester Gesellschaft: Sie verbarg sich hinter
Lene und Jane und hatte es schön hell und sonnig. Sie hatte da
so
eine Planke. Eine, die nicht gut aussah. Da
sollten
wir mal bei. Und dazu die tausend Kleinigkeiten.
Wir
bauten erstmal schonmal ein paar Sachen aus: Das Schiebeluk,
die Backskistendeckel, den Motorträger...
...um
als erste Aktion dem kleinen Havarieschaden an der Fußreling
zuleibe zu rücken. Ein kleiner Spund ist kein wirklich
großer Aufwand, aber bis er wirklich passte, was es doch ein
meditatives Stündchen oder so. 

Die
Rätselfrage lautet: Was hat es zu bedeuten, wenn ich auf dem
Betonboden
sitzend durch Olieses Vorluk die Hallendecke sehen kann? Da ist jetzt
räumliches Vorstellungsvermögen gefragt!
Allerdings habe ich die Lösung ja schon angekündigt:
Da ist
eine Planke raus.
Geplant
war, die dritte Planke von unten zu erneuern, und zwar vom
Vorsteven bis zum Hauptschott. Die gute Nachricht: Hinter dem
Stoß ist das Holz tatsächlich gesund - das ist ja
nicht
selbstverständlich, auch wenn offenkundig war, dass das
ausgebaute
Stück weich, feucht und mit G4 stabilisiert war. Es blieb
nicht
bei diesem einen Plankengang: Oberhalb muss ein kürzeres
Stück ebenfalls neu, unterhalb wird mittschiffs ein Spund
eingesetzt. Dann ist alles wieder topfit. Diese Arbeiten mache ich
tunlichst nicht selbst: Das Einpassen, die Landung und die Falz beim
Auslaufen in die Sponung sind Dinge, die viel handwerkliches Geschick
und Erfahrung verlangen, und da lässt sich auch kaum basteln
und
improvisieren. Jede Ungenauigkeit führt zu einem undichten
Boot.
Und das soll und möchte Oliese nicht sein.
Immerhin - Spanten und Bodenwrangen machen einen gesunden Eindruck, und
der Vorsteven ist zwar nicht mehr neuwertig, hat er doch unter
eingesperrter Feuchtigkeit gelitten, aber er ist allemal noch solide.
Weil man gerade so gut ankommt, werden gleich noch zwei
zusätzliche Bolzen gesetzt, die der Verbindung vom Kiel zum
Steven
mehr Stabilität verleihen.
Während
Niels die neue Lärche vorbereitet und ich das
Drama
saubermache, ergeben sich ganz neue Perspektiven: Kojen, Bodenwrangen,
Dachhimmel von unten betrachten ohne Verrenkungen, und sogar ohne an
Bord zu klettern - das ist eine hübsche Abwechslung.
Nach
und nach kam dann erstmal ein Spund in die Planke unterhalb, und dann
die neuen Stücke der beiden betroffenen Plankengänge.
Erstmal verschraubt und geklebt, und wenn dann die Brettlaschen an den
Stößen eingebaut und die Stöße
kalfatet sind, können wir allmählich ans Vernieten
denken.
Oliese
macht sich ganz fabelhaft als Übermittlerin von Informationen
zwischen Niels und mir. Einmal sagte sie mir zum Beispiel, dass da im
Steven noch eine Schraube säße, die unbedingt raus
müsse. Und dann sind da ja auch noch die diversen
Regieanweisungen, aufgrund derer man auch jetzt, wo der
mühelose Durchblick nicht mehr da ist, genau zuordnen kann, wo
ein Spant und wo eine Bodenwrange sitzt. Das ist nicht ganz
unerheblich für die Verständigung von Innen-
und Außennieter. 
Frieda findet es gut, den Winter über
hinter verschlossenen Türen zu stehen: Zerzaust von der Saison
und auseinandergepflückt von meinen wohlmeinenden
Händen, möchte sie nicht öffentlich
auftreten.
Warum erwähne ich diese Nebensächlichkeiten? Weil man
ohne diese Information nicht verstehen kann, was im Januar passierte,
als es ans Lackieren all dieser kleinen Reparaturstellen ging. Dabei
mussten die zwei Stellen am Heckspiegel jedes Mal mitbedacht werden,
was man leicht vergessen kann, wenn man mit Vorluk, Aufbau und Cockpit
fertig ist und schon mit Blick auf Martha und Saltys Ruderblatt die
Leiter runterklettert. Und die Talje baumelte durchaus in einem oft
genutzten Weg Richtung Werkbank und Martha, aber so, dass ich in all
diesen Wochen nicht ein einziges Mal dagegen stieß.
