Zehn Jahre mit den Gänschen, lauter
Kleinigkeiten
- Winterarbeit 2022-23
Damals, Anfang 2013, war alles noch...anders: Martha, Frieda
und Oli in
verschiedenen Stadien des Verfalls. Ich in Zeitnot, arbeitete bis zum
Jahreswechsel noch in Hamburg, musste dann erstmal umziehen. Die drei
Boote verbrachten den Winter im Wasser, um dann im April schnell ein
bisschen aufgehübscht zu werden. Erst im Laufe der Saison
konnte sich zeigen, wo der dringendste Handlungsbedarf bestand.
Solchen haben wir jetzt auch. Es geht um jede Menge
unspektakuläre Kleinigkeiten. Manche davon sind jetzt endlich
mal fällig, manche schnell gemacht, aber unaufschiebbar.
Einige wenige ärgerliche sind im Verlauf der Chartersaison
entstanden.
Tatsächlich
fehlt mir die Motivation,
über tausend unspektakuläre Kleinigkeiten eine Story
zu schreiben und mit täglichen Fotos über den
Fortschritt zu informieren. Aber transparent machen, was so passiert
mit den Booten - das möchte ich schon.
Fangen wir an mit dem Minimum an Feierlichkeit für zehn Jahre
Chartergeschäft: Einer unspektakulären Kleinigkeit,
ließe sich sagen, wäre sie nicht so toll: Wir haben
neue Zettelblocks. Modell "Oliese". Praktisch für Navigation
und Einkauf. Und für das winterliche Gefrickel an den Booten -
es soll ja kein Arbeitsgang vergessen werden.
All die Kleinigkeiten vor allem deshalb: Salty und Frieda sollen in den
nächsten beiden Jahren endlich auch ihre neuen V4A-Kielbolzen
bekommen. Das ist jeweils ein größeres Projekt. Mein
Plan
ist, diesmal die Liste komplett abzuarbeiten und mich danach auf die
eine Großbaustelle konzentrieren zu können. Wird so
nicht
klappen, aber wir versuchen es.
Die Schriftart auf den Zetteln heißt übrigens
"Strong Girl",
kann irgendwo im Internet gratis heruntergeladen werden, ist besser
lesbar als meine eigene Klaue - und vor allem passt der Name zu den
Booten, die sich alle fünf als starke Mädchen
zutreffend
beschrieben finden.
Oh - ah - und noch ein Hinweis: Wenn ich von Kleinigkeiten schreibe,
liebe Bootseigner, die ihr das in eurer Freizeit abspult: Es summiert
sich wie immer zu einem Vollzeitjob.
"Allgemein" heißt in diesem Fall: Betrifft alle Boote.
Tenaxknöpfe der Kuchenbuden zum Beispiel - das sind diese
Dinger,
die die KuBu ans Aufbau- und Cockpitsüll knüppern.
Tenaxknöpfe sind eine tolle Erfindung, die darauf beruht, dass
drei Flügelchen unter Federdruck ein Kügelchen
umschließen. Man kriegt sie auf zwei Weisen geschrottet:
Entweder
beim Schließen den Knopf drücken - der Knopf
entlastet zum
Öffnen die Feder, aber wenn man ihn beim Schließen
drückt, können die Flügelchen beim ersten
Kontakt mit
der Kugel nicht zur Seite flutschen, sondern brechen ab. Oder beim
Öffnen den seitlichen Zug nicht entlasten, indem man zum
Beispiel
an der Kuchenbude ein bisschen zieht - mit reichlich Kraft kann man
dann trotzdem den Knopf von der Kugel racken, aber wieder biegen oder
brechen die Flügelchen. Danach schließen oder
öffnen
die Knöpfe nur mühsam, oder sie halten
mäßig bis
gar nicht mehr. Ich bin da ein bisschen auf Feedback der
Chartergäste angewiesen, aber solange es halbwegs
funktioniert,
nehmen viele den Ist-Zustand zum Maßstab und sagen nichts. Im
Herbst fiel mir dann selbst auf, dass einzelne Tenaxe erneuert werden
mussten. Als ich das erledigt hatte, fanden sich weiter. Und
schließlich....rollte ich in der Wohnstube jede Kuchenbude
aus,
ersetzte jeden Tenaxknopf mit erkennbar gebrochenen Flügelchen
und
landete bei 80 Prozent. Vielleicht ist das nach fünf Jahren
intensiven Gebrauch eine normale Bilanz. Und übrigens waren es
auch bei Paula 80 Prozent - es sind nicht immer nur die unerfahrenen
Hände der Chartergäste, die das Material
verschleißen!
BK (Backskisten) aufarbeiten - dazu muss ich weit ausholen. Die
Backskisten wurden einst für die Ewigkeit verbaut. Aber da
bestand
ja der Plan auch noch darin, dem begeisterten Eigner nach
dreißig
Jahren ein neues Boot zu bauen, anstatt das alte fünfzig,
sechzig,
siebzig Jahre zu erhalten. Ich baue alle Backskisten jedes Jahr aus -
so lassen sie sich am besten lackieren, die Außenhaut
darunter am
einfachsten säubern, und hier und da will ja auch mal ein
Spant
oder eine Planke repariert werden. Dazu musste ich die Backskisten
natürlich einmal mühsam rausoperieren. Seitdem werden
sie mit
zwei Schrauben festgespaxt. Das hält gut genug. Das
Schwalbennest
des Deckels muss aber auch jeweils neu angeschraubt werden, immer
wieder in die schmale Seite der Backskiste und die figeliensche
Grabenleiste am Hauptschott. Auf die Dauer ist das mühsam und
produziert Schrott. Also kam mir die - letztes Frühjahr
umgesetzte
- Idee, an Backskistenseite und Grabenleiste eine Leiste anzuschrauben
und das Schwalbennest mit Durchgangsschrauben durch diese Leisten zu
fixieren. Das lässt sich auch auf Dauer immer wieder leicht
lösen und fixieren, und wenn etwas leidet und ersetzt werden
muss,
ist es eine 10x10mm Leiste von maximal zwölf Zentimetern
Länge.
Im März habe ich das also so gemacht, dass ich die Backskisten
zuerst wie gewohnt montiert und dann die neuen Leistchen
zugesägt
und unbehandelt eingebaut habe. Anders war das nicht zu machen - zum
Einpassen brauchte ich die fertig lackierten Backskisten und hatte
frisches Holz in der Hand. Jetzt stand also auf dem Programm: Alles
wieder auseinandernehmen. Die Leistchen markieren mit den neuen
Schlagbuchstaben (M BB BK umgedrehtes V, nach links weisendes V - steht
für Martha Backbord Backskiste oben außen...ist
klar,
oder?), die Verwitterung der Saison rausschleifen und dann mit
reichlich Imp schützen. Die alten Schraubenlöcher in
Schwalbennestern, Backskisten und Grabenleisten schließen und
alles wieder gründlich lackieren. Und nebenbei nach Rissen,
Brüchen und Gammel absuchen. Klingt einfach, man kann sich
aber
tagelang damit aufhalten, wenn von zehn Backskisten mit entsprechend
vielen potenziellen Problemfällen die Rede ist. Ein
Problem
war, dass die Schwalbennester ja schön eng um die Spanten
greifen.
Ist total sinnvoll, wenn man davon ausgeht, dass eine Backskiste nebst
Schwalbennest einmal eingebaut und dann nie wieder angerührt
wird.
Bei jährlichem Aus- und Wiedereinbau stellt man bald fest,
dass es
klemmt. Dass das extrem nervt. Und dass dann auch schnell Holz
wegsplittert oder reißt. Ein Fall für den
Geradeschleifer -
die Aussparungen für die Spanten werden künftig
freihand nach
Gefühl ein bisschen offener sein.
Gerade behandele ich die Leistchen neben diversen anderen verborgenen
Kleinteilen mit Imp, auf Nägeln gelagert, damit ich ringsum
üppig pütschern kann. Erste Reaktion beim Anfertigen
der
Nagelbretter war....kurz vor Fluchen und Schimpfen und Geduld
verlieren. Nach zwei Schichten freue ich mich, dass ich das jetzt
dieses eine Mal ordentlich mache und dann wahrscheinlich nie wieder.
Letzten
Winter haben Erik und ich ja das halbe
Unterwasserschiff nachvernietet. Fazit: Paula ist ein wesentlich
dichteres Boot. Ich weiß nicht, ob ich Erik zu einem erneuten
Besuch überreden kann, er wohnt ja jetzt auf einer
dänischen Insel, aber irgendjemand wird sich ja wohl finden,
um den Job zu vollenden. Und dann sind die Charterboote dran. Und ich
kann das jeder und jedem empfehlen, wenn das Boot hartnäckig
Wasser macht.
Aber erstmal betreibe ich kleine Verbesserungen der
Lebensqualität: Die Teddys haben eine Hängematte,
damit sie
nicht immer gefährdet sind, von Ölzeug und Seekarte
begraben
zu werden. Ich muss sie nur noch irgendwo aufhängen. Und damit
Paula rechtzeitig seniorengerecht wird, hat sie jetzt einen
Kühlschrank mit Zwischenboden. Nein, keine elektrische
Kühlbox oder sowas, nur einen Boden in dem Bilgesegment, das
ich
für Milchprodukte etc. nutze. Dessen Tiefe machte mir den
morgendlichen Kaffee inzwischen wirklich beschwerlich.