Ich hielt inne. Guckte. Guckte ein bisschen genauer. Kratze vorsichtig
weiter. Und sagte: "Nee. Das kann so nicht bleiben." Statt mir
allerdings die Haare zu raufen, baute ich das schadhafte Stück
Planke aus, schnitt von den angrenzenden Planken weg, was ausgespundet
werden musste, organisierte ein Stück Lärche und war
abends bereits guter Dinge: Erstens war es so viel besser, als das
Problem erst beim Kranen oder im Laufe der Saison zu bemerken, und
zweitens traute ich mir in diesem übersichtlichen, gut
zugänglichen Bereich die Reparatur selbst zu.
Der ungeplante Mehraufwand bedeutete natürlich
zusätzlichen Wirrwarr im Kopf, und so lackierte ich an einem
der folgenden Tage die Cockpitrückseite, dachte noch an die
Stellen
am Heckspiegel, stieg von der Leiter und rannte sofort zu Martha. Und
als ich mit Martha und dem Ruderblatt fertig war, packte ich meine
Sachen und war im Begriff, mich zu verabschieden. Und rannte gegen
Friedas Achterstagtalje.
Aber keine Sorge: Wir redeten ausgiebig, denn Reden hilft. Abends bekam
Paula den Auftrag, Frieda aufzuheitern. Und am nächsten
Morgen, bevor ich mich Paulas Heckspiegel zuwandte, stellte ich den
dafür benötigten Tritt erstmal unter Friedas
Vorsteven, damit ich mich von dort aus an ihr Vorschiff klammern und
mit ihr kuscheln konnte. Prompt vollbrachte sie das
Kunststück, das Epoxidharz bei zwei Grad Celsius in einem Tag
aushärten zu lassen. Naja, sie hatte ja auch einen
400W-Baustrahler zur Verfügung...
Ein
zweiter Schönheitsfehler entstand während der
Saison, als die Rückseite des Cockpitsülls dem
Gewicht des taumelnden Rudergängers nicht standhielt.
Provisorisch war das eine halbe Stunde nach dem Anlegen repariert. Als
Dauerlösung dachte ich mir eine Aufdopplung von innen aus, die
auch gleich die zwecklosen Beschläge nebst Aussparungen
verschwinden lässt und wieder richtige Stabilität
schafft.

Das Einpassen des neuen "Innensülls" ging erstaunlich
reibungslos: Zwei Schmiegen, dazu noch der Strak, der dafür
sorgt, dass das Teil ein bisschen länger sein musste als der
direkte Abstand von Backbord nach Steuerbord - das roch nach
stundenlanger Fleißarbeit. Doch nein - einmal Maß
genommen, an der Werkbank gesägt und glattgeschliffen, und
schon passte es und konnte eingeklebt werden. Tags darauf gab es dann
einen "Deckel", der oben auf altem und neuem Teil aufliegt. Jetzt sieht
es so aus, als sei es nie anders gewesen. 
Nun
aber zum Thema Schiebeluk. Das alte in schmuckloser
Kerteminde-Qualität war schon im Neuzustand alles andere als
schön. Als ich Frieda übernahm, bedurfte es einer
gründlichen Aufarbeitung, um nicht gleich auseinanderzufallen.
Inzwischen war es wirklich vollkommen unansehnlich geworden. Aber es
taugte immerhin noch wunderbar als Vorlage für das
Neubauprojekt: Zuerst bog ich darauf die zwei Lagen Bootsbausperrholz
in Form. Dann nahm ich es mit in die Werkstatt und nahm Maß.
Nach
einem Vormittag zwischen Kreissäge, Dickenhobel und
Bandschleifer, Zollstock und Bleistift niemals außer
Reichweite lassend, waren wir immerhin schon auf dem Stand, wie Ikea
seine Möbel ausliefert. Nun warteten die Einzelteile auf die
feinen Anpassungen an Bord. Also wieder Leiter rauf runter rauf runter
bis alles strakt und läuft und tadellos ist. Letztlich musste
natürlich das Lukensüll tüchtig angepasst
werden, zumal ich einen peinlichen Messfehler kaschieren musste.