Salty
Das
Schapp ist unansehnlich. Alles alles abbauen, schleifen, lackieren, und
bei der Gelegenheit alle obsoleten Schraubenlöcher
schließen. Oh, das sind aber verdammt viele...
Und wo wir schon dabei sind, gibt es endlich einen neuen Kompass.
Natürlich passen weder die Aussparung noch der Lochkranz, es
wird
also ein schönes Gebastel neuer Blenden. Innen und
außen.
Wenn man es ernst meint, kann man sich da lange mit aufhalten. Und dann
auch gleich noch Knie montieren, die das Nut-und-Feder-Hauptschott
stabilisieren - da ist merklich Bewegung drin, vielleicht
lässt
sich die dadurch unterbinden, ohne das komplette Schott zu zerlegen.
Entfernen der Backskiste, Aufarbeiten des Schapps: Was ist das
für
eine Schraube hier? Warum dreht die fluffig durch, anstatt
rauszukommen? Aha, die Grabenleiste...sieht ja nicht gut aus...und
warum erst die Schrauben lösen, wenn sie mühelos so
abgeht?
Reichlich muckelig...die kann man wohl mal neu machen. Wenn man ein
paar Mahagonleisten liegen hat, über einen
18mm-Halbrundfräser verfügt und aus Versehen den
schnell
härtenden PU-Leim mit 5 Minuten Topfzeit erwischt hat, ist es
erstaunlich, wie schnell eine Grabenleiste bereit zum Lackieren ist.
Jetzt, als das so weit ist und auch das sich lösende
Furnier des
Schiebelukdeckels repariert, gehe ich die Bolzen des Vorstevens
an. Saltys Vorsteven ist
ungewöhnlich filigran - der Diplomigenieur, der sie gebaut
hat,
wird sich etwas dabei gedacht haben. Nicht unbedingt das Falsche,
aber es ist eine ungewohnte Konstruktion mit einer Hakenlasche - die
leider fast 10mm auseinander ist. Für die gewohnten 25er
Proppen ist hier kein Platz, sondern erstaunliche
Vierkantspunde fliegen unter den Bolzenlöchern weg.
Mickymäuse auf und losgehämmert - aha, ich seh schon:
Die Wrange bietet zu wenig Führung, der Bolzen biegt weg, ich
kann gleich aufhören. Manche Nachbarbolzen gehen leicht raus,
zwei Bodenwrangen demontiere ich notgedrungen. Schlecht ist das nicht,
so kann ich sie leichter gründlich aufarbeiten, auch wenn ich
mir den Aufwand gerne gespart hätte. Die Vorpiekbilge war
eigentlich toll, als da nur Leinöl draufwar - leider sind im
Laufe der Jahrzehnte Bleimenninge, Farbe und offenbar
Chlorkautschukprimer hinzugekommen, und mit jeder Schicht wurde die
Anhaftung auf dem Untergrund schlechter. Wenn die Bolzen und die zwei
Wrangen raus sind, ist der beste Moment, den ganzen Mist
gründlich wegzukratzen, alles so gut es geht zu schleifen und
ein bisschen zu ölen.
Doch zuerst entwickelt sich das Austreiben der vorderen Bolzen die
Sanierung der Hakenlasche zur Detektivarbeit: Ich finde ein neueres
Füllstück knapp unterhalb der Wasserlinie. Es
verdeckt nicht weniger als vier Bolzen, unter Anderem den einzigen aus
V4A. Nach einigem Rätselraten wird mir klar, was hier passiert
ist: Das sah irgendwie nicht mehr gut aus, schwarzes Holz mit
Abplatzungen und Rissen vermutlich, vielleicht kam auch Wasser rein.
Wie das allerdings repariert wurde, ist schon reichlich gediegen: Zwei
rostige, alte Bolzen sitzen lassen und gekappt. Durch einen neuen
ersetzt, dessen Mutter ich von Hand lösen und den ich auch von
Hand rausdrücken kann. Zu halten hatte er absolut nichts, denn
er sitzt ausschließlich im oberen Teil der Hakenlasche und
verbolzt ein Holzstück mit sich selbst. Hä?
Zum Boot bekam ich sämtliche Werftrechnungen des Vorbesitzers,
und da steht es ja auch drin: "laut angebot vom 15. Oktober 2012:
[....] Bolzen im Vorstevenbereich ausgetauscht: 2,25 Std.
Bootsbaugeselle Herr [Sowieso], 1 Stück Bolzen zum Preis von
11,50 €." Erledigt hat das ein Fachbetrieb hier aus der
Gegend, Namen werden keine genannt. Salty wurde, bevor sie zu mir kam,
von zwei renommierten Fachbetrieben hier in der Region betreut, und in
beiden Fällen gibt es gute Gründe, keine Namen
preiszugeben. Nun, jedenfalls denke ich zunächst, das
können die so nicht ernst gemeint und auch nicht ernsthaft so
ausgeführt haben - das unverbolzte
Füllstück, das aber ja doch einen guten Teil des
ohnehin schmächtigen Vorstevens notdürftig ersetzt,
ist neben ein bisschen Epoxi im Wesentlichen mit einer Reihe von
4mm-Holzschrauben befestigt. Knapp die Hälfte davon ist
abgerissen, lange Gewinde versetecken sich im Holz und enden im Nichts
- binnen eine Viertelstunde verhunze ich mir beim Demontieren vier
Stecheisen. Die Löcher, die beim Ausbohren entstehen, machen
den Steven nicht gerade stabiler und die Mühe, den
Scheiß zu einem gesunden Ende zu führen,
wächst und wächst.
Einen halben Tag später ist es aber doch so, dass ein Fichten
modell des künftigen neuen Stevenspundes fertig ist. Das muss
ich jetzt nur noch in Eiche nachbauen, doch zumindest haben wir das
passende Stück Eiche im Bestand. Ruhe lässt mir das
Ganze nicht. Zunächst kommt mir eine einzige plausible
Erklärung ein: So eine Reparatur ist extrem schlecht im
Angebot zu beziffern - um das Problem zu begutachten, muss man es
aufpulen. Dann sieht man: Mit einem zusätzlichen
Bölzchen ist es nicht getan, es sind zwei Tage Arbeit und
insgesamt 1000 Euro allein dafür. Wenn der Eigner das dann
hört und sagt: "Zu teuer" - dann hat man die Stelle aber schon
auf. Also schnell nen Bolzen rein, der gerade so
rumliegt, Füllstück drüber und
beilackieren. Ich glaube, viele Bootsreparaturen funktionieren auf die
Weise. Nachhaltig ist es nicht, auch wenn Salty immerhin zehn Jahre
damit wacker gesegelt ist.
Etwas
spricht aber gegen diese Theorie: Schon vor acht Jahren
machte ich eine Reparatur der - ich hab ja die Rechnung - gleichen
Werft rückgängig und behob das Problem wirklich und
ernsthaft und war der Meinung, mein Aufwand für die richtige
Reparatur könne nicht größer gewesen sein
als der Aufwand für den kontraproduktiven - soll ich das
böse Wort wirklich verwenden? - Pfusch. Damals ging es darum, dass
Wasser zwischen Deck und Aufbausüll einsickerte, es also
reinregnete und das Süll in den Ecken gammelte. Es wurde eine
schmale Rechteckleiste aus Teak rund um den Aufbau aufgenagelt. In der
Rechnung nennt sich das Teil Holkehlleiste, aber das ist nun wirklich
nicht zutreffend. Teak an dieser Stelle ist beim jährlichen
Lackieren extrem nervig, und eine Ringsumlseiste, egal ob Holkehle oder
sonstwie, bringt nach meiner Erfahrung nie etwas. In diesem Fall war
sie höchst kontraproduktiv, weil das von ihr verborgene Holz in
erhöhtem Tempo weitergammelte. Als die Teakleiste erstmal entfernt
war, hatte ich das gammelnde Mahagoni in zwei Stunden ausgespundet -
das Anbringen der Leiste hat, ich kann es ja nachlesen, erheblich
länger gedauert und 700 Euro gekostet und nicht einmal dann Sinn
gemacht, wenn der Eigner gesagt hat: "Nicht so teuer, ich will
verkaufen."
Ich schreibe sowas ungern. Ich bin hier hautnah umgeben von Fachleuten
mit großer Erfahrung im Holzbootsbau, die Reparaturen vorher
minutiös kalkulieren, entsprechend anbieten unter Einbeziehung von
Eigenleistungen des Eigners, und die das dann entweder wie vereinbart
ausführen - oder sie lassen die Finger davon. Im weiteren Umfeld
gibt es eine erstaunliche Anzahl von Betrieben, die vielleicht die
Eigenleistung des Eigners nicht so im Programm haben, ansonsten aber
seriös und hingebungsvoll ihre Arbeit anbieten und erledigen. Ich
weiß, dass jede Reparatur an einem Holzboot ausgiebig Zeit,
Hingabe und Erfahrung erfordert - Erfahrung, die man sich mühsam
angeeignet hat und die im Nachgang in den Preis einfließen muss.