Schließlich erreichten wir die Details, und Ikea lag hinter
uns - so viel klassisches Design bieten die gar nicht erst an.
Mitte Januar war Friedas Liste so weit abgearbeitet, und es kam die
Solidaritätsbekundung mit Oli. Nun
denn - im Ausbauen
defekter Planken hatte ich ja schon
Übung. Nachdem dann ein wunderbar astreines, langsam
gewachsenes Stück Fichte (!) aufgetrieben war, ging es erstmal
an die zwei Spunde oberhalb und unterhalb des komplett entfernten
Plankenstücks. Als besonderes Bonbon durfte ich dem einen
Spund einen Falz verpassen, weil die zweite Planke in diesem Bereich
allmählich in die Kielplanke ausläuft - es war
wirklich aufschlussreich, bei dieser Gelegenheit überhaupt mal
zu sehen, wie das konstrukiert ist. Das fällt einem ja gar
nicht auf, solange man das Boot nicht auseinanderbaut.
Beim Verleimen der Spunde galt es, nicht an Schraubzwingen zu sparen -
ich lieh mir sicherheitshalber noch einige aus, weil ich
hauptsächlich riesige und winzige besitze. Frieda und ich
brauchten hier einiges an Hilfskonstruktionen, damit Planke und Spund
fluchten und um genügend Anpressdruck zu
gewährleisten. 
So sieht das Ganze dann von innen aus, wo jetzt endlich die seit Wochen
bereitstehende Bilgefarbe aufgetragen werden darf:

Einer
von Marthas Vorbesitzern muss großer Western-Fan gewesen
sein.
Vermutlich
wurde das Segeln am Wochenende immer so getimt, dass er
pünktlich
17 Uhr 40 vorm Fernseh saß, denn es lief "Rauchende Colts".
Und
so dachte sich Martha: Wenn schon am Sonntag gearbeitet wird und das
Fernsehen flachfällt, spielen wir eben Rauchende Colts.
Aufmerksame
Leser kennen das Spiel ja vom letzten Winterarbeitsblog, also spare ich
mir erklärende Worte: Es ging um die restlichen
Eisennägel im Rumpf. Es sei lediglich erwähnt, dass
es
hundsgemein ist, wenn eine Bodenwrange nach dem Vorbohren verrutscht
ist, sämtliche Nägel also einen Knick machen.
Besonders
gemein, wenn man diese Wrange als erste erwischt. Der Start wurde so
extrem frustrierend - für die ersten eineinhalb Nägel
verbrauchte ich schon den ersten der knappen Kernbohrer. Aber danach
lief es recht fluffig, und nachmittags erinnerte die Luft in der Halle
schön an einen Wildwest-Saloon nach einer wilden
Schießerei.
Also
gut, dann doch noch ein paar erläuternde Worte: Wessen Boot
vernagelte Bodenwrangen hat, muss sich irgendwann auch dieser
Tätigkeit widmen. Manche Nägel waren noch in
erstaunlich
gutem Zustand, von anderen blieb nach fünfzig Jahren kaum mehr
als
ein paar Krümel reduzierten Eisens übrig, und das
Problem
besteht eher noch darin, dass das gute Eichenholz dabei zu
zähem
Schlamm wird. Was man dazu außer drei Tagen Zeit
noch so
alles braucht, erzähle ich gerne auf Anfrage - man muss die
Arbeit
nicht über zwei Winter verteilen. Nach dem Ausbohren
müssen
die Planken noch ordentlich mit den Bodenwrangen verschraubt, die
Löcher verpropft und die Schraubenköpfe verspachtelt
werden.
Also nochmal ein bis zwei Tage. Aber dann hat sich die Lebenserwartung
des Bootes gleich wieder um einige Jahre verlängert.
Ist
übrigens ganz praktisch, dass ein Schluck Kühlwasser
für den Bohrer schon im Holz steckt. Trotzdem gäbe es
allen Grund zu jammern: Der Rauch beißt manchmal in den
Augen, die Körperhaltung unter dem Rumpf ist auf Dauer sehr
unbequem, der Gang zum Schraubstock zwecks Reinigung des Bohrers
strengt an und hält auf. Und so weiter. Und wenn der Rumpf
voller Löcher ist, ist ja noch lange nicht Schluss.