Und dann sind da die Eigner, denen alles immer zu teuer erscheint, die
eine grundlegende Skepsis gegenüber Handwerkern mit sich
herumtragen und glauben, alles besser zu wissen, denn im Internet hat
einer gesagt, wie einfach das geht. Ich bin jetzt dann doch ein
bisschen enttäuscht von Saltys damaliger Stevenreparatur, weil ich
Werft und Voreigner kenne.
Jetzt höre ich aber auf damit, sondern freue mich: Ich muss noch
die Bolzenmaße festlegen und ausmessen und die Bolzen bestellen,
während die alte Eiche in einen klebefähigen Zustand
trocknet, und dann fehlen nur wenige Handgriffe, bis das wieder
grundsolide und pottendicht ist.
Oliese
Sehr
ärgerlich ist der Plankenriss. Schergang an Backbord.
Entstanden,
weil das Großfall klemmte und jemand übersteigen
wollte von
einem anderen Boot, um "mal zu gucken." Es gab nicht viel zu gucken,
und es passierte direkt vorm Hafen beim Segelsetzen, also
hätten
die ja dort wieder anlegen können, anstatt eine Ramming mit
Ansage
zu fahren. Die Reparatur ist gar nicht so aufwändig - aber
natürlich sieht die Planke nie wieder so aus, wie sie mal war
-
dafür sorgen schon die Proppen, die die Löcher
schließen, mit denen ich den Queranschlag für die
Fräse
befestigen musste.
Das Schapp bekommt auch eine Generalüberholung a la Salty, mit
tausend Proppen, schönem Mahagonifurnier über den
Batteriekasten aus Siebdruckplatte, und dann reichlich frischen Lack.
Und dann wird die Vorstevensponung neu verschraubt. Immer ein
hübsches Ratespiel: Lassen sich die alten Schrauben rausdrehen
und
durch neue Ersetzen? Wenn nicht, lasse ich sie sitzen oder bohre sie
aus? Olis Bronzeschrauben lassen sich im Unterwasserbereich exzellent
lösen. Sie sind allenfalls ein wenig dünn geworden,
das
spricht eindeutig für diese Aktion - die neuen Schrauben
formal
gleicher Dicke sitzen fest wie nichts Gutes. Die kriegt da keiner mehr
raus! Oberhalb der Wasserlinie lasse ich die Schrauben sitzen, setzt im
unteren Bereich neue dazwischen, ganz oben wird einfach nur neu
verspachtelt, wo der Kitt nicht mehr hält.
Dann die Baumschere: Das ist eine Dauergeschichte. Die Charterboote
kamen damals zu mir mit Stechpaddeln als Baumstützen. Finde
ich
generell supernervig und eine blöde Idee. Noch blöder
aber,
wenn das Boot keinen Reitbalken als Befestigungspunkt hat (inzwischen
haben alle Reitbalken, aber die sollen ja tunlichst rausnehmbar sein,
um im Hafen mehr Bewegungsfreiheit zu haben). Ich bin also Freund der
Baumschere. Zuerst habe ich die aus Vollholz gebaut. Da ist aber das
Problem, dass die Form im oberen Teil, der den Baum am Kippen hindert,
aus der Faserrichtung läuft. Ergebnis: Bricht relativ schnell
ab.
Daraufhin habe ich Sperrholz genommen. Das ist in diesem oberen Bereich
stabiler, aber Sperrholz birgt natürlich das Problem, dass
alle
Zwischenlagen überhaupt keine Stabilität in der
gefragten
Richtung bieten. Das wäre kein Problem, wenn man nur mit
mäßigem Zug auf die Großschot
dafür sorgte, dass
das Ensemble Baum-Mast-Baumschere-Kajütdach nicht wackelt. Man
kann auch mit offener Schot darauf warten, dass alles zusammenkracht.
Oder so doll an der Schot reißen, dass nach kurzer Zeit das
Sperrholz durchgewalkt ist und S-förmig biegt. Wieviel
Großschotspannung ideal ist - wer will das auf Anhieb im
Gefühl haben, wenn er nur eine Woche an Bord verbringt?
Lösungsversuch: Vollholzleisten, die das Sperrholz
stabilisieren.
Problem dabei: Die 5mm-Durchgangsschrauben als Sollbruchstelle. Ich
glaube, da muss man dann schon ordentlich am Baum rütteln,
damit
das durchbricht, aber es ist im Frühjahr so passiert -
übrigens von den gleichen Helden, die auch die Ramming
gefahren
sind. Zum Herbst hin gab dann auch die provisorische beidseitige
Laschung auf, die Oli durch die Saison brachte, und Paulas alte
Baumschere kam zum Einsatz.
Jetzt stehe ich vor den Trümmern, bräuchte ein
großes
Stück 15mm-Sperrholz, besser dicker, aus dem ich mit reichlich
Verschnitt die zwei Hälften der Baumschere rauskriege, und
mein
Gefühl sagt: Noch dringender brauche ich eine Inspiration.
Huch -
da ist sie ja schon: Eine Sache haben wir noch nicht probiert, findet
Oli.
Stimmt. Vormverleimt löst alle Probleme. Und da sind ja auch
so
Fichtenstreifen von irgendetwas übrig geblieben - damit
probieren
wir das. Form abnehmen. Knaggen anspaxen. Zwingen bereitlegen, Lamellen
in Form biegen. Wir wollen sagen: 5 mm Fichte kommt beim geforderten
Biegeradius an die äußerste Grenze. Aber ich kriege
das
tatsächlich gerade so eben so verleimt, dass sich die
endgültige Form aussägen lässt. Macht einen
soliden
Eindruck, wenn der Kleber ausgehärtet ist. Wir probieren das
so
jetzt mal aus. Ich lasse die Knaggen auf der OSB-Platte dran - Paulas,
Marthas und Friedas Baumscheren haben die gleiche Form. Wenn Modell
Oliese sich jetzt bewährt, mache ich nächstes Jahr da
weiter,
wo wir jetzt stehengeblieben sind. Aber dann nehme ich Esche und biege
noch ein Stück weiter. Esche bricht nie. Nur habe ich sie
nicht
rumliegen und kriege sie nicht im Baumarkt, deshalb das
Zögern.
Den Spund im Ruderhals habe ich letztes Jahr schon gemacht. Hat aber
nicht gehalten, Wasser ist eingedrungen, keine Ahnung, was da
schiefgegangen ist - vielleicht war es der falsche Kleber für
den
ungünstigen Feuchtegrad. Jetzt kommt wieder der
gewölbte
Simshobel zum Einsatz, Lamellen kommen rein, sieht toll aus und wird
nächsten Oktober neu begutachtet.
Am Vorlukdeckel öffnet sich eine Leimfuge. In der Ecke des
Lukensülls auch. Das ist mir im Sommer aufgefallen, ich habe
es
notiert - und jetzt sieht es so harmlos aus, dass wir uns schnell einig
sind, Oli und ich: Wir warten das erstmal ab. Wo Kleber aufgibt, ist es
oft einfacher, so lange zu warten, bis man zerstörungsfrei die
ursprünglichen Einzelteile in der Hand hat und neu
zusammensetzt,
anstatt vorzeitig zu fräsen und zu machen und zu tun und noch
nur
die Hälfte der perspektivisch komplett aufgebenden Fuge
auszubessern. Wenn es dort gammelt oder durchrregnet, ändert
sich
die Situation, doch bisher sieht alles okay aus.
Oli überzeugt mich dann aber, mich ihren Laschbrettern
zuzuwenden:
Das ist wieder eine lange Geschichte. Irgendwann mal, bevor wir uns
kennenlernten, hat jemand Teile von Olis Außenhaut mit
Mahagoni
ausgeflickt. Warum man Mahagoni verwendet, um einen
Lärchenrumpf
zu reparieren, darüber lässt sich nur spekulieren:
Vielleicht
lag es rum, Lärche hätte beschafft werden
müssen, es
musste schnell gehen oder billig sein....? Ich bin nicht begeistert,
zumal ich in Verlängerung der Reparaturstellen schon weitere
Plankenstücke bearbeitet habe, aber vom Mahagoni geht Oli
nicht
auf Tiefe, und inzwischen scheint da kein weiches,
pilzgeschädigtes Holz mehr nach zu sein.
Derjenige mit dem großen Mahagonivorrat und der
Lärchenallergie hat die Stöße -
die stumpfen
Übergänge von altem Plankengang zu Reparturbereich -
mit
Laschbrettern gedeckelt. Natürlich hat er das getan,
möchte
man sagen, doch er hat die Laschbretter nicht vernietet, wie es sich
gehört, sondern genagelt - mit Stahlnägeln, die
inzwischen
mächtig rosten. Seit Jahren ist es mein Thema, rostendes
Alteisen
aus den Booten zu entfernen, das vielleicht selbst noch seinem Zweck
entsprechend hält, aber durch den Oxidationsprozess das
umgebende
Holz schädigt. Ich finde also, das Alteisen muss raus. Und Oli
meint, wir fangen jetzt sofort damit an.