Denn
die Wrangen wollen ja wieder verschaubt und die
Löcher verschlossen werden.
Sie unter ständigem Geklecker mit 10er Dübeln und
üppig Epoxi zu stopfen, ist schon wieder eine
mittelschöne Arbeit. Geht aber schnell, wenn sie gut
organisiert ist. Damit eine saubere Oberfläche entsteht und
nicht irgendein Gespichtel und Gespachtel, kommt am nächsten
Tag der 20er Forstnerbohrer zum Einsatz, gefolgt von passenden Proppen,
und bei der Gelegenheit dürfen gerne die neuen Schrauben
verspachtelt werden.
Darüber
sammelt sich unter dem Boot eine Menge Müll an:
Späne, Nagelreste, verschlissene Bohrer. Epoxitropfen,
Plastikbecher, Pinsel, Gummihandschuhe, Reste von Leisten, aus denen
die Proppen gebohrt waren, abgestochene Proppen. Tape, noch mehr
Leisten, weitere Proppen.
Nach
erledigter Arbeit - also mit verspachtelten Schrauben und abgestochenen
20er Proppen, vor dem Verschleifen gönnten wir dem Harz ein
paar Tage zum Aushärten - lohnte der Aufwand, mit dem Besen
durchzugehen. Und es war ja auch ein markanter Punkt des Jahres: Zu
Weihnachten durfte die Halle sauber und die wesentlichen
Holzarbeiten erledigt sein. Fazit: Wir lagen gut im Plan.
Tage
an Paula herumgekratzt und anschließend in Friedas weicher
Planke gestochert hatte, musste ich doch ein wenig seufzen, als es
schon wieder hieß, mir auf dem Rücken liegend
bröckelnden Lack in die Augen zu schubbern. Ich
schärfte ihr ein: "Den Balkweger, Martha, nur den Balkweger.
Keine große Aktion!" Ihre Bescheidenheit belohnte ich mit
neuem Lack für einen Teil der Innenseite der
Außenhaut. Was nun leider wohl bis nächstes Jahr
kleben bleibt, ist das unsägliche G4 unter der Backbordkoje.
Dafür habe ich aber auch noch ein Stück
Außenhaut von außen abgezogen, wo die Blasen unter
dem Lack besonders gravierend waren. Hach, und sonnenuntergangsrot
statt honiggelb sieht die Lärche nunmal wirklich erheblich
schicker aus und verlangt danach, diesen Schritt ringsum bald
nachzuvollziehen. Doch für kommenden Herbst hat Martha erstmal
einen Wellnessurlaub gebucht...
Zuvor
hatte
ich mit dem Mast Größeres vor: die olle
Mastrutscherschiene
entsorgen, die alte, mit Besenstielen und Epoxi aufgefüllte
Göhl abnehmen und eine neue bauen. Hui, wenn das mal klappt!
Der
erste Schritt, das Abhobeln der alten Göhl, ging schonmal
ganz gut von der Hand. Dann fand sich ein auf den ersten Blick
schönes Stück rumänischer Kiefer, das Niels
mir für den Zweck wärmstens empfahl. Nicht gerade
astrein und frei von Schönheitsfehlern, das gute Holz - es
brauchte es einige Tage Aufwand, bis das Ergebnis bereit zum Verleimen
war. 

Inzwischen
sind schon die ersten beiden Lackschichten drauf. Muss sich noch in der
Praxis bewähren, aber der Aufwand war in Ordnung, und das
Ergebnis
sieht zwar nicht perfekt, aber wirklich zufriedenstellend aus. Und
gelernt habe ich dabei auch, zum Beispiel, dass ich nächstes
Mal
lieber mit kürzeren Stücken arbeite und eine
Schäftung
mehr in Kauf nehme. In einer Werkstatt, die auf 2- bis
3-Meter-Stücke ausgerichtet ist, lassen sich sechseinhalb
Meter
nicht wirklich maschinell bearbeiten, man kommt von der einen Seite
nicht an den Dickenhobel ran und auf der anderen Seite nicht aus der
Kreissäge raus. Von Hand ist es aber erheblich
aufwändiger,
den Kram auf Maß zu bringen und das Maß dann auch
zu
halten. Weil ich den Verschnitt für Paulas Mast sowie diverse
Nachbesserungen brauchte, war das Material ein bisschen knapp - es kam
genau hin, aber es ist wesentlich angenehmer, die Oberfräse
bis in
das überstehende Stück laufen zu lassen und es
hinterher auf
Maß zu kappen, anstatt die letzten Zentimeter mehr oder
weniger
freihand fräsen zu müssen. Und für die
Öffnung der
Göhl muss ich mir auch etwas Besseres einfallen lassen, als
sie
mit der Handkreissäge zu schneiden und die restlichen
eineinhalb
Millimeter von Hand zu schleifen, dabei die Geduld zu verlieren und mit
dem Multimaster tausend Kinken zu sägen. Aber von diesen
Einschränkungen abgesehen bin ich zufrieden.