Es geht dann doch erstaunlich gut: An einem Nachmittag habe ich die
fünf Laschbretter im Cockpit zertrümmert (armes
Stecheisen!)
und die Außenhaut angemessen perforiert. Da ist aber ein
echter
Künstler am Werk gewesen: Jedes Laschbrett ist mit mindestens
zwei, manchmal vier, Kupfernieten fest gewesen. Daneben gibt es diverse
Bronzeschrauben, und dann eben auch etlichen Stahlnägel und
-schrauben. Warum die bunte Mischung zwischen gut und böse?
Oli zuckt die Schultern und behält ihre Meinung zum
ausführenden Spezialisten für sich - vielleicht hatte
er,
wenn schon die Lärche so knapp war und das Mahagoni so
reichlich,
auch nur noch ein paar Kupfernägel und Bronzeschauben und hat
sie
gleichmäßig verteilt und die Lücken mit
Stahlnägeln aufgefüllt.
Gleichmäßig verteilt? Oder
konsequent perforiert, wo auch weniger Schrauben und Nägel
oder
jedenfalls Nieten ausreichenden Halt gegeben hätten?
Interessant
ist jedenfalls, dass teilweise die alte Planke mit grauem und die neue
Planke mit schwarzem Sikaflex mit dem Laschbrett verklebt wurde.
Ich bin froh, das jetzt angegangen zu haben. Die vorderen Laschbretter
unter der Koje lassen wir aber für nächstes Mal -
gehalten
hat das bisher tadellos, mein Problem ist hauptsächlich der
Rost
und ein bisschen audh der nicht nachvollziehbare Unfug. Oli hat das
Lärchenbrett unter Friedas Rumpf schon lange im Auge und
möchte wohl einfach gerne ein paar weitere Stücke
davon
abbekommen.
Frieda
Frieda
hat auch ein schraddeliges Schapp, wo nach meiner Auffassung auch ein
Einlegeboden fehlt - die Spülschüssel hat keinen
sinnvollen
Platz. Ach, und das Stück Sperrholz, das ich im Lager als
erstes
in die Finger kriege, passt ohne Zuschnitt perfekt!
Vorher muss noch die Leckage des Kajütdachs wieder dicht - das
ist
einfacher als letztes Jahr bei Salty. Beinahe kann ich mir nicht
vorstellen, das so ein kleiner Riss im allerdings wirklich extrem
dünnen GFK für so viele Regentropfen unter Deck
sorgen kann,
aber wir werden das ja sehen, wenn es im Frühjahr wieder
lospladdert.
Ja, und dann auch hier: Rein mit neuen Schrauben in die
Vorstevensponung, raus mit den alten Stevenbolzen.
Ich möchte noch zu Protokoll geben: Wenn mein Kontrollblick
weiterhin so funktioniert, haben die Boote eine Chance. Nach dem
Mastenlegen wirkte es ein bisschen schwarz um Friedas Jumpbock herum.
Also nahm ich mir vor, ihn abzuschrauben. Und ja: Zwischen den
Bolzenlöchern weich bis zur Mitte!
Die beiden Bolzen durch den Mast, die im Wesentlichen die Last von
Vorstag und Wanten aufnehmen, arbeiten sich ja gerne mal
bananenförmig aus, mit der Folge von Langlöchern. Ich
hatte
da schon Hülsen eingesetzt, aber den Fehler begangen, sie
nicht zu
verkleben. Epoxi klebt ja grundsätzlich auch Metall ganz gut,
auch
wenn im Flugzeugbau eine etwas andere Komposition verwendet wird, und
anders schafft man keine Verbindung zwischen Mast und Hülse,
sondern Feuchtigkeit dringt weiterhin oder jetzt verschärft
ein -
kann sein, dass es daran lag. Egal - jetzt also Hülsen raus
und
krankes Holz raushobeln.
Ich arbeite da ja gerne mit Lamellen. Bis zur Mastmitte? Da
flöge
jede Menge gesundes Holz in den Spänesack, wenn ich da mit
normalem Hobel, Stecheisen und Schwingschleifer eine konvexe Hohlform
ausarbeite. Aber ich habe ja, mir lange auf der Leitung stehend, einen
neuen Joker: Einen Simshobel mit gewölbtem Boden habe ich
genau
für diesen und ähnliche Zwecke lange zu kaufen
versucht und
mich gewundert, dass er nirgends angeboten wird. Endlich wurde mir
klar, warum: Man muss ihn nicht kaufen, sofern man einen
Kantenschleifer zur Verfügung hat, denn dann kann man einen
normalen, geraden Simshobel kaufen und umarbeiten. Und ein Hersteller
wird ihn nicht anbieten, weil es für jeden Anwendungszweck den
richtigen Biegeradius gibt, und wie viele Biegeradien möchte
man
anbieten, nochzumal der Kunde vielleicht gar kein Maß angeben
kann, sondern es ausprobieren muss?
Also erstmal: Eine wilder Zangenkonstruktion, auf die sich die
Bohrungen mit ausreichend Führung übertragen lassen,
bevor
ich sie (die Bohrungen) mit all dem umgebenden weichen Holz weghobele.
Die Zangenkonstruktion umfasst mit noch und noch und noch einer
weiteren aufgespaxten Leiste schließlich fast den kompletten
Mast
und dient als Führung fürs Aushobeln der strakenden
Nut. Der
neue Simshobel kuschelt mit dem Bandschleifer, dann probiere ich ihn
aus. Ich finde ja, ein bisschen doller muss er sein. Also nochmal
Bandschleifer. Und dann ist es perfekt. Die Späne fliegen, die
Nut
entsteht, erst von der einen, dann von der anderen Seite. Naja -
bisschen gemogelt, ich bin nicht jeweils ganz bis zur Mitte gegangen,
sondern dort habe ich stumpf einen Klotz eingesetzt. Die
Hirnholzverleimung wird nicht dolle halten, aber von beiden Seiten ist
reichlich Überblattung vorhanden. Dank des neuen Hobels.
Ach ja, das Echolot! Hat gar nichts mit dem neuen Hobel zu tun. Nur
damit, dass das Echolot nicht mehr richtig funktionierte. Diverse
Charterer berichteten davon, ich konnte es im Rahmen eines
Einkaufsbummels von Thuro nach Svendborg selbst beobachten, und dann
habe ich mir sagen lassen, dass meistens der Schwinger kaputt ist und
selten das Anzeigegerät, und dass der Schwinger ja auch
preiswerter ist. Dafür auch schwieriger zu tauschen,
ließe
sich einwenden, doch in Friedas Fall war er auch zu hoch eingebaut und
tauchte zu früh aus dem Wasser, alles Murks also, was die
Voreigner gemacht haben.
Ist nun eingebaut. Ob es funktioniert, lässt sich leider nicht
ausprobieren bis zum Frühjahr, wenn es zu spät ist
für
Korrekturen.
Martha
Martha
steht in der anderen Halle. Sie kann nicht wie ihre Schwestern
täglich neue Bedürfnisse anmelden. Das hat schon oft
dazu
geführt, dass ich zum Beispiel die Decksfugen aufs
nächste
Jahr verschoben habe. Hm. Irgendwann muss ich da aber mal bei, sonst
kann ich gleich ein neues Deck legen.
Das Schiebeluk hat mal wieder gelitten, mutmaßlich unter
einem
runterfallenden Baum. Ich muss das Original-Luk nicht um jeden Preis
erhalten, aber eine Reparatur scheint mir gerade noch weniger
aufwändig als ein Neubau. Also Reparatur - die Blende zum
Cockpit
hin muss neu, und ich finde in den Erbstücken vom
Holzhändler-Onkel sogar ein hübsches, dickes, gut
abgelagertes Stück Mahagoni (der Onkel war offenbar eher
Spezialist für Kambala, und das ist inzwischen für
Reparaturen der Cockpitböden weitgehend verbraucht). Das
Problem
ist eher der Riss in der Oberseite und die Tatsache, dass ich von den
drei Querleisten nur eine demontieren will, der Riss aber unter der
mittleren durchgeht. Ihn von unten auszuleisten und die mittlere
Querleiste als Anschlag zu benutzen, erweist sich als schwierig - ich
kriege die Schäftung nicht richtig zu und muss zum Schluss
noch
einen Spund einfrickeln, der wirklich unkonventionell bis
rätselhaft aussieht und ja auch nur den einen Zweck hat,
oberflächlich anstehendes Epoxi zu verhindern und zu
verbergen.
Immerhin ist die erste Aufgabe, die mir Martha gestellt hat,
zufriedenstellend erfüllt, das Luk ist wieder stabil, und beim
Lackieren muss ich mich noch entscheiden, alles komplett abzuziehen
oder offensiv zu dem scheckigen Design zu stehen. Scheckig wird es
sowieso, nachdem da jetzt drei bis fünf Mahagoniarten
verschiedenen Alters und unterschiedlichster Färbung zwischen
quietschgelb und knallrot eingebaut sind - das spricht für
Beilackieren. Die Botschaft lautet: Guckt mal hier, dieses Luk ist
tausendfach ausgebessert und hält tapfer durch.
Bleibt dann nur zu hoffen, dass es das auch wirklich ein paar Jahre
tut...