Martha
verfügt über ein gewisses Talent, auf sehr charmante
und
unwiderstehliche Weise Sätze zu formulieren, die mit "Guck dir
dies mir mal an, das müsste doch auch mal...." beginnen.
Diesmal
betraf das ihr Schiebeluksüll. Das ist dieser
H-förmige
Rahmen, der das Luk nicht nur abdichtet, sondern auf dem es auch
läuft. Von oben werden dort Messingschienen aufgeschraubt, die
verhindern, dass der Lukendeckel sich einfach abheben lässt
bzw.
verloren geht. Im Umkehrschluss heißt das: jedes Mal, wenn
das
Luk bearbeitet werden soll, müssen die Schienen ab, also die
Schrauben alle raus. Nicht jeder macht sich die Mühe, sie
danach
mit Gummi einzudichten, und nicht bei jeder Schraube gelingt das immer
- im Ergebnis dringt über die Jahre schön
Feuchtigkeit in die
Löcher. Martha hatte Recht: Der rotte Kram war früher
oder
später fällig, und ich gerade so schön in
Stimmung.
Nun
ist das Kajütdach eine extrem dreidimensionale Angelegenheit,
entsprechend frickelig geriet das Anpassen dieser Leisten. Wenn ich mit
solchen Teilen fernab des Bootes in der Werkstatt vor den Maschinen
stehe, kommt mein räumliches Vorstellungsvermögen
manchmal an
müdigkeitsbedingte Grenzen, und dann wird auch mal die
Schmiege
verkehrtherum angeschliffen. Reichlich Hobeln von Hand ließ
sich
ohnehin nicht vermeiden, wobei das ja mal eine recht angenehme
Tätigkeit ist - einen geeigneten und scharfen Hobel
vorausgesetzt.
Inzwischen passt alles und möchte nur noch vor dem
endgültigen Einbau lackiert werden.
Bei
einer Sache musste mir Martha nicht durch knirschendes, knackendes Holz
mitteilen, dass sie ihr am Herzen liegt, denn wir waren uns seit Jahren
einig: Das Plastikbulleye in der Aufbaufront musste endlich durch ein
richtiges Schiffsfenster ersetzt werden! Zum Glück liefert
Toplicht ein solches genau in der Größe des
vorhandenenen
Lochs - ich musste da nur ein bisschen saubermachen und Platz
für
den Gegenring schaffen, der von innen in das Fenster eingreift, also
etwas mehr Platz beansprucht. Auf Millimeterarbeit kam es nicht an,
weil das alles später hinter dem Gegenrahmen verschwindet.
Wichtig
war, beim Einbau ausreichend MS-Polymer zu verwenden - nur wenn es
überall üppig rausquillt und eine Riesensauerei
entsteht, ist
man auf einem guten Wege zu 100%iger Dichtigkeit.
Mit
welchen Tricks und Verrenkungen es mir gelungen ist, die Muttern
anzuziehen, obwohl die Schrauben mitdrehten, verrate ich nicht. Ich
hätte nur ein, zwei Tage warten müssen, bis sich mal
wieder
jemand zweites in die Halle verirrt, der sich zweifellos gerne
für
fünf Minuten Gegenhalten hätte shanghaien lassen.
Aber ich
habe lieber eine Stunde experimentiert - zu groß war der
Wunsch,
den Punkt gleich abends von der Liste streichen zu können.
Später
bereute ich das ein bisschen. Nicht, weil das Ergebnis eine Katastrophe
wäre - sieht im Gegenteil todschick aus. Aber ich
befürchtete,
dass mir zu Weihnachten die Arbeit ausgeht und die große
Langeweile Einzug hält. Die Sorge war unberechtigt,
dafür sorgte allein schon Frieda